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In Wattwil SG:Drohnenaufnahmen zeigen das Ausmass des Unfalls

Horror-Crash bei Wattwil SG
Verkehrsunfall fordert drei Todesopfer

Am Donnerstag starben bei einem schlimmen Verkehrsunfall im Kanton St. Gallen bei Wattwil drei Menschen. Unter den Toten ist auch ein Kind. Anwohner schätzen die Kurve, in der es zum Unfall kam, als gefährlich ein.
Publiziert: 08.08.2024 um 21:08 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2024 um 11:35 Uhr

Ein schlimmer Unfall erschüttert die Schweiz: Ein Auto prallte am Donnerstagnachmittag bei Wattwil SG frontal mit einem Postauto zusammen. Der Aufprall war so schwer, dass drei Personen noch an der Unfallstelle verstarben. Unter den Opfern ist auch ein neunjähriges Kind. Der Unfall beschäftigt die Anwohner sehr.

Am Freitag spricht Blick mit Erwin Kundert (73) und Iris Kägi (59). Sie wohnen etwa 200 Meter von der Unfallstelle weg. «Ich geriet mit dem Auto in den Stau, als ich nachhause fahren wollte. Alles war abgesperrt», berichtet er. Er sei dann zu Fuss über die Wiese nach Hause gegangen. «Die Buspassagiere waren noch da. Ich brachte ihnen Wasser und liess sie aufs WC gehen», ergänzt er.

Dass es in der Kurve zum Unfall kam, wundert ihn nicht. «Die Kurve ist gefährlich. Ich sitze manchmal am Wohnzimmertisch und sehe, wie Autofahrer hier überholen – das ist nicht zum Zuschauen!»

Erwin Kundert und Iris Käge wohnen etwa 200 Meter von der Unfallstelle entfernt. «Die Kurve ist gefährlich», sagt er.
Foto: Helena Schmid
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«Für uns ist es fast schon eine Normalsituation. Wir helfen, wo wir können», sagt Kägi und fügt hinzu: «Wir haben damit schon fast gerechnet, dass so etwas passiert.» Sie versuche, die Situation zu verdrängen. Die Unfallstelle will sie sich nicht anschauen.

«Die Strasse ist so frequentiert – unzumutbar»

Der Wattwiler Alfred Pösch (77) sagt: «Seit es Lärmschutz gibt, also eine 6oer-Zone, ist es zehnmal gefährlicher geworden». Die Tafeln an der Strasse seien auch nicht so gut sichtbar. «Wir kämpfen schon lange für einen Tunnel, wir haben 13‘000 Autos pro Tag», bemerkt er. Er findet: «Die Strasse ist so frequentiert – unzumutbar.»

Er erhebt schwere Vorwürfe an die Lokalpolitik. Die Bevölkerung wird laut Pösch mit Blick auf eine Umfahrung immer wieder vertröstet. Man habe kein Geld für einen Tunnel, so die Argumentation.

«Es ist sehr krass, dass drei Menschen gestorben sind. Auf dieser Strasse musst du den Kopf beieinander haben. Wenn du drei Sekunden unaufmerksam bist, bist du schon auf der Gegenspur», so Pösch.

Anwohnerin hörte lauten Knall

Eine andere Anwohnerin, die anonym bleiben möchte, wurde von dem Unfall aufgeschreckt. «Ich habe einen lauten Knall gehört und herausgeschaut. Es sah schrecklich aus», sagt sie. «Zum Glück kamen die Einsatzkräfte innert weniger Minuten. Bis abends um 21 Uhr haben sie hier aufgeräumt.»

Sie teilt Kunderts Einschätzung zur Kurve. «Die Stelle hier ist prädestiniert. Man sieht nicht um die Kurve herum. Und oft überholen sie hier auch – erst vor zwei Wochen hatten wir hier einen Unfall, der zum Glück glimpflich ausgegangen ist», erzählt sie.

Ersten Erkenntnissen zufolge fuhr ein mutmasslich 76-jähriger Mann mit seinem Auto sowie einer mutmasslich 75-jährigen Frau und zusammen mit dem mutmasslich 9-jährigen Kind auf dem Rücksitz auf der Rickenstrasse von Wattwil Richtung Ricken, schreibt die Kantonspolizei St. Gallen in einer Medienmitteilung.

Dahinter fuhr eine Frau (49) mit ihrem Auto. In einer leichten Rechtskurve im Bereich Vorderer Hummelwald dürfte das Auto des älteren Mannes aus bislang unbekannten Gründen kontinuierlich über die Mittellinie geraten sein.

Auto auf Gegenfahrbahn geschleudert

Gleichzeitig fuhr ein Postauto-Chauffeur in die Gegenrichtung. Plötzlich kam es zum Frontal-Crash der beiden Fahrzeuge. Durch die Wucht der Kollision wurde das Auto in die Gegenrichtung und dort frontal gegen das Auto der 49-Jährigen geschleudert.

Beim Eintreffen der Rettungskräfte konnten diese nur noch den Tod des 76-jährigen Autofahrers und der Mitfahrerin (75) feststellen. Die Rettungskräfte versuchten, den 9-Jährigen zu reanimieren. Ohne Erfolg. Das Kind verstarb ebenfalls noch vor Ort.

Bilder zeigen die Wucht des Aufpralls.
Foto: BRK News

Todesopfer sind wohl Grosseltern und ihr Enkel

Bei den beiden erwachsenen Verstorbenen handelt es sich um deutsche Staatsangehörige aus dem Landkreis Siegen-Wittgenstein im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Beim 9-jährigen Buben dürfte es sich nach jetzigem Kenntnisstand um einen in der Region wohnhaften Deutschen handeln.

Falls sich die Identität der Toten bestätigt, handelt es sich bei den Opfern des schweren Unfalls laut der Kantonspolizei St. Gallen um ein Paar und dessen Enkel. «Die Identifizierung der Verstorbenen ist enorm schwierig und braucht deutlich mehr Zeit, als wenn jemand in der Schweiz wohnhaft ist», sagt Polizeisprecher Florian Schneider gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». «Wir sind ziemlich sicher, dass es sich um die besagten Personen handelt – bei der Polizei müssen wir aber zu 100 Prozent sicher sein.»

Die drei Insassen des schwarzen Personenwagens starben noch auf der Unfallstelle.
Foto: BRK News

So geht es dem Postauto-Chauffeur

Die 49-jährige Fahrerin des zweiten beteiligten Autos blieb unverletzt. Der Postauto-Chauffeur (68) wurde derweil unbestimmt verletzt. Er musste mit der Rega ins Spital geflogen werden.

«Der Fahrer ist noch im Spital. Er hat mehrere Verletzungen, darunter eine starke Prellung und offene Wunden», erklärt Katharina Merkle von der Medienstelle von Postauto Schweiz am Freitag gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Ihm gehe es den Umständen entsprechend gut, in den nächsten Tagen wird er aber nicht im Einsatz sein. 

Postauto-Chauffeure haben nach schweren Unfällen Anspruch auf Betreuung durch das Careteam der Post. «Wir schauen darauf, wann er den Fahrdienst wieder aufnehmen kann, es geht dabei nicht nur um die körperlichen Verletzungen, sondern auch um die Psyche, mit Bildern des Unfalls, die vielleicht wieder hochkommen.»

Obwohl der Mann mit 68 bereits das Pensionsalter überschritten hatte, durfte er sich hinters Steuer setzen. «Bei uns können Chauffeure bis zum 70. Geburtstag Teilzeit weiterarbeiten, auch im regulären Betrieb», erläutert Merkle.

Passagiere von Care-Team betreut

Im Postauto befanden sich zum Zeitpunkt des Unfalls mehrere Dutzend Fahrgäste. Diese wurden vereinzelt leicht verletzt und nach dem Unfall vom Rettungsdienst betreut. Von den Fahrgästen musste niemand in Spitalpflege gebracht werden.

Die Kantonspolizei St. Gallen untersucht unter der Leitung der Staatsanwaltschaft die genauen Umstände des Unfalls, heisst es von Behördenseite weiter.

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