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Vier Corona-Schicksale
Die «Eiserne Nonna» überlebte das Virus

Das Coronavirus hat die Welt im Griff. Und jeder fragt sich: Wie schlimm ist es, wenn man das Virus in sich trägt? BLICK erzählt vier Schicksale aus Norditalien nach. Vom Genesungswunder bis zum Tod.
Publiziert: 04.03.2020 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2020 um 11:17 Uhr
Myrte Müller

Die Corona-Infizierte

Milena ist eine der 2500 Infizierten in Norditalien. Am Abend des 26. Februar wird sie krank. Die Symptome sind die gleichen wie bei einer schweren Grippe. «Mir gings richtig schlecht. Mein Vater rief das Spital an. Ich wurde aufgenommen, sofort getestet und isoliert», erzählt die junge Frau im Fernsehen. «Ich weiss nicht, wo ich mich angesteckt habe. Ich gehe nicht viel aus, war vor zwei Wochen mal in einer Diskothek.» Wenige Tage später ist Milena wieder zu Hause. In Quarantäne. «Meine Mutter stellt mir das Essen vor die Tür. Wir tragen beide Atemschutzmasken und Handschuhe.» Milena filmt ihren Alltag, postet ihn auf ihrer Facebookseite. Jemand kopiert die Videos, veröffentlicht sie auf Youtube. Jetzt ist Milena nicht nur mit Corona infiziert, sondern auch mit der Angst und dem Argwohn. «Wer will noch mit mir zusammen sein, jetzt, wo jeder weiss, dass ich das Virus habe?», fragt Milena bang. «Mein Verlobter hat mich bereits verlassen.»

Der Corona-Isolierte

Es ist Tag acht der Quarantäne. Auro Michelon (36) führt Tagebuch für «La Repubblica». Er ist in Vò Euganeo in der Provinz von Padua gefangen. Seit dem Tod von Adriano Trevisan (77) – der erste Corona-Tote in Italien kam aus Vò – ist die 3305-Einwohner-Gemeinde Sperrgebiet. Der Architekt ist nicht infiziert. Doch er lebt in Isolation. Frühstückt vitaminreich mit Orangensaft. Geht frische Luft schnappen im Hof. Er setzt sich an den PC. Termine verschieben auf irgendwann. «Die Baustellen stehen still. Bis Ende Mai werde ich keinen Euro einnehmen», berichtet Michelon. Er trifft sich mit der Freundin und deren Mutter. Kein Handschlag. Keine Umarmung. Kein Kuss. Sie wollten sich testen lassen, standen dicht gedrängt in der Schlange. Mit Infizierten. «Jetzt haben sie Angst, sich angesteckt zu haben», schreibt der Corona-Isolierte. Vor zwei Tagen sei er 15 Kilometer gelaufen. Ab in die Natur. Sie beruhige. Er habe Bäume umarmt. «Sie leben. Das hat geholfen.»

Der Corona-Tote

Das Virus schien Ivo Cilesi (†61) fern. Corona sei etwas schwerer als eine gewöhnliche Grippe, hatte der international anerkannte Alzheimer-Experte aus Bergamo (I) noch am vergangenen Donnerstag gesagt. «Wenn wir die Richtlinien befolgen, können wir beruhigt sein.» Drei Tage später ist der Therapeut tot. Für die Ärzte ein Rätsel. Cilesi war zu jung, um ein Risikopatient gewesen zu sein. Und er hatte keine anderen Pathologien. «Ivo war kerngesund. Er hatte nicht einmal einen Schnupfen», sagt Kollegin und Freundin Paola Brignoli. Bis zuletzt war Ivo Cilesi, der einst die berühmte «Doll-Therapy» gegen Altersdemenz erfand, für verschiedene Projekte tätig. Als er sich am Mittwoch matt fühlt, denkt er noch an Überarbeitung. Am Donnerstagabend bricht der Atmungsapparat des Norditalieners plötzlich zusammen. Cilesi kommt ins nächste Spital, dann mit Blaulicht weiter in das Krankenhaus Maggiore von Parma. Dort wird der Mann positiv auf Corona getestet! In der Nacht auf den Montag verliert Ivo Cilesi den Kampf gegen das Virus.

Sie überlebte das Coronavirus trotz ihres hohen Alters: Armanda Bottini Compolunghi (81) aus Borghetto Lodigiano (I).
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Das Corona-Wunder

Armanda Bottini Campolunghi (81) besucht vorletzte Woche Freunde in einer Gemeinde nahe einer «roten Zone» bei Lodi (I). Als sie Tage später mit ihrer Familie am Tisch sitzt, klagt sie über Unwohlsein. Sie hat erhöhte Temperatur und Brechreiz. Ein Schock für die Familie. Das Grosi hat Diabetes und ist noch geschwächt von einem langen Spitalaufenthalt wegen eines Oberschenkelhalsbruchs. Zudem hat sie noch ein chronisches Leiden an den Schultern. Für sie kann das Coronavirus tödlich sein. «Wir waren sehr besorgt, haben die Grossmutter sofort ins Spital gebracht», sagt Enkel Mattia Cagnazzi (23) zu «Il Giorno». Armanda wird getestet. Positiv! Sie kommt auf die Abteilung «Infektiöse Krankheiten» des San-Matteo-Spitals in Pavia. Nach einer Woche hat Italien sein erstes Corona-Wunder: Armanda ist wohlauf und wieder virenfrei. Die Ärzte nennen sie fortan die «Eiserne Nonna». Ihren 82. Geburtstag am 30. April kann die Rentnerin zu Hause feiern.

Coronavirus

Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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