Ständerat sagt Ja zur Überbrückungsrente
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Für ältere Arbeitslose:Ständerat sagt Ja zur Überbrückungsrente

Schlechte Nachricht für ältere Arbeitslose
Ständerat zeigt sich bei Überbrückungsrente knausrig

Ausgesteuerte Arbeitslose über 60 sollen künftig Überbrückungsleistungen erhalten. Der Ständerat hat am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz angenommen. Allerdings hat er die Vorlage erheblich abgeändert.
Publiziert: 12.12.2019 um 05:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2019 um 13:57 Uhr

Nach dem Vorschlag des Bundesrates würde die Überbrückungsleistung (ÜL) bis zur ordentlichen Pensionierung ausgerichtet. Der Ständerat dagegen will sie nur bis zur Frühpensionierung ausrichten - bis der Vorbezug einer Altersrente möglich ist.

Er hat einen Antrag von Ruedi Noser (FDP/ZH) mit 23 zu 21 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die Gegnerinnen und Gegner argumentierten vergeblich, mit einer Frühpensionierung müssten die Betroffenen lebenslang tiefere Renten in Kauf nehmen.

Weniger Geld als Bundesrat wollte

Die Überbrückungsleistung wird gleich berechnet wie eine Ergänzungsleistung: Ihre Höhe entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Sie ist plafoniert. Der Ständerat will indes eine tiefere Obergrenze festlegen als der Bundesrat vorschlägt.

Ruedi Noser (FDP/ZH) hat sich im Ständerat durchgesetzt: Der Rat beschloss auf seinen Antrag hin tiefere Beträge bei der Überbrückungsrente. (Archiv)
Foto: ANTHONY ANEX

Nosers Antrag dazu nahm er mit 24 zu 19 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Demnach soll die Leistung für alleinstehende Personen höchstens 38'900 Franken pro Jahr betragen statt 58'350 Franken. Den Höchstbetrag für Ehepaare legte der Rat bei 58'350 statt 87'525 Franken fest. Der Betrag soll steuerfrei sein. Die Kommission war bei den Beträgen dem Bundesrat gefolgt, wollte diese aber nicht von der Steuer befreien.

Anreiz für Entlassungen?

Eine Minderheit aus SVP- und CVP-Vertretern beantragte, nicht auf die Vorlage einzutreten. Der Sozialstaat sei bereits sehr gut ausgebaut, sagte Alex Kuprecht (SVP/SZ). Er warnte vor der Belastung des Bundeshaushalts.

Zudem befürchten die Gegnerinnen und Gegner, dass für Arbeitgeber ein Anreiz geschaffen würde, ältere Arbeitnehmende zu entlassen. «Gut gemeint ist nicht immer gut», befand Peter Hegglin (CVP/ZG). Bevor neue Sozialleistungen geschaffen würden, sollten ohnehin die bestehenden Sozialwerke saniert werden.

«Das ist unwürdig»

Die Befürworterinnen und Befürworter wiesen auf die Situation der Betroffenen hin. Diese sei unwürdig, sagte Erich Ettlin (CVP/OW). Menschen, die in diesem Alter arbeitslos seien, schrieben Hunderte von Bewerbungen - und erhielten immer dieselbe abschlägige Antwort. «Die Leute wollen arbeiten», betonte auch Maya Graf (Grüne/BL).

Das will der Bundesrat

Man weiss es seit langem: Menschen, die kurz vor dem Rentenalter ihre Stelle verlieren, haben grössere Schwierigkeiten wieder einen Job zu finden. Ihnen droht die Aussteuerung – und damit der Gang aufs Sozialamt.

Der Bundesrat will nun Gegensteuer geben: Wem nach dem 60. Geburtstag die Aussteuerung droht, der soll bis zum AHV-Alter eine Überbrückungsrente erhalten. Maximal 58'350 Franken pro Jahr soll es für eine Einzelperson geben, für Ehe­paare höchstens 87 '525 Franken. Für alle gibt es die Überbrückungsleistung allerdings nicht.

  • Berechtigt ist, wer mit 58 Jahren oder später seine Stelle verloren, dann 22 Monate Arbeitslosengeld erhalten hat, und dem nun die Sozialhilfe droht.
  • Man muss mindestens 20 Jahre AHV-Beiträge bezahlt haben.
  • Das Vermögen darf maximal 100'000 Franken Vermögen (200'000 Franken bei Ehepaaren) betragen. Selbstbewohntes Wohneigentum wird nicht ­angerechnet, das Ersparte aus der Säule 3a allerdings schon.
  • Anspruchsberechtigt ist nur, wer keine IV-Rente erhält und auch seine AHV nicht ­vorbezieht.

Der Bundesrat geht davon aus, dass etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf eine Überbrückungsrente haben. Sermîn Faki

Ältere Arbeitslose haben es schwer, wieder einen Job zu finden.

Man weiss es seit langem: Menschen, die kurz vor dem Rentenalter ihre Stelle verlieren, haben grössere Schwierigkeiten wieder einen Job zu finden. Ihnen droht die Aussteuerung – und damit der Gang aufs Sozialamt.

Der Bundesrat will nun Gegensteuer geben: Wem nach dem 60. Geburtstag die Aussteuerung droht, der soll bis zum AHV-Alter eine Überbrückungsrente erhalten. Maximal 58'350 Franken pro Jahr soll es für eine Einzelperson geben, für Ehe­paare höchstens 87 '525 Franken. Für alle gibt es die Überbrückungsleistung allerdings nicht.

  • Berechtigt ist, wer mit 58 Jahren oder später seine Stelle verloren, dann 22 Monate Arbeitslosengeld erhalten hat, und dem nun die Sozialhilfe droht.
  • Man muss mindestens 20 Jahre AHV-Beiträge bezahlt haben.
  • Das Vermögen darf maximal 100'000 Franken Vermögen (200'000 Franken bei Ehepaaren) betragen. Selbstbewohntes Wohneigentum wird nicht ­angerechnet, das Ersparte aus der Säule 3a allerdings schon.
  • Anspruchsberechtigt ist nur, wer keine IV-Rente erhält und auch seine AHV nicht ­vorbezieht.

Der Bundesrat geht davon aus, dass etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf eine Überbrückungsrente haben. Sermîn Faki

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Zwar habe die Arbeitslosigkeit bei den Älteren abgenommen, räumten die Befürworter ein. Deren Risiko sei aber hoch, langzeitarbeitslos zu werden. Nur jeder siebte über 55-Jährige finde wieder eine Stelle, sagte Pirmin Bischof (CVP/SO). Der Rat lehnte den Nichteintretensantrag mit 31 zu 14 Stimmen ab.

Nach fünf Jahren wird Bilanz gezogen

Ausserdem hat der Rat im Gesetz verankert, dass der Bundesrat dem Parlament fünf Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes Bericht erstatten muss über dessen Umsetzung und Wirksamkeit. Der Bundesrat soll dem Parlament gleichzeitig einen Antrag für das weitere Vorgehen stellen.

Der Bundesrat geht davon aus, dass nach der Einführungsphase etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf Überbrückungsleistungen haben. Die Kosten für den Bund betrügen in der Bundesratsversion 30 Millionen Franken im Jahr 2021. In den Folgejahren würden sie steigen und ab 2030 rund 230 Millionen Franken im Jahr betragen.

Es geht auch um die Kündigungs-Initiative

Dem stünden Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen von zu Beginn 20 Millionen und später mehr als 30 Millionen Franken pro Jahr gegenüber, schrieb der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament.

Die neue Sozialleistung ist Teil eines Massnahmenpakets für ältere Arbeitslose, das auch dazu dienen soll, die Akzeptanz der Personenfreizügigkeit zu erhöhen. Der Bundesrat zieht damit die Lehren aus dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative.

Bald steht eine weitere Abstimmung über die Personenfreizügigkeit an, jene zur Begrenzungsinitiative der SVP. Diesmal will der Bundesrat im Abstimmungskampf etwas Konkretes in der Hand haben.

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Vorlage mit 33 zu 11 Stimmen an. Diese geht nun an den Nationalrat. (SDA)

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