Bundesanwalt Michael Lauber behält seinen Posten. Die Vereinigte Bundesversammlung hat ihn am Mittwoch im Amt bestätigt. (Archivbild)

Gerichtskommission nimmt Bundesanwalt ins Visier
Lauber droht Amtsenthebung

Es war schon bei seiner Wiederwahl im Herbst klar: Bundesanwalt Michael Lauber kommt nicht aus den Schlagzeilen. Dass der Sommermärchen-Fall platzt, wird ihm angelastet. Die Gerichtskommission des Parlaments will ihn endgültig aus dem Amt befördern.
Publiziert: 25.04.2020 um 10:26 Uhr
Bundesanwalt Michael Lauber droht neues Ungemach. Die Politik ist mit ihm alles andere als zufrieden.
Foto: Keystone
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Pascal Tischhauser

Am 13. Mai spricht die Gerichtskommission von National- und Ständerat über die Personalie Michael Lauber (54). BLICK weiss: Thema ist, den Bundesanwalt des Amtes zu entheben.

Noch liegt der Antrag nicht vor, Lauber in die Wüste zu schicken. Doch alle wollen ihn loswerden. Die Frage ist nur, wer sich die Hände schmutzig macht und den Abgang fordert.

Kommissionsmitglieder gehen davon aus, dass Sibel Arslan (39) den Antrag für ein Amtsenthebungsverfahren stellt. Die grüne Nationalrätin hält sich jedoch bedeckt: «Es ist eine valable Option für mich, die Enthebung zu beantragen.»

Unterstützung von SP-Seite

SP-Nationalrat Matthias Aebischer (52) sagt: «Ich unterstütze einen Antrag auf Amtsenthebung. Selbst werde ich aber keinen einreichen.» Er sei schon vergangenes Jahr gegen eine Wiederwahl gewesen, sei aber unterlegen. «Das akzeptiere ich und fordere deshalb von mir aus keine Absetzung.»

Die Gerichtskommission (GK) hatte schon vergangenes Jahr empfohlen, Lauber in seinem Amt nicht mehr zu bestätigen. Er wurde im Herbst knapp wiedergewählt.

Denn der Bundesanwalt hat sich unmöglich gemacht: Er traf mehrfach die Spitze des Weltfussballverbands zu unprotokollierten Treffen – alle Fifa-Verfahren drohen nun zu scheitern. Lauber hintertrieb die Disziplinaruntersuchung der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) und sagte laut dieser mehrfach die Unwahrheit. Die AB-BA wirft ihm vor, sich der Amtspflichtverletzung schuldig gemacht zu haben.

«Omertà»

Ans dritte Treffen mit Fifa-Boss Gianni Infantino (50) und zwei oder drei weiteren Personen im Juni 2017 im Berner Hotel Schweizerhof wollen sich weder Lauber noch die anderen Anwesenden erinnern – und der Bundesanwalt hat nie ernsthaft versucht, Klarheit über dieses Treffen zu schaffen.

Hätte die Bundesanwaltschaft (BA) Hinweise darauf, dass vier oder fünf Mafiosi sich im Nobelhotel zu einem wichtigen Treffen zusammenfanden, würde dort das Personal befragt, Buchungsunterlagen würden gesichtet, Abrechnungen geprüft und Aufnahmen von Überwachungskameras ausgewertet. Man würde alles daran setzen, etwas über den Gesprächsinhalt zu erfahren.

10 Millionen Franken flossen

Und was hat der oberste Schweizer Ermittler unternommen, um Licht in seine Treffen zu bringen? «Nichts!», heisst es aus der Gerichtskommission. Es herrscht eine Art «Omertà», eine Schweigepflicht wie bei kriminellen Organisationen. Lauber soll seine Behörde angewiesen haben, stillzuhalten.

Eine Auswirkung von Laubers Verhalten an der Spitze des BA manifestiert sich am Montag: Dann platzt das Fifa-Verfahren mit den international prominentesten Vertretern des Fussballzirkus' offiziell. Der sogenannte Sommermärchen-Fall ist dann verjährt. International steht die Bundesanwaltschaft nun im Verdacht, mit dem Weltfussballverband unter einer Decke zu stecken.

Hess wirft Lauber Fehlverhalten vor

Auch BDP-Vize Lorenz Hess (58) macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: «Die Gerichtskommission steht den Bürgern gegenüber in der Pflicht, auf einen Bundesanwalt zu reagieren, der mit seinem Fehlverhalten zum Absturz von Gerichtsfällen beiträgt.»

Und CVP-Nationalrat Nicolo Paganini (53) doppelt nach: Was gerade im Sommermärchen-Verfahren abgegangen ist, «ist blamabel». Auch für Paganini ist es Aufgabe der Kommission, über die Amtsenthebung nachzudenken.

FDPler wollen Urteil abwarten

Gegen das AB-BA-Urteil, Lauber habe sich einer Amtspflichtverletzung schuldig gemacht, weshalb ihm der Lohn gekürzt werden soll, wehrt sich Lauber vor Bundesverwaltungsgericht. Die FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (53) zeigt sich enttäuscht über das Verhalten des Bundesanwalts. Sie will aber wie ihr freisinniger Kollege und Ständerat Andrea Caroni (40) das Urteil des Gerichts abwarten, bevor man mit der Amtsenthebung startet.

Kommissionspräsident Caroni rechnet damit, dass das Urteil in einem halben Jahr vorliegt. Zieht Lauber es ans Bundesgericht weiter, dürfte ein Jahr bis zu einem rechtskräftigen Urteil vergehen.

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