Amok-Rentner Kneubühl verrät erstmals Details
So gelang mir die Flucht

Im September 2010 hielt Peter Hans Kneubühl die ganze Schweiz in Atem. Er verschanzte sich in seinem Elterhaus, schoss einen Polizisten an. Dann gelang ihm die Flucht. Jetzt ist klar, wie er entkam.
Publiziert: 21.06.2016 um 20:46 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 16:32 Uhr
Verwahrt: Peter Hans Kneubühl
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Viktor Dammann

Im September 2010 hielt Peter Hans Kneubühl, damals 67, die ganze Schweiz in Atem. Sein Elternhaus, in dem er lebte, sollte versteigert werden. Am 8. September 2010 war ein Besichtigungstermin angesetzt. Der Rentner, heute 72, hatte sich mit seiner Schwester um das Erbe gestritten. Er weigerte sich, die Tür zu öffnen, verbarrikadierte sich. Die Polizei rückte an, sperrte das Gelände am Mon-Désir-Weg im Bieler Lindenquartier weiträumig ab. In der Nacht schoss Kneubühl auf einen Beamten – und entkam. Neun Tage lang narrte er die Polizei.

Bis heute war unklar, wie er entkam. Man spekulierte über einen Geheimtunnel. Gegenüber der Staatsanwaltschaft und während seines Prozesses weigerte sich Kneubühl, über seine Flucht zu sprechen. 2013 wurde er wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und mehrfacher Gefährdung des Lebens schuldig gesprochen. Doch er gilt als schuldunfähig; der Rentner ist psychisch krank. Das Gericht ordnete eine stationären Therapie an, die sogenannte «kleine Verwahrung».

Nun lüftet Peter Hans Kneubühl sein Geheimnis. In einem 34-seitigen Brief an einen bekannten Justizgegner gibt er erstmals Details über die Geschehnisse vor sechs Jahren bekannt. Sein wichtigster taktischer Vorteil sei gewesen, dass er warten konnte, schreibt Kneubühl: «Stundenlang oder auch tagelang!» Kurz nach Mitternacht hätten die Polizisten den Belagerungsring aufgegeben. Sie hätten sich auf der Ostseite des Hauses versammelt. Von dort jedoch konnten sie ihn nicht sehen: «Das war meine einzige Chance zur Flucht. Ich sprang aus dem Fenster und kletterte über eine Gartenmauer.» Dann sei er in der Dunkelheit verschwunden.

Zwei Fehler der Polizei hätten ihm das Leben gerettet: «Sie hatten das ganze Quartier geräumt, sodass mit Ausnahme der Polizei kein Mensch und kein Hund auf der Strasse war. So gab es keine Zufallsbegegnungen.» Zudem sei den Beamten offenbar befohlen worden, sich ohne Befehl nicht von der Stelle zu rühren, «sodass mich niemand verfolgte».

Kneubühl: «Ich war zu dieser Zeit bereits 67 und hätte einen durchtrainierten Polizisten nicht abhängen können.» Seine Flucht sei allerdings nur «provisorisch» gewesen: Er habe auf einen Brief der Behörden in der Erbsache gewartet. Weshalb er auch am 17. September nach Biel BE zurückkehrte und den Briefkasten seines Elternhauses leeren wollte. Eine Frau sah ihn frühmorgens unterhalb der Taubenlochschlucht beim Überqueren einer Brücke. Um 6.09 Uhr wurde Kneubühl von Polizeihund Faro am Bein gepackt und von Beamten verhaftet. Die spektakuläre Flucht von Peter Hans Kneubühl war zu Ende.

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