Die Klima-Schüler meinen es ernst!
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Streiken für eine bessere Welt:Die Klima-Schüler meinen es ernst!

«Generation Easyjet» an der Klima-Demo
Wie grün sind die Jungen wirklich?

Tausende Jugendliche nahmen gestern an Klimademos in der ganzen Schweiz teil. Doch wie umweltbewusst handeln die Teenager eigentlich, wenn niemand hinschaut?
Publiziert: 03.02.2019 um 00:25 Uhr
|
Aktualisiert: 05.03.2019 um 16:06 Uhr
Emilie Jörgensen, Dana Liechti, 
Moritz Kaufmann und Aline Wüst

«Ihr stehlt uns unsere Zukunft», sagt die 16-jährige Schwedin und Klimaaktivistin Greta Thunberg. Sie ist Vorbild für all die Jugendlichen, die in den vergangenen Wochen auf der ganzen Welt und immer zahlreicher auf die Strasse gingen. Auch in der Schweiz. Und auch gestern wieder. In 13 Schweizer Städten demonstrierten sie für einen Systemwandel.

«Lasst uns jetzt anfangen, die Welt zu verändern. Lasst uns nie aufhören, an die Zukunft zu glauben. Wir haben es in der Hand!», schrie ein Redner ins Mikrofon. Die Menge applaudierte. Ihre Forderungen hatten die jungen Demonstranten auf Plakate gepinselt. «Cli­mate first» prangte auf einem besonders grossen. Doch wie grün sind die Jugendlichen wirklich?

Aufgewachsen in einer Zeit, in der zwar alles jederzeit verfügbar ist, aber auch eine Krise die nächste jagt, haben die Jugendlichen von heute ein ausgeprägtes Problembewusstsein. Auch wenn es um die Umwelt geht. Der Klimatologe Moritz Gubler schreibt an der Uni Bern eine Doktorarbeit darüber, wie 
Jugendliche den Klimawandel wahrnehmen. Dafür hat er 600 Neuntklässler auf Real-, Sekundar- und Gymnasialstufe befragt. «Über 80 Prozent sehen den Klimawandel als Problem», sagt er.

Zürich, Langstrasse: 8000 Personen folgten dem Ruf der Schüler und demonstrierten gegen die Klimakrise.
Foto: Thomas Meier
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Eindrücke der Klima-Demos in Bern und Zürich
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Schüler wollen besseren Schutz:Eindrücke der Klima-Demos in Bern und Zürich

Es ist sehr komplex

Besonders die Gymnasiasten sind engagiert. Durch die Komplexität der Klimakrise sehen 
Jugendliche aber kaum, was sie selbst zur Verbesserung beitragen können, und wünschen sich Hilfe dabei. Das hat die deutsche Jugendstudie «Zukunft? Jugend fragen!» ergeben, die 2017 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durchgeführt wurde.

Andreas Diekmann ist Umwelt­soziologe an der ETH Zürich und misst dort das Umweltbewusstsein der Bevölkerung: «Die jungen Leute sind zwar eher grün eingestellt als ältere, was das Umweltbewusstsein anbetrifft», sagt er. Doch nur eine Minderheit praktiziere das. «Wie immer sind Heilige dünn gesät.» Note 6 fürs Bewusstsein, Note 3,5 für die Umsetzung. So lässt sich das Verhältnis der Schweizer Jugend zur Umwelt zusammenfassen. Und trotzdem: Die Klimademos und -streiks zeigen, dass der Funke bei der Jugend gezündet hat.

Shopping

Die Auswirkungen ihres Konsums sind vielen Jugendlichen bewusst, das zeigt die Jugendstudie aus Deutschland. 83 Prozent der Jungen wissen zum Beispiel, dass Kleider mit gefährlichen Chemikalien behandelt werden. Trotzdem kaufen sie am liebsten bei Fast-Fashion-Riesen wie H&M und C&A ein. Jeder Schweizer kauft laut Menschenrechtsorganisation Public Eye rund 15 Kilogramm Kleider pro Jahr. Jugendliche tendenziell etwas mehr. Die wichtigsten Kriterien für sie sind laut der deutschen Studie dabei Design und Preis. Nur neun Prozent kaufen Kleider mit Öko-Siegel und weniger als sechs Prozent kennen überhaupt ökologische Marken. Hinzu kommt: Jugendliche haben oft Vorurteile gegenüber fairer Mode. Sie sei zu teuer oder – bei Secondhand – zu dreckig.

Auch sonst: Fair hergestellte Produkte kaufen nur 24 Prozent. Immerhin verzichten 45Prozent auf Plastiksäckli. Generell empfinden junge Schweizer ihr Konsumverhalten als kritischer als ältere, das hat eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK ergeben, die im Auftrag des WWF gemacht wurde. Als Grund nannten sie aber häufiger das Geld und nicht – wie ältere Semester – die Umwelt.

Die Auswirkungen ihres Konsums sind vielen Jugendlichen bewusst, das zeigt die Jugendstudie aus Deutschland. 83 Prozent der Jungen wissen zum Beispiel, dass Kleider mit gefährlichen Chemikalien behandelt werden. Trotzdem kaufen sie am liebsten bei Fast-Fashion-Riesen wie H&M und C&A ein. Jeder Schweizer kauft laut Menschenrechtsorganisation Public Eye rund 15 Kilogramm Kleider pro Jahr. Jugendliche tendenziell etwas mehr. Die wichtigsten Kriterien für sie sind laut der deutschen Studie dabei Design und Preis. Nur neun Prozent kaufen Kleider mit Öko-Siegel und weniger als sechs Prozent kennen überhaupt ökologische Marken. Hinzu kommt: Jugendliche haben oft Vorurteile gegenüber fairer Mode. Sie sei zu teuer oder – bei Secondhand – zu dreckig.

Auch sonst: Fair hergestellte Produkte kaufen nur 24 Prozent. Immerhin verzichten 45Prozent auf Plastiksäckli. Generell empfinden junge Schweizer ihr Konsumverhalten als kritischer als ältere, das hat eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK ergeben, die im Auftrag des WWF gemacht wurde. Als Grund nannten sie aber häufiger das Geld und nicht – wie ältere Semester – die Umwelt.

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Verkehr

73,8 Prozent der Schweizer zwischen 16 und 24 Jahren besitzen ein ÖV-Abo, das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik. Damit sind sie der älteren Bevölkerung einen Schritt voraus. Von den Schweizern ab 25 hat nur etwas mehr als die Hälfte ein Abo, dafür deutlich mehr einen Führerausweis. Während im Durchschnitt 82 Prozent der Schweizer ein Permis besitzen, sind es bei denjenigen zwischen 18 und 24 Jahren nur 61 Prozent.

73,8 Prozent der Schweizer zwischen 16 und 24 Jahren besitzen ein ÖV-Abo, das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik. Damit sind sie der älteren Bevölkerung einen Schritt voraus. Von den Schweizern ab 25 hat nur etwas mehr als die Hälfte ein Abo, dafür deutlich mehr einen Führerausweis. Während im Durchschnitt 82 Prozent der Schweizer ein Permis besitzen, sind es bei denjenigen zwischen 18 und 24 Jahren nur 61 Prozent.

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Essen

Mittlerweile ist ­bekannt, dass Fleischkonsum ­einen erheblichen Einfluss auf das Klima hat. Darauf reagieren die Jugendlichen. Unter ihnen gibt es am meisten Personen, die nur wenig Fleisch essen. Und: 13 Prozent der 15- bis 34-Jährigen essen gar kein Fleisch, sechs Prozent verzichten sogar auf alle tierischen Produkte. Bei den über 35-Jährigen sind knapp zehn Prozent Vegetarier und nur ein Prozent Veganer. Auch sonst sind ­Jugendliche offen für kulinarischen Verzicht: Laut Moritz Gublers Befragung ist der Grossteil dazu bereit, statt in Plastikflaschen abgefülltes Wasser Hahnenwasser zu trinken.

Mittlerweile ist ­bekannt, dass Fleischkonsum ­einen erheblichen Einfluss auf das Klima hat. Darauf reagieren die Jugendlichen. Unter ihnen gibt es am meisten Personen, die nur wenig Fleisch essen. Und: 13 Prozent der 15- bis 34-Jährigen essen gar kein Fleisch, sechs Prozent verzichten sogar auf alle tierischen Produkte. Bei den über 35-Jährigen sind knapp zehn Prozent Vegetarier und nur ein Prozent Veganer. Auch sonst sind ­Jugendliche offen für kulinarischen Verzicht: Laut Moritz Gublers Befragung ist der Grossteil dazu bereit, statt in Plastikflaschen abgefülltes Wasser Hahnenwasser zu trinken.

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Reisen

Früher bereiste die Jugend die Welt im Nachtzug. Heute nennt man sie «Generation Easyjet». Zu Recht: Laut der Studie «Mobilität und Verkehr» des Bundesamts für Statistik (BFS) bucht keine andere Altersgruppe so viele private Flugreisen wie die 18- bis 24-Jährigen in der Schweiz. Die Tourismusstudie zeigt zudem: Wenn die Jugend verreist, dann möglichst weit. Keine Altersgruppe verbringt die Ferien seltener in der Schweiz als die 15- bis 24-Jährigen. «Velofahren oder in der Mensa vegetarisch zu essen, würden die Jugendlichen mitmachen. Wenn es aber darum geht, auf eine Flugreise zu verzichten, nimmt die Bereitschaft deutlich ab», sagt Moritz Gubler. An der Vielfliegerei seien aber auch die Rahmenbedingungen schuld, sagt Umweltsoziologe Andreas Diekmann: «Wenn die Flugpreise tiefer sind als eine Taxifahrt zum Flughafen, ist der Reiz einfach zu gross, diese Möglichkeiten zu nutzen.» Dabei ist Fliegen ein echter Klimakiller: Ein einzelner Ferienflug ist teilweise gleich schlimm wie ein Jahr lang Auto fahren und das Eigenheim heizen zusammen.

Früher bereiste die Jugend die Welt im Nachtzug. Heute nennt man sie «Generation Easyjet». Zu Recht: Laut der Studie «Mobilität und Verkehr» des Bundesamts für Statistik (BFS) bucht keine andere Altersgruppe so viele private Flugreisen wie die 18- bis 24-Jährigen in der Schweiz. Die Tourismusstudie zeigt zudem: Wenn die Jugend verreist, dann möglichst weit. Keine Altersgruppe verbringt die Ferien seltener in der Schweiz als die 15- bis 24-Jährigen. «Velofahren oder in der Mensa vegetarisch zu essen, würden die Jugendlichen mitmachen. Wenn es aber darum geht, auf eine Flugreise zu verzichten, nimmt die Bereitschaft deutlich ab», sagt Moritz Gubler. An der Vielfliegerei seien aber auch die Rahmenbedingungen schuld, sagt Umweltsoziologe Andreas Diekmann: «Wenn die Flugpreise tiefer sind als eine Taxifahrt zum Flughafen, ist der Reiz einfach zu gross, diese Möglichkeiten zu nutzen.» Dabei ist Fliegen ein echter Klimakiller: Ein einzelner Ferienflug ist teilweise gleich schlimm wie ein Jahr lang Auto fahren und das Eigenheim heizen zusammen.

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Politik

An den gestrigen Demonstrationen forderte die Jugend grüne Politik. Aber schenken sie ihr Vertrauen auch wirklich grünen Politikern? Nicht unbedingt, wie die Analyse von Tamedia und Sotomo der letzten eidgenössischen Wahlen zeigt. 2015 erreichten die Grünen bei den Erstwählern nur gerade einen Wert von sieben Prozent. Über alle Alterskategorien hinweg wählten 7,1Prozent die Grünen. Mit anderen Worten: Die Grünen sind bei den Jungen nicht beliebter als bei der Gesamtbevölkerung. Etwas erfolgreicher waren die Grünliberalen (GLP): Sechs Prozent der Erstwähler gaben ihnen die Stimme, total erreichten sie 4,1 Prozent. Die beliebteste Partei bei den jungen Wählern war mit 25 Prozent übrigens die SVP. Und die setzt sich gegen jegliche Formen von Umweltabgaben ein. 

An den gestrigen Demonstrationen forderte die Jugend grüne Politik. Aber schenken sie ihr Vertrauen auch wirklich grünen Politikern? Nicht unbedingt, wie die Analyse von Tamedia und Sotomo der letzten eidgenössischen Wahlen zeigt. 2015 erreichten die Grünen bei den Erstwählern nur gerade einen Wert von sieben Prozent. Über alle Alterskategorien hinweg wählten 7,1Prozent die Grünen. Mit anderen Worten: Die Grünen sind bei den Jungen nicht beliebter als bei der Gesamtbevölkerung. Etwas erfolgreicher waren die Grünliberalen (GLP): Sechs Prozent der Erstwähler gaben ihnen die Stimme, total erreichten sie 4,1 Prozent. Die beliebteste Partei bei den jungen Wählern war mit 25 Prozent übrigens die SVP. Und die setzt sich gegen jegliche Formen von Umweltabgaben ein. 

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