Migros stampft 60'000 Papiersäcke ein – aus Angst vor Shitstorm
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Sexistische Motive:Migros stampft 60'000 Papiersäcke ein

Sexistische Motive
Migros stampft 60'000 Papiersäcke ein – aus Angst vor Shitstorm

Um ihre Kunden während der Coronakrise aufzuheitern, liess die Migros lustige Einkaufstaschen gestalten. Nachdem schon tausende Stück produziert worden waren, fand sie die Motive aber doch zu sexistisch – die Taschen wurden wieder eingestampft.
Publiziert: 16.06.2020 um 09:16 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2020 um 21:12 Uhr

Eigentlich wollte die Migros mit den Taschen ihren Kunden eine Freude machen. Dafür stellte sie extra das Künstlertrio Mickry 3 an – den Auftrag erhielten die Zürcherinnen gleich zu Beginn des Lockdowns.

Am 25. Mai standen die Säcke dann in den Migros-Filialen bereit. Das Hauptmotiv der Taschen ist eine nackte Frau. Auf einem Bild isst sie Pizza, auf einem anderen spielt sie mit einer Katze. Doch plötzlich überlegte es sich der orange Riese anders: Die Säcke wurden wieder zurückgezogen und vernichtet – 120'000 Stück sollten es gemäss «Tages-Anzeiger» ursprünglich sein, 60'000 waren schon gedruckt und sind jetzt eingestampft. Die Motive seien zu «sexistisch» teilte man den Künstlerinnen per Telefon mit. Diese sind nun sauer und können den Entscheid nicht nachvollziehen.

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«Tasche nie in den Verkauf gelangt»

Die Migros-Genossenschaft Zürich bestellte und vernichtete die Säcke, wie sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger» bestätigt. «Die von der Gruppe Mickry 3 im Auftrag gestaltete Tragtasche wurde produziert, ist jedoch nie in den Verkauf gelangt», schreibt die Medienstelle. Nach Angaben der Migros waren 60'000 Säcke bereits fertig.

Die Migros beauftragte ein Zürcher Künstlertrio um Tragetaschen zu gestalten. Nachdem rund 120'000 Stück produziert worden waren, machte der orange Riese aber einen Rückzieher.
Foto: Facebook
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Ziel der Tasche sei es gewesen, das Thema Covid-19 mit einem Augenzwinkern aufzugreifen. Jedoch hätten die produzierten Taschen dieses Ziel nicht erfüllt. Zudem könne das Motiv auch als Provokation verstanden werden. Warum die Migros das erst so spät feststellt, kommentiert sie nicht. Immerhin: Das Honorar für die Taschen bekamen die Künstlerinnen trotzdem.

Erbrochenes, Brüste und Genitalien

Mickry 3 sind keine unbekannten Grössen in der Schweizer Kunstlandschaft. Das Trio um Dominique Vigne (39), Nina von Meiss (42) und Christina Pfander (40) thematisiert oft weibliche Nacktheit und unbeschwerte Darstellungen des menschlichen Körpers. In ihren Werken sind auch schon mal Erbrochenes, Brüste sowie Genitalien zu sehen.

Erst vor ein paar Tagen sorgte die Migros für Schlagzeilen, weil sie die «Mohrenköpfe» des Herstellers Dubler aus dem Sortiment genommen, weil der Name rassistisch sei.

«Migros wusste, dass die Künstlerinnen mit Dildos arbeiten»
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Sexistische Motive:Migros stampft 120'000 Papiersäcke ein

Für Blick TV hat sich Kommunikationsexperte Stephan Oehen (52) die Säcke angeschaut. Er ist enttäuscht von der Reaktion des Grossverteilers. «Ich kann das nicht nachvollziehen. Es ist schade, dass die Migros wegen Protesten die Kunstaktion gestoppt hat», sagt er zu Blick-TV-Moderatorin Sylwina Spiess. Denn: «Die Figuren sind nicht wirklich sexistisch. Was die Migros macht, ist Zensur im Kopf. Das ist gefährlich in der Kunst.» (bra/pbe)

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