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Das rät der Serafe-Sprecher nach dem Adress-Puff
«Zahlen Sie die falsche Rechnung nicht!»

Seit Anfang Jahr zieht Serafe die neue Radio- und TV-Abgabe ein – und schon herrscht ein Adress-Puff. BLICK erklärt, was die Betroffenen nun tun müssen. Und was die Serafe-Kunden sonst noch über den Systemwechsel wissen sollten.
Publiziert: 15.01.2019 um 18:03 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2019 um 18:02 Uhr
So sieht die neue Rechnung für die TV-Abgabe aus. Im Januar wurden Zehntausende Rechnungen mit falschen Angaben verschickt.
Foto: Thomas Meier
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Am 1. Januar 2019 löste eine neue Abgabe für Radio und Fernsehen die bisherige Billag-Empfangsgebühr ab. Statt von der Billag trudeln die Rechnungen nun von der Schweizerischen Erhebungsstelle für die Radio- und Fernsehabgabe (Serafe) bei den Haushalten ein. Doch oft am falschen Ort. Oder fälschlicherweise mit zusätzlichen Haushaltsbewohnern. Bei der Billag-Nachfolgerin Serafe herrscht derzeit ein Adress-Puff (BLICK berichtete).

Wie viele Haushalte davon betroffen sind, lasse sich derzeit noch nicht sagen, erklärt Serafe-Sprecher Erich Heynen gegenüber BLICK. Es könnten einige Hundert oder auch einige Tausend sein. Denn die Firma hat Anfang Jahr 3,6 Millionen Rechnungen verschickt. «Ist nur ein halbes Promille nicht korrekt, summiert sich das trotzdem», so Heynen. Und er wehrt sich: «Ein Chaos herrscht deswegen aber nicht, die Einwohnerkontrollen machen grundsätzlich einen sehr guten Job – trotz des Mehraufwands. Dass es bei einem solchen Systemwechsel Fehler gibt, war zu erwarten.»

Er nimmt auch die Gemeinden in Schutz, welche die Daten via die Kantone an die Serafe liefern: «Die Einwohnerkontrollen machen einen sehr guten Job, obwohl sie einen ausserordentlichen Mehraufwand bewältigen müssen.»

BLICK erklärt, was die Betroffenen nun tun müssen. Und was die Serafe-Kunden sonst noch über den Systemwechsel wissen sollten.

An wen muss man sich wenden, wenn die Angaben nicht stimmen?

«Die Serafe darf keine Änderungen Ihrer Adressdaten entgegennehmen», schreibt die Firma auf ihrer Homepage. Die Daten für die Haushaltsbildung werden nämlich von den Gemeinden geliefert. Bei Unstimmigkeiten sollte man sich deshalb an die Einwohnerkontrolle der eigenen Gemeinde wenden, damit diese die Adressdaten korrigiert.

Soll man die falsche Rechnung bezahlen?

Nein. Man sollte falsche Angaben den Einwohnerkontrollen melden, damit diese die Daten korrigieren können – dann erhält man bald schon eine neue Rechnung. «Den Fehler sofort melden und die alte Rechnung entsorgen», rät Heynen. Es würden auch nicht gleich Mahnungen verschickt, verspricht er. 

Allerdings kann man eine falsche Rechnung auch bezahlen. Die fälschlicherweise aufgeführten «Haushaltsmitglieder» – zum Beispiel der Nachbar – kommen dann um eine eigene Rechnung herum, wenn der Fehler nicht gemeldet wird. Er fällt einfach durch die Maschen.

Wenn keine Meldung erfolgt, könne auch aber auch keine Korrektur vorgenommen werden, so das Bundesamt für Kommunikation (Bakom). Konsequenzen müsse man aber keine befürchten. «Strafbar ist dies natürlich nicht», so Bakom-Sprecher Francis Meier.

Muss man sich melden, wenn man keine Rechnung erhalten hat?

Nein, eine Pflicht dazu gibt es nicht. «Der Endkunde muss gegenüber der Erhebungsstelle absolut nichts machen», stellt Heynen klar. «Die Verantwortung liegt insofern bei uns, als dass wir den Auftrag haben, aus den von den Einwohnerkontrollen gelieferten Daten Haushalte zu bilden.»

Wenn man vorerst durch die Maschen fällt, heisst das aber nicht, dass man früher oder später nicht doch an die Kasse kommt. Bakom-Sprecher Meier macht nämlich klar, dass die Abgabepflicht für alle Haushalte gilt und auch im Nachhinein in Rechnung gestellt werden kann. «Sobald die Erhebungsstelle von der Einwohnerbehörde die nötigen Angaben erhält, fordert sie den betreffenden Betrag nach», so Meier. «Ausgehend von der heutigen Datenqualität und der ständigen Verbesserung dürfte das aber kaum erst Jahre später passieren.» Und: Auch in diesem Fall liege keine Strafbarkeit der Abgabepflichtigen vor.

Was ist, wenn ein Haushalt mehrere Rechnungen erhält?

Es gibt nicht nur Fälle mit zusätzlich aufgeführten Haushaltsmitgliedern, sondern auch solche, wo ein Pärchen im gleichen Haushalt je eine separate Rechnung erhalten hat. In diesem Fall sollte man das sofort der Einwohnerkontrolle melden! Damit man eine einzige korrekte Rechnung erhält. 

Man sollte ja nicht auf die Idee kommen, einfach nur eine der beiden falschen Rechnungen zu bezahlen und den Fall dann als erledigt zu betrachten. «Erhalten wir keine Anpassung, droht eine Mahnung und später allenfalls sogar eine Betreibung», warnt Heynen.

Warum erfolgte der Systemwechsel?

Im Juni 2015 hat das Volk dem neuen Radio- und Fernsehgesetz zugestimmt, das die Änderung des Empfangsgebührensystems ermöglicht. Die geräteabhängige Empfangsgebühr wurde per 2019 abgeschafft. Stattdessen wurde eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe eingeführt. Zudem hat das Stimmvolk dieses Jahr auch die No-Billag-Initiative deutlich abgelehnt.

Wie viel kostet die neue Abgabe?

Jeder Haushalt zahlt 365 Franken pro Jahr. Das ist deutlich weniger als die früher rund 450 Franken. Dafür muss im Grundsatz jeder Haushalt die Abgabe zahlen – unabhängig davon, ob er auch wirklich ein Empfangsgerät besitzt.

Warum bekommt man 2019 zwei Rechnungen?

Die neue Rechnung erhält man im Januar 2019. Die Serafe teilt die Haushalte dabei nach Zufallsprinzip in zwölf Abrechnungsgruppen ein. Die meisten Haushalte jeder Abrechnungsgruppe erhalten im Januar zuerst eine Teilrechnung; erst dann die Jahresrechnung von 365 Franken im zugewiesenen Monat. Im Jahr 2020 greift dieser Modus vollständig.

Im Einführungsjahr 2019 gilt ein Übergangsregime. Alle Abrechnungsgruppen der Monate Februar bis Dezember erhalten zunächst eine Teilrechnung für die der Jahresrechnung vorangehenden Monate erhalten.

So bekommt beispielsweise ein Haushalt, der in die Mai-Abrechnungsgruppe eingeteilt wurde, im Januar 2019 eine Teilrechnung für die Monate Januar bis April und erst im Mai 2019 die ordentliche Jahresrechnung für die Periode vom Mai 2019 bis April 2020.

Was passiert mit der bezahlten Mehrwertsteuer?

Während Jahren zahlte die Billag-Kunden Mehrwertsteuer auf die Gebühr – zu Unrecht. Letztes Jahr entschied das Bundesgereicht in vier Musterfällen, dass die Mehrwertsteuer rückwirkend auf fünf Jahre zurückgezahlt werden muss. Jeder Haushalt erhält eine Pauschale von rund 50 Franken zurückerstattet. Sobald die gesetzliche Grundlage dazu vom Parlament verabschiedet wird ist, wird die Pauschale auf einer Serafe-Rechnung in Abzug gebracht. Das dürfte wohl erst 2020 der Fall sein.

Muss jeder die Abgabe bezahlen?

Nein, es gibt Ausnahmen. Von der neuen Abgabe sind jene Haushalte befreit, in der mindestens ein Mitglied  AHV/IV-Ergänzungsleistungen bezieht.

Bewohner von Alters- und Pflegeheimen, Wohn- und Erziehungsheimen, Internaten, Behinderteninstitutionen, Spitälern, Gefängnisse oder Klöstern bezahlen ebenfalls keine direkte Abgabe. Für solche Einrichtungen wird eine Kollektivabgabe von 730 Franken fällig.

Zusätzlich sind Haushalte befreit, die ausschliesslich aus taubstummen Mitgliedern bestehen.

Haushalte, die ohne jegliche Empfangsmöglichkeit von elektronischen Medien sind, können zudem ein Gesuch auf Befreiung stellen. Allerdings ist dieses «Opting-out» auf fünf Jahre begrenzt.

Was zahlen künftig die Unternehmen?

Neben der Haushaltsabgabe gibt es auch eine Unternehmensabgabe. Abgabepflichtig sind Unternehmen mit Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte in der Schweiz, die im Mehrwertsteuer-Register eingetragen sind und einen Jahresumsatz von mindestens 500'000 Franken erzielen. 

Rund drei Viertel aller Unternehmen fallen nicht darunter. Insgesamt sind nur gut 138'000 Unternehmen abgabepflichtig. 

Die Unternehmensabgabe kennt sechs Tarifstufen. Die Abgabe beläuft sich je nach Stufe von 365 Franken pro Jahr bis maximal 35'590 Franken.

Wie hoch sind die Abgaben insgesamt?

Das Bakom rechnet mit Einnahmen von insgesamt 1,37 Milliarden Franken. 163 Millionen Franken werden dabei von den Unternehmen berappt.

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