Ermittler Jan Glassey (43) über die raffinierteste Räuberbande der Welt
«Die Pink Panther sind dreist, schnell, professionell»

Der Pink-Panther-Experte erläutert im BLICK-Interview wie die Räuberbande vorgeht und weshalb sie so erfolgreich ist.
Publiziert: 13.04.2014 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2018 um 20:10 Uhr
April 2013: Überfall auf die Bijouterie Türler in Zürich.
Foto: Bertrand Rey
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Von Michael Spillmann

BLICK: Herr Glassey, der Bund geht bei der Jagd nach Juwelen-Räubern in die Offensive. Sie sind der Schweizer Pink-Panther-Experte. Wann hörten Sie erstmals von der Bande?
Jan Glassey:
Das war 2000, als es in Genf die ersten Überfälle gab. Es war ein neues Phänomen. Sie waren dreist, schnell, professionell. Banden, die mit einer so grossen Systematik arbeiteten, kannten wir nicht. Genf war ein heisses Pflaster, es gab über 20 Überfälle. Später kam Zürich hinzu, dann Basel, Lugano und Lausanne.

Wer sind die Pink Panther?
Bijouterie-Räuber aus Ex-Jugoslawien. Nach Ende des Balkan-Konflikts kamen sie auf, die ersten waren alle aus dem gleichen Dorf in Montenegro. Die Serben spezialisierten sich auf Rammbock-Einbrüche. Einige der ersten Generation waren im Militär, haben Familie. Ausgangspunkt war immer ihre Heimat. Dort waren sie unantastbar.

Wie gehen sie vor?
Entweder in der Nacht, mit Gewalt. Oder tagsüber durch den normalen Eingang. Der erste Räuber kommt diskret. Er ist gut angezogen, etwas verkleidet, nicht zu stark – Perücke, Brille. Er klingelt, lächelt. Die Türe öffnet sich, seine Komplizen sind nicht zu weit weg, sie kommen sofort hinterher. Sie sind bewaffnet. Die professionellen Gruppen treten gewalttätig auf, wenden aber in der Regel keine Gewalt an.

Wie lange dauert ein Überfall?
Eine Minute, höchstens zwei. Die Profis spionieren vorher alles aus. Wo liegt was in der Vitrine? Gibt es Security? Jeder weiss, was er zu tun hat. Die Taschen tragen sie vorne, damit sie schneller einpacken können. Der Fahrer wartet im Auto, hupt, wenn es Zeit ist, die Bijouterie zu verlassen.

Wollen die Pink Panther nur Schmuck?
Auf Platz eins sind Uhren. Dann Edelsteine, Diamanten. Um dafür Abnehmer zu finden, braucht es gute Kontakte. Platz drei: Kunstwerke. Sie werden beliebter, sind allerdings sehr schwer abzusetzen.

Also ist die Schweiz das Paradies für die Banden?
Ja, die Schweiz ist bei den Pinks beliebt. Hier stehen einige der schönsten Bijouterien der Welt. Es gibt Geschäfte, die in den Köpfen der Pinks kreisen, von denen sie träumen. Zweitens: Viele Menschen aus Ex-Jugoslawien leben in der Schweiz. Dort finden die Bandenmitglieder teilweise Unterschlupf. Hotels sind für sie gefährlich.

Was macht die Polizei?
Die Pinks arbeiten international, also startete Interpol ab 2007 mit einer internationalen  Arbeitsgruppe und gründete das Projekt Pink Panther. Dort arbeiten nur Spezialisten. Seither sind wir ständig in Kontakt, telefonieren, tauschen Fotos aus. Sofort gab es Erfolge und Verhaftungen.

Bewundern Polizisten die Pink Panther auch?
Diese Kriminellen sind keine Robin Hoods, die das Geld an die Armen verteilen. Ihre Opfer müssen Todesängste ausstehen und sind nach einem Überfall oft traumatisiert. Für die Pinks kann ich keine Bewunderung haben. Es ist schwer zu erklären. Es ist wie ein Katz-und-Maus-Spiel: Mal gewinnen sie, mal gewinnen wir. Wenn sie einen Coup gelandet haben, kann ich das für die logistische und organisatorische Durchführung auch mal anerkennen.

Haben Sie ein Beispiel?
Ich habe 2008 nahe Genf im französischen Grenzgebiet den Pink Panther Milan Ljepoja gefasst. Er war 2007 beim spektakulären Überfall auf einen Juwelier in Dubai dabei. Die Bande fuhr mit zwei Limousinen durch das Tor des teuren Wafi-Shoppingcenters, rammte die Türe des Geschäfts auf. In weniger als einer Minute waren sie wieder weg – mit Beute, ohne jemanden zu verletzen. Im Verhör sagte ich zu Ljepoja: «Das in Dubai, das war gut gemacht.»

Können die Pinks gestoppt werden?
Wenn Leute ins Gefängnis kommen, rücken andere nach. Auch wenn es für die Pinks schwieriger wird, zu rekrutieren: Sie ganz zu stoppen, das wird schwierig sein.

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