Angst vor Trinkwasser-Initiative
Kehrtwende der Bauern

Der Druck der Öffentlichkeit wurde zu gross: Nun unterstützen die Bauern gesetzliche Massnahmen gegen zu hohe Pestizidwerte.
Publiziert: 13.10.2019 um 12:37 Uhr
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Camilla AlaborRedaktorin

Er ist der Meister des politischen Schachspiels: Markus Ritter (52), St. Galler CVP­-Nationalrat und Präsident des ­Bauernverbands. Nun aber hat sich Ritter für einmal verkalkuliert: Im Rahmen der parlamen­tarischen Debatte zur Trinkwasser-Initiative wehrte sich der höchste Bauer noch mit Händen und Füssen dagegen, gesetzliche Massnahmen zur Reduktion von Pestiziden auf Schweizer Äckern zu ergreifen.«Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen», zitierte Ritter den französischen Philosophen Montesquieu.

Doch mit jeder Studie, welche die Verschmutzung des Grundwassers zum Thema machte, kam Ritter mehr unter Druck. Zumal die Trinkwasser-Initiative durchaus Chancen hat: In einer Umfrage im Mai befürworteten 57 Prozent der Befragten die Forderung, dass nur noch jene Landwirte Direktzahlungen erhalten, die ohne künstliche Pestizide arbeiten.

Parlamentarische Initiative ohne konkrete Zahlen

Im Gegenwind der öffentlichen Meinung hat Ritter seine Taktik jetzt geändert. Als die national­rätliche Wirtschaftskommission ­diese Woche einen Vorstoss behandelte, der gesetzliche Zielwerte für die Reduktion von Pestiziden verlangte, stimmte Ritter dem zu. Wie erklärt er die Kehrtwende? Der Vorstoss sei ein Kompromiss, antwortet Ritter: «Unser Beitrag ist, dass wir bereit sind, die Diskussion über eine ­Gesetzesvorlage zu führen.»

Lange vertraten die Bauern die Meinung, dass keine zusätzlichen Massnahmen gegen die hohen Pestizidwerte nötig seien.
Foto: Keystone
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Dass nun selbst die Bauern Massnahmen auf gesetzlicher Ebene ­unterstützen, freut den Basler SP-Nationalrat Beat Jans (55). «Der Bauernverband hat gemerkt, dass er mit seiner Alles-oder-nichts-Strategie zu hoch pokert», sagt er. Gleichzeitig ist er skeptisch, ob mit dem Vorstoss tatsächlich etwas ­gewonnen ist. Denn die parlamentarische Initiative enthält keinerlei konkrete Zahlen zur Senkung der Pestizidwerte. Auch die Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy (40) sieht darin vor allem ein strategisches Manöver. «Die Bauern spielen weiterhin auf Zeit», sagt sie. Das eigentliche Problem aber bleibe bestehen: «Die Bevölkerung wird über die Trinkwasser-Initiative abstimmen, bevor feststeht, ob das ­Parlament bereit ist, den Einsatz von Pestiziden tatsächlich einzuschränken.»

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