Postauto-Bschiss immer happiger
Behörden ermitteln wegen Geldwäscherei

Im Fürstentum Liechtenstein hat die Finanzmarktaufsicht im Postauto-Skandal ein Verfahren eröffnet. Der Verdacht ist happig: Wusch Postauto Schweiz Geld via Postauto Liechtenstein?
Publiziert: 27.06.2018 um 23:44 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:38 Uhr
Christian Plüss (56) wird neuer Postauto-Chef. Das teilte das Unternehmen am 28. Juni mit.
Foto: KEYSTONE/Martin Ruetschi
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Pascal Tischhauser

Der Postauto-Bschiss zieht immer noch weitere Kreise – auch in Liechtenstein. Passiert ist aber nicht, was Schweizer Wirtschaftsjuristen erwartet haben. Für sie ist klar: Der Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard zum Bschiss zeigt, 17 Millionen Franken an illegalen Subventionsgewinnen sind ins Fürstentum geflossen. Das begründet für sie den Anfangsverdacht, dass die Postauto Liechtenstein gegen Wettbewerbsrecht verstossen hat. 

Doch die dortige Landesregierung, die die Aufsicht über Postauto Liechtenstein hat, scheint untätig. Auf Anfrage von BLICK konnte man gestern keine Angaben machen, ob es ein solches Verfahren wegen wettbewerbsrechtlichen Verstössen gibt oder nicht. Juristisch besteht kein Grund, nicht eine solche Untersuchung zu starten.

Die FMA hat die Initiative ergriffen

Eine andere Liechtensteiner Behörde hat jedoch die Initiative ergriffen: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein bestätigt BLICK-Informationen, wonach sie eine Untersuchung führt: «Ja, die FMA hat ein Verfahren eröffnet im Postauto-Fall», sagt FMA-Sprecher Lukas Müller. BLICK weiss: Das mögliche Delikt ist happig: Geldwäscherei.

Denn die Gewinne beim Postauto-Bschiss in der Schweiz kamen nicht nur von zu hohen Abgeltungen, sie wurden auch noch betrügerisch versteckt: Beispielsweise hat Postauto Schweiz Autopneus verrechnet, die nur auf Papier angeschafft wurden. Wenn sich wirklich bestätigt, dass Geld aus dem Postauto-Betrug in der Rechnung von Postauto Liechtenstein versickerte, ist der Straftatbestand der Geldwäscherei im Fürstentum erfüllt.

Die Post räumt auf Anfrage ein, die Kellerhals-Carrard-Untersuchung zeige, «dass eine Finanzierung über verdeckte Gewinnausschüttungen ins Ausland nicht auszuschliessen ist». Das wäre «unzulässig und inakzeptabel». Die Post wolle rasch Klarheit haben und mit den Ergebnissen restlos Transparenz schaffen. «Wir sind zuversichtlich, dass wir die ersten Erkenntnisse dazu schon zeitnah kommunizieren können», sagt Sprecherin Léa Wertheimer.

KPMG steht als Erste im Fokus

Im Fokus der Untersuchung der Finanzmarktaufsicht steht nun die Revisionsstelle der Postauto Liechtenstein Anstalt, die liechtensteinische KPMG. «In einem ersten Schritt haben wir die KPMG zu einer Stellungnahme aufgefordert», erklärt Sprecher Lukas Müller. Denn die die FMA ist zuständig für die Revisionsstellen, nicht aber direkt für Postauto. KPMG richtet auf Anfrage aus, man kommentiere die Aktivitäten von Aufsichtsbehörden grundsätzlich nicht.

Post beteiligt sich an Drohnenfirma

Die Post investiert Millionen von Franken in das Start-up Matternet aus dem kalifornischen ­Silicon Valley, das mit Drohnen die Welt erobern will. Die gute alte Post. Gepaart mit einem der innovativsten Wirtschaftssektoren überhaupt, im hippen Tech-Mekka Menlo Park. Kann das gut gehen?

Natürlich, findet die Post. «Als führender Logistiker in der Schweiz müssen wir uns weiterentwickeln», sagt Sprecher Oliver Flüeler zu BLICK. «Drohnentechnik, eingebettet in logistische Prozesse, kann ein zukunftsträchtiger Markt sein. Wir investieren in Start-ups, damit uns andere Firmen dereinst nicht den Rang ablaufen.»
Es handle sich bei der Investition um eine Wandelanleihe aus dem Jahr 2017 über einen «tiefen einstelligen Millionenbetrag», die nun in Anteilsscheine am Drohnen-Start-up umgewandelt wird.
Die Post arbeitet schon seit drei Jahren mit Matternet zusammen. Unter anderem fliegen die US-Drohnen mittlerweile am Himmel über Lugano, Bern und Zürich. Dort transportieren sie testweise Laborproben von Spital zu Spital. Konrad Staehelin

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In einem nächsten Schritt dürfte wegen Geldwäscherei dann aber der gelbe Riese selbst ins Zentrum der Untersuchungen rücken.

Postauto bleibt ein heisses Eisen

Die Aufräumarbeiten im Zusammenhang mit dem Postauto-Skandal werden die Schweizer Politik noch lange beschäftigen. Den Auftakt macht Anfang Juli die Sitzung der nationalrätlichen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen. Dort ist das Thema Postauto bereits traktandiert. Es ist davon auszugehen, dass Bundesrätin Doris Leuthard (55, CVP) und Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (65) antraben und sich den Fragen der Nationalräte stellen werden. Leuthard und Schwaller müssen sich auf kritische Fragen einstellen. Insbesondere die SP möchte, dass es bei der Post zu einem radikalen Wandel kommt (siehe Text). Aber auch Politiker anderer Parteien sind unzufrieden, dass der Verwaltungsrat ungeschoren aus der ganzen Affäre davonkommen soll. Auch der zuständige Ausschuss der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates nimmt sich der Postauto-Affäre an. Hier entscheidet sich auch die Frage, ob es am Ende nicht eine Parlamenta­rische Untersuchungskommis­sion (PUK) braucht, um die ­Affäre politisch aufzuarbeiten.

Die Aufräumarbeiten im Zusammenhang mit dem Postauto-Skandal werden die Schweizer Politik noch lange beschäftigen. Den Auftakt macht Anfang Juli die Sitzung der nationalrätlichen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen. Dort ist das Thema Postauto bereits traktandiert. Es ist davon auszugehen, dass Bundesrätin Doris Leuthard (55, CVP) und Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (65) antraben und sich den Fragen der Nationalräte stellen werden. Leuthard und Schwaller müssen sich auf kritische Fragen einstellen. Insbesondere die SP möchte, dass es bei der Post zu einem radikalen Wandel kommt (siehe Text). Aber auch Politiker anderer Parteien sind unzufrieden, dass der Verwaltungsrat ungeschoren aus der ganzen Affäre davonkommen soll. Auch der zuständige Ausschuss der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates nimmt sich der Postauto-Affäre an. Hier entscheidet sich auch die Frage, ob es am Ende nicht eine Parlamenta­rische Untersuchungskommis­sion (PUK) braucht, um die ­Affäre politisch aufzuarbeiten.

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