Büezer-Löhne stagnieren, Dividenden der Blochers explodieren
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Das Ems-Chemie-Prinzip:Büezer-Löhne stagnieren, Blocher-Dividenden explodieren

Das Ems-Chemie-Prinzip
Büezer-Löhne stagnieren, Dividenden der Blochers explodieren

Christoph Blocher kämpft weiter um die Bundesratsrente. Dass seine Familie auch sonst keinen Rappen freiwillig hergibt, zeigt das Beispiel Ems-Chemie.
Publiziert: 12.09.2020 um 23:30 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2020 um 21:24 Uhr
Thomas Schlittler

Christoph Blocher (79) fordert vom Bund 2,7 Millionen Franken. Auf diesen Betrag summieren sich seine Renten­ansprüche, seit der SVP-Übervater Ende 2007 aus dem Bundesrat ­geworfen wurde. Doch die Frage, ob Blocher die Forderung auch nachträglich geltend machen kann, ist nach wie vor umstritten.

Im Juli entschied die aktuelle Landesregierung, dass ihm die Rente zusteht. Die Finanzdelega­tion des Parlaments dagegen kam Anfang September zum Schluss, eine rückwirkende Auszahlung sei abzulehnen, da dies Sinn und Geist des Ruhegehalts widerspreche.

Die Rente solle ein standesgemässes Leben nach dem Ausscheiden aus dem politischen Amt ermöglichen, sei aber keine berufliche Vorsorge in Form einer Versicherung.

Multimilliardär Christoph Blocher kämpft um seine Bundesratsrente von 2,7 Millionen Franken.
Foto: Siggi Bucher
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Nun liegt der Fall wieder beim Bundesrat. Fest steht bis jetzt nur eines: Angewiesen ist Blocher auf das Geld definitiv nicht.

Börsenwert um 3,8 Mrd. höher

Mit der Ems-Chemie und dem Pharmazulieferer Dottikon ES ­befinden sich zwei Firmen im Besitz seiner Familie, die ungemein ertragreich sind. Kürzlich rech­nete die «SonntagsZeitung» vor: Allein seit Beginn des laufenden Jahres hat der Börsenwert der ­beiden Unternehmen um 3,8 Milliarden Franken zugenommen. ­Allerdings bringt ein höherer Börsenwert der Familie Blocher nicht automatisch höhere Einnahmen. Es ist nur ein Buchgewinn – bricht der Aktienkurs morgen ein, ist der Gewinn wieder dahin.

Um zu zeigen, wie viel Profit die Blochers machen, ist eine Betrachtung der langjährigen Dividendenausschüttungen ihrer Firmen aufschlussreicher.

Im Fall der Ems-Chemie, die von Magdalena Martullo-Blocher (51) geführt wird, zeigt sich: Alleine in den vergangenen zehn Jahren hat das Unternehmen Dividenden in der Höhe von insgesamt 3,3 Mil­liarden Franken ausgeschüttet. 2,3 Milliarden Franken davon gingen an die Blocher-Töchter Magdalena, Miriam (45) und Rahel (43), die zusammen 70 Prozent der Ems-Chemie-Aktien halten.

Weil die Ems-Chemie ihre Gewinne Jahr für Jahr steigern konnte, wurden auch die Dividendenausschüttungen fast jedes Jahr erhöht.

Mitarbeitende profitieren kaum

So weit, so gut. Nicht ganz so gut ist, dass die Mitarbeiter vom Ems-Chemie-Erfolg offenbar kaum profitiert haben. Denn im Gegensatz zu den Dividenden erhöhte sich der durchschnittliche Lohn eines Angestellten im Lauf der Jahre nicht. Im Gegenteil: 2019 verdiente ein Ems-Chemie-Mitarbeiter im Schnitt 68'924 Franken. Zehn Jahre zuvor betrug das Durchschnittssalär noch 73'202 Franken.

Und auch der gesamte Personalaufwand pro Kopf, der zusätzlich zum Lohn der Festangestellten die Ausgaben für Temporäre und ­Sozialversicherungen umfasst, stagnierte seit 2010.

Die Folge: Mittlerweile liegen die jährlichen Gewinnausschüttungen an die drei Blocher-Schwestern wesentlich höher als die Löhne und Sozialleistungen sämtlicher 2648 Ems-Chemie-Mitarbeiter.

2019 betrugen die Ausgaben für die gesamte Belegschaft 238,5 Millionen Franken. Die drei Haupt­aktionärinnen Magdalena, Miriam und Rahel hingegen erhielten im selben Jahr 329,8 Millionen Franken ausbezahlt.

Höhere Gewinne bei gleichem Personalaufwand?

Ein solches Verhältnis zwischen Personalaufwand und Gewinnausschüttungen ist höchst ungewöhnlich – selbst für Unternehmen der Chemie- und Pharma­branche, die häufig sehr hohe ­Gewinnmargen aufweisen.

SonntagsBlick wollte von Ems-Chemie-Chefin Martullo-Blocher deshalb wissen: Wie ist es möglich, Gewinne und Dividenden Jahr für Jahr zu steigern, ohne den Personalaufwand signifikant zu erhöhen?

Und aus welchem Grund werden die ausserordentlichen Leistungen der Ems-Chemie-Mitarbeiter finanziell nicht honoriert?

Martullo-Blochers General­sekretär erklärt die stagnierenden Durchschnittslöhne damit, dass die Ems-Chemie im vergangenen Jahrzehnt nicht in der Schweiz ­gewachsen sei, sondern im Ausland: «Wir beschäftigen in der Schweiz nach wie vor rund 1000 Mitarbeiter. Stark ausgebaut haben wir das Geschäft in den letzten zehn Jahren aber in Asien und Amerika, sodass heute zwei Drittel der Mitarbeitenden im Ausland beschäftigt sind. Dies drückt den Durchschnittslohn, da diese Länder ein tieferes Lohnniveau aufweisen.»

Generalsekretär dementiert Vorwurf

Vom Vorwurf, dass sie die Büezer nicht am Erfolg des Unternehmens teilhaben lässt, will Martullo-Blochers Generalsekretär nichts wissen: «Die Mitarbeiter wurden im Verlauf der Jahre sehr wohl mit Lohnerhöhungen und ausserordentlichen Prämien belohnt.»

Während der Corona-Krise hätten die Mitarbeiter zudem 350 Franken als besondere Unterstützung erhalten.

Dieser Wohltat zum Trotz: Die Analyse der Lohn- und Dividendenpolitik der Ems-Chemie zeigt, dass die Familie Blocher in der ­Regel auf keinen Rappen verzichtet.

Insofern ist Christoph Blochers Beharren auf die vergleichsweise läppische Bundesratsrente von 2,7 Millionen Franken nur konsequent.

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