Littering tötet Schönheitskönigin
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Preisgekrönte Kuh Tamina:Littering tötet Schönheitskönigin

Bauer Beat Leuenberger (47) gibt Littering die Schuld
Der dreckige Tod von Schönheistkönigin Tamina

Tod durch Abfall im Magen: Der Verlust seiner preisgekrönten Kuh Tamina (†4) schmerzt Bauer Beat Leuenberger (47) und seine Familie aus Gysenstein BE sehr. Tamina war der ganze Stolz der Züchter-Familie und Preisträgerin an Schönheitswettbewerben.
Publiziert: 03.12.2019 um 13:46 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2019 um 21:25 Uhr
Céline Trachsel

Als Kuh Tamina zur Welt kam, war für Familie Leuenberger aus Gysenstein BE klar, dass sie ein besonderes Tier ist. «Sie war sehr schön, alles stimmte», erzählt Beat Leuenberger (47). Seine Familie züchtet schon in der dritten Generation Kühe. Mit nur vier Jahren starb Tamina – wegen Littering-Sündern!

Tamina wurde als Kalb von Ehefrau Sandra geschöppelt. Stolz zeigt Leuenberger die Fotos von Tamina. «Sehen sie mal ihre schlanken Beine an und die Linie ihres Rückens. Auch die Aufhängung des Euters – mit ihr hatten wir einfach Glück.» Auch liebte Leuenberger Taminas Wesen. «Sie war lebhaft, war einfach eine Gute. Sie war meine liebste Kuh.»

Auf der Regioshow in Münsingen BE 2018 holte Tamina den zweiten Platz in ihrer Kategorie, bei der Viehzuchtgenossenschaft Gysenstein wurde sie vor ein paar Tagen als die Schönste von rund 70 Kühen gekürt, berichtet bern-ost.ch. Doch da war Tamina bereits tot. Die Viehschau wurde schon im Herbst 2018 ausgetragen, die Gewinnerin aber erst an der Konolfinger Gemeindeversammlung verkündet.

Beat Leuenberger (47), Kuhzüchter aus Gysenstein BE, verlor sein preisgekröntes, schönstes und liebste Zucht-tier Tamina wegen Zivilisationsabfall im Magen.
Foto: Céline Trachsel
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Abfall im Magen

Die Tierklinik der Universität Bern stellte fest: Schuld am Tod von Tamina ist mit grosser Wahrscheinlichkeit Zivilisationsmüll, das im selbst produzierten Futter von Leuenberger landete. Ob es Plastik, Alu oder Glas war, wird aber für immer unklar bleiben. «Wir liessen den Abszess in ihrem Magen nicht mehr genauer untersuchen», sagt der Bauer.

Als Tamina nicht mehr richtig frass und sich ihr Gesundheitszustand im Mai verschlechtert hatte, holte der Landwirt den Tierarzt. Seine Medikamente schlugen nicht an und so entschied sich Leuenberger, Tamina ins Tierspital zu bringen – trotz hoher Kosten. Zudem war die Holstein-Kuh hochträchtig. «Man stellte fest, dass sie einen Abszess im Magen hatte, der mit höchster Wahrscheinlichkeit von einem Fremdkörper verursacht wurde. Doch man konnte ihn nicht operieren.» Die Kuh kam zurück auf den Hof, brachte vier Tage später einen Muni zur Welt.

Littering in den Siloballen

«Auch nach dem Kalbern ging es ihr nicht besser», erzählt Beat Leuenberger. Die 750-Kilo-Kuh nahm rund 100 Kilo ab. Ehefrau Sandra Leuenberger sagt: «Es hat mich geschmerzt, zu sehen, dass es Tamina nicht gut geht. Und dann noch so kalbern musste.» So entschied sich die Familie die Kuh metzgen zu lassen. Der finanzielle Schaden hielt sich in Grenzen, da Tamina immerhin dreimal kalberte und zwei Jahre lang Milch gab. «Aber emotional schmerzt es.»

Wann und wie der Abfall ins Futter gelangte, weiss Leuenberger nicht. Auf der Weide fessen die Kühe keine Aludosen oder Plastikabfälle, aber beim Mähen der Wiesen können unachtsam weggeworfenen Abfälle in die Messer geraten und zerkleinert in den Siloballen landen. Im Rachen, in der Speiseröhre oder im Magen der Kühe verursachen diese Fremdkörper Verletzungen, die im schlimmsten Fall zu Abszessen führen.

Oft sind es auch von Landwirten oder Bauarbeitern verursachte Abfälle wie Drahtreste, Schrauben oder Nägel, die zum Tod der Tiere führen. Für solche Fälle hätte Leuenberger aber vorgesorgt gehabt: Seinem Viehbestand führt er seit je her Magnete in den Magen ein, die solche Metalle anziehen, sodass sie dort keine Schäden anrichten können.

Immer mehr Aludosen

Der Schweizerische Bauernverband warnt seit Jahren vor den Gefahren des Litterings für die Tiere. Wie der Berner Sektionspräsident Hans Jörg Rüegsegger zu 20 Minuten sagte, habe zwar die Menge auf Wiesen und Weiden in den letzten Jahren nicht zugenommen. Verändert habe sich aber die Qualität: «Während früher vor allem Plastiksäckli das Problem waren, sind es heute vermehrt Aludosen.» Und: An manchen viel befahrenen Strassen würden die Abfallmengen «ein Ausmass annehmen, das an ein Fussballspiel erinnert».

Wie viele Kühe als Folge von Littering in der Schweiz jedes Jahr sterben, ist unklar. Es gibt keine Zahlen, weil kaum ein Bauer seine Kuh in ein Tierspital bringt. Der Tierarzt oder der Metzger erlösen die Tiere meist vor Ort, Obduktionen werden kaum gemacht. Die Dunkelziffer dürfte dementsprechend hoch sein.

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