Widerstand gegen Swiss-Rettungspaket wächst
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Corona-Krise
Widerstand gegen Swiss-Rettungspaket wächst

Mit Milliarden will der Bundesrat die Schweizer Luftfahrt in der Corona-Krise unterstützen. Der Widerstand dagegen wächst – vorab aus klimapolitischen Gründen.
Publiziert: 09.04.2020 um 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2020 um 14:25 Uhr
Daniel Ballmer

Bedenken gibt es viele. Immerhin musste die damalige Swissair im 2001 schon einmal mit Bundesmilliarden gerettet werden. Nun stehen Flugzeuge der heutigen Swiss wieder still. Die Airline-Branche leidet besonders unter der Corona-Krise. Erneut prüft der Bundesrat daher Staatshilfe für die Schweizer Luftfahrt. Erneut geht es um Milliarden.

Kommt gar nicht in Frage, finden die Jungen Grünliberalen (JGLP). Staatsgelder sollen nur Unternehmen erhalten, die zukunftsfähig aufgestellt sind. «Bei einem Unternehmen, das schon vor der Corona-Krise nicht imstande war, Treibstoffabgaben oder Mehrwertsteuer zu zahlen, ist dies nicht der Fall», sagt Co-Präsident Tobias Vögeli (24). So sei absehbar, dass die Swiss nicht im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen rentabel wirtschaften könne.

Lieber Nachtzüge als Flugzeuge

Die Lösung der JGLP: Für den Kurzstreckenverkehr soll der Bund lieber nachhaltig und umweltbewusst in den Schienenverkehr investieren. So könnten mit rund drei Milliarden Franken 200 Nachtzüge beschafft werden. «Mit den Bundesgeldern sollen nicht veraltete Strukturen erhalten, sondern in die Zukunft investiert werden», doppelt Vögeli nach.

Mit Steuergeldern für die Schweizer Luftfahrt will Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga Tausende Arbeitsplätze retten.
Foto: Keystone
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Die JGLP steht mit ihrem Widerstand nicht allein da. In einem offenen Brief fordern 46 Organisationen, Bewegungen und Parteien den Bundesrat dazu auf, den Luftverkehr nicht zu privilegieren. «Kein Sonderstatus für den Luftverkehr», lautet die Überschrift. Noch deutlicher werden zwei Petitionen von privaten Organisationen: keine Steuergelder für die klimaschädliche Flugbranche. Der Bundesrat solle auf jegliche Hilfe verzichten.

«Wir retten Arbeitsplätze»

Die Regierung aber sieht das anders. Sie will vorab die drei Flughäfen Zürich, Genf und Basel-Mülhausen sowie die Airlines wie Lufthansa-Tochter Swiss und Easyjet Switzerland bei Liquiditätsengpässen stützen. «Zusammen bieten sie für unser Land eine wichtige Infrastruktur», betonte SP-Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga (59) am Mittwoch vor den Medien. Auch hingen 190'000 Arbeitsplätze indirekt an der Luftfahrtindustrie. Sommaruga: «Wir retten Arbeitsplätze.»

Für die Finanzspritze werden aber strenge Bedingungen gestellt: «Das Geld muss in der Schweiz bleiben, egal, wem eine Firma gehört», stellt Sommaruga klar. Zudem dürften Unternehmen, die Bundeshilfen erhalten, keine Dividenden ausschütten. «Das ist für den Bundesrat nicht verhandelbar.»

Links-Grün stellt weitere Klima-Forderungen

Auch dem links-grünen Lager ist klar, dass die Luftfahrt zu den wichtigen Infrastrukturen des Landes zählt und Zehntausende Arbeitsplätze davon abhängen. Werden die Bedingungen des Bundesrats erfüllt, wehren sich SP und Grüne nicht grundsätzlich gegen die Finanzhilfe. Sie stellen gleichzeitig aber zusätzliche Klimaforderungen.

So sollen sich die Unternehmen zu einer langfristigen Strategie verpflichten, die Klimapolitik und Nachhaltigkeit berücksichtigt. Konkret heisst das etwa: kein Widerstand gegen eine Flugticketabgabe oder eine Beteiligung an der Entwicklung synthetischer Flugtreibstoffe. «Eine erneute Unterstützung des Luftverkehrs durch die öffentliche Hand kann nur ins Auge gefasst werden, wenn dieser grundlegend neu ausgerichtet wird», betont die Zürcher Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (40).

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, verlangen die Grünen vom Bundesrat, dass er für diese Finanzspritze ein Gesetz vorlegt, das im Parlament diskutiert werden kann. Chancen hat ihr Anliegen kaum. Nicht nur würde sich die Nothilfe dadurch deutlich verzögern. Auch will der Bundesrat die Klimapolitik und die Corona-Krise getrennt behandeln. Auf bürgerlicher Seite kommen zusätzliche Forderungen ebenfalls nicht gut an: «Es ist falsch, wenn man die Corona-Pandemie missbraucht, um den Flugverkehr einzuschränken», wird CVP-Nationalrat Martin Candinas (39) im «Tages-Anzeiger» zitiert.

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