Gastro-Schutzkonzept macht Schluss mit anonymen Barbesuchen
Was passiert mit den Daten der Gäste?

Anonymität war vor Corona. Seit dem Ausbruch der Pandemie werden unsere Bewegungen registriert. Neu sind auch Beizen dazu verpflichtet, die Personalien der Gäste aufzunehmen. Datenschützer warnen vor Missbrauch.
Publiziert: 05.05.2020 um 18:35 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2020 um 09:23 Uhr
Die Wirtschaft geht wieder auf.
Foto: TOTO MARTI
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Franziska Scheven, Sven Zaugg

Trotz Sicherheitsabstand, Masken, Desinfektionsmittel und wochenlanger Aufklärung: Die Gefahr, sich mit Corona anzustecken, bleibt gemäss Bundesamt für Gesundheit hoch. Deshalb haben Bund und Gastronomie heute das Schutzkonzept für Beizen vorgestellt.

Konkret: Bei einem Restaurantbesuch ab dem 11. Mai sind die Gäste verpflichtet Vorname, Nachname und Telefonnummer anzugeben. Der Wirt registriert zudem Datum, Zeit und Tischnummer. Diese Daten müssen 14 Tage lang aufbewahrt werden, damit ein allfälliger Ausbruch des Coronavirus genau zurückverfolgt werden kann. Danach müssen die Daten «vollständig vernichtet» werden, wie es im Konzept heisst.

Keine Daten auf Vorrat

Die Umsetzung des Schutzkonzeptes ist zwingend. Alle Betriebe haben sich daran zu halten. Die Polizei kann die Einhaltung notfalls durchsetzen. Weigert sich ein Gast, wird der Service verwehrt. Doch das Sammeln von Daten ist heikel.

«Aus datenschutzrechtlicher Sicht kann man solche Massnahmen in Zeiten des Notstands zwar durchführen», sagt Reto Fanger, Gründer des Anwaltsbüros Advokatur Fanger in Luzern, das auf die Bereiche ICT, Daten und Medien spezialisiert ist. «Eine Zweckänderung wie für Marketing oder andere Auswertungen ist aber nicht mehr vertretbar», so der Experte.

Auch Balthasar Glättli (48), Fraktionspräsident der Grünen und dezidierter Gegner der Vorratsdatenspeicherung ist es nicht ganz wohl beim Schutzkonzept. «Wie sicher sind die Personalien der Gäste, wer hat Zugang – und werden sie wirklich nach zwei Wochen gelöscht? Diese Fragen bleiben für mich unbeantwortet.» Glättli fordert nun ein Gutachten des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, das die Rechtmässigkeit der Massnahmen juristisch prüft.

Es kann betrogen werden

Das Schutzkonzept sieht nicht vor, dass sich Restaurantgäste mit Pass oder Identitätskarte ausweisen müssen. Die Betriebe müssen auf die Ehrlichkeit der Gäste vertrauen. Wirte betonen derweil, dass Gäste bei Reservationen vor der Krise jeweils bereitwillig Name, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse hinterlegt haben.

«Das sind sich unsere Kunden gewöhnt», sagt Martin Reinshagen, Geschäftsführer vom Volkshaus in Basel. «Wichtig wäre jetzt nur, zu wissen, wie die Registrierung konkret durchzuführen ist. Die Unsicherheit ist das grösste Problem.» Darüber schweigt sich das Schutzkonzept aus. Es ist den Wirten überlassen, ob sie die Personalien ihrer Kunden im Computer speichern oder handschriftlich notieren.

Unseriöser Datensammlung vorbeugen

Ein weiterer heikler Punkt ist der Ort der Speicherung. Die Daten sollen nur in den jeweiligen Einrichtungen vor Ort gespeichert werden. «Die Daten dürfen lediglich dazu dienen, Gäste zu informieren, die mit dem Virus in einer Bar oder einem Restaurant in Kontakt gekommen sein könnten», so der Datenschutzexperte Björn Voitel (41) von der Universität Osnabrück.

Dieser Zweck wäre nicht erfüllt, würden die Daten pauschal an eine zentrale Stelle weitergeleitet und gesammelt werden. Auch eine Sammlung auf einer Corona-App, wo alle Standortdaten einer Person zentral gesammelt werden würden, hält Voitel für fragwürdig.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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