Delfine sind geschützt, Rinder nicht
Tierquälerei – ein gutes Geschäft

Schweizer Reisebüros werben nicht mehr für Delfinshows, Rodeo-Reisen dagegen werden weiter verkauft. Weil die Kunden es so wollen.
Publiziert: 21.01.2018 um 00:05 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:10 Uhr
Moritz Kaufmann

Als letztes grosses Schweizer Reisebüro hat Hotelplan «Flipper» nicht mehr im Programm. Vor zwei Wochen kündete die Migros-Tochter an, keine Delfin- und Orcashows mehr zu promoten. Auch Delfinschwimmen wird aus den Katalogen gestrichen.

«Schwimmen mit Delfinen ist ein unvergessliches Erlebnis. Delfine werden für das Vergnügen jedoch oft auf brutale Art und Weise in der Wildnis gefangen», schreibt das Reisebüro in der Pressemitteilung.

Ein Schritt, den Kuoni – Tochter der deutschen DER Touristik – schon vor längerer Zeit getan hat. Auch Tui Schweiz verzichtet auf das Geschäft mit den Meeressäugern. Doch wirklich konsequent sind die Reisebüros nicht.

Cowboy-Action zum Leidwesen eines Kälbchens an der Calgary Stampede.
Foto: Reuters
1/4

Hotelplan verkauft weiterhin Delfinshows, wenn der Kunde dies verlangt. Und auf der Webseite von Tui ist Delfinschwimmen immer noch buchbar. Das Planschen mit einem Tümmler in Jamaika zum Beispiel kostet 170 Franken.

Niemand will verzichten

Dies sei nur das Angebot einer Partnerfirma, rechtfertigt sich Tui Schweiz. Eine Recherche in den Katalogen der Reisebüros zeigt: Keiner will auf das lukrative Geschäft mit den Tieren verzichten.

Und obwohl in letzter Zeit einige Initiativen zum Tierwohl gestartet wurden, gibt es nach wie vor problematische Angebote. So verkauft Hotelplan Reisen an die Calgary Stampede in Kanada (Fotos oben), ein elftägiges Rodeo-Festival, an dem zur Belustigung des Publikums Pferde und Rinder brachial vorgeführt werden.

Tierschützer kritisieren das schon lange: «Es macht keinen Unterschied, ob nun Delfine oder Rinder und Pferde misshandelt werden. Rodeos oder Delfinarien sind vergleichbar», sagt Helen Sandmeier vom Schweizer Tierschutz STS.

Auch Affenschulen in Asien oder Kampfstier-Zuchtfarmen in Spa­nien kann man besuchen: Hotelplan machts möglich. Michèle Hungerbühler, bei dem Veranstalter für Nachhaltigkeit verantwortlich, zeigt sich einsichtig.

«Die Reisebranche hat in Bezug auf Tiere noch einiges hin zum nachhaltigen Angebot zu tun.» Man wolle Schritt für Schritt vorgehen. So wurde 2017 Elefantenreiten aus den Katalogen gekippt. Dieses Jahr liege der Fokus bei den Delfinen.

Was sich nicht unterdrücken lässt, ist die Faszination des Menschen für exotische Tiere. Aber das ist auch gar nicht nötig. Es gibt genügend unproblematische Angebote: «Kamele sind Reittiere. Wenn man in Ägypten ist und den Eindruck hat, dass die Tiere gesund sind, spricht nichts gegen einen Ausflug auf dem Kamelrücken», so Tierschützerin Sandmeier.

Letztes Jahr strich Hotelplan Elefantenreiten aus den Katalogen.
Foto: PIUS KOLLER

Touris in der Pflicht

Artgerechte Zoos oder interessante Safaris seien eine weitere Möglichkeit. Wichtig ist, dass neben den Reisebüros auch die Touristen ihre Verantwortung wahrnehmen. «Eines ist klar: Solche Angebote gäbe es nicht, wenn die Touristen nicht dafür bezahlen würden.»

Die STS-Sprecherin fordert, sich zu überlegen, was man unterstütze. Tierkämpfe, Jagdreisen und Tierparks, in denen Tiere betäubt werden, damit die Touristen Selfies mit ihnen schiessen können, seien No-Gos. Zwar stehe das alles nicht mehr im Reisekatalog, doch Hotels vor Ort organisierten solche Ausflüge in der Regel gerne.

Sicher ist: Touristen lieben Tiere. Und wollen ihnen begegnen. Hotelplan teilt denn auch mit: «Die Nachfrage nach Whale Watching und Safaris ist in den Destinationen Nordeuropas, Kanada und Afrika leicht angestiegen.»

Schluss mit dem Missbrauch!

Kommentar von Moritz Kaufmann, Wirtschaftsredaktor

Die Lebensmittel-Branche setzt auf allmähliche Entwöhnung: Nestlé, aber auch Migros oder Coop reduzieren den Zuckergehalt ihrer Joghurts und Riegel peu à peu. Der Konsument soll möglichst nichts davon merken. Ähnlich machen es die Reisebüros mit Wildtier-Amüsements. Letztes Jahr kippte Hotelplan Elefantenreiten aus dem Programm. Nun sind Delfin- und Orcashows dran. Wer will, kann sie noch immer buchen. Doch in den Katalogen findet man sie nicht mehr.

Ist das richtig? Ja! Aber ist es auch konsequent? Nein! Es waren Lebensmittelfirmen, die ihre Produkte mit Zucker vollpumpten. Jetzt wollen sie unauffällig zurückrudern. Und es waren die Reisebüros, die auf Kosten von Wildtieren abkassierten – und es immer noch tun.

Zucker und wilde Tiere: Sie fragen, wo die Gemeinsamkeiten liegen?

In unserer Wahrnehmung! Beides löst Glücksgefühle aus. Essen wir Zucker, wird im Hirn das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet. Dasselbe geschieht, wenn wir Aufregendes erleben. Etwa bei der Begegnung mit einem halbwilden Rodeo-Ross, das von einem Cowboy gezähmt wird.

Doch hier enden die Parallelen. Wer nicht auf Süsses verzichten kann, schädigt sich selbst. Wer als Tourist wider besseres Wissen eine tierquälerische Show besucht oder mit Meeressäugern planscht, missbraucht ein Lebewesen. Eine langsame Entwöhnung ist da die falsche Strategie. Es gibt genügend artgerechte Möglichkeiten, wilden Tieren zu begegnen. Also: Macht Schluss mit der Quälerei! Sofort!

Kommentar von Moritz Kaufmann, Wirtschaftsredaktor

Die Lebensmittel-Branche setzt auf allmähliche Entwöhnung: Nestlé, aber auch Migros oder Coop reduzieren den Zuckergehalt ihrer Joghurts und Riegel peu à peu. Der Konsument soll möglichst nichts davon merken. Ähnlich machen es die Reisebüros mit Wildtier-Amüsements. Letztes Jahr kippte Hotelplan Elefantenreiten aus dem Programm. Nun sind Delfin- und Orcashows dran. Wer will, kann sie noch immer buchen. Doch in den Katalogen findet man sie nicht mehr.

Ist das richtig? Ja! Aber ist es auch konsequent? Nein! Es waren Lebensmittelfirmen, die ihre Produkte mit Zucker vollpumpten. Jetzt wollen sie unauffällig zurückrudern. Und es waren die Reisebüros, die auf Kosten von Wildtieren abkassierten – und es immer noch tun.

Zucker und wilde Tiere: Sie fragen, wo die Gemeinsamkeiten liegen?

In unserer Wahrnehmung! Beides löst Glücksgefühle aus. Essen wir Zucker, wird im Hirn das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet. Dasselbe geschieht, wenn wir Aufregendes erleben. Etwa bei der Begegnung mit einem halbwilden Rodeo-Ross, das von einem Cowboy gezähmt wird.

Doch hier enden die Parallelen. Wer nicht auf Süsses verzichten kann, schädigt sich selbst. Wer als Tourist wider besseres Wissen eine tierquälerische Show besucht oder mit Meeressäugern planscht, missbraucht ein Lebewesen. Eine langsame Entwöhnung ist da die falsche Strategie. Es gibt genügend artgerechte Möglichkeiten, wilden Tieren zu begegnen. Also: Macht Schluss mit der Quälerei! Sofort!

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.