Aeschi-Lager gegen Martullo-Anhänger
Steuerdeal spaltet die SVP

In der SVP kommt es zu einem Machtkampf um die wirtschaftspolitische Deutungshoheit. Im Ring stehen Fraktionschef Thomas Aeschi und Vize-Präsidentin Magdalena Martullo-Blocher.
Publiziert: 21.07.2018 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2018 um 03:59 Uhr
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hält den «Kuhhandel» zur Rettung der Unternehmenssteuerreform für chancenlos. Er will lieber bei der Entwicklungshilfe und der Ostmilliarde sparen.
Foto: Keystone
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Sermîn Faki

Deal or no Deal? Das ist die Frage, vor der die SVP steht. Und das in einem der wichtigsten politischen Geschäfte dieser Legislatur: der Reform der Unternehmenssteuern. Für die SVP hat dieser Entscheid gar noch eine grössere – personelle – Dimension.

Um die Steuerreform ins Trockene zu bringen, hat sich SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher (48) demonstrativ hinter den Kuhhandel aus dem Ständerat gestellt. Die kleine Kammer hat beschlossen, dass für jeden Franken, den Unternehmen an Steuern sparen, ein Franken in die Sanierung der AHV fliesst. Finanziert über höhere Lohnbeiträge. Damit soll die Reform dem Volk schmackhaft gemacht werden.

Aeschi torpediert Martullo-Blocher

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (39) will davon nichts wissen: Der Deal sei «chancenlos», sagt er und fordert, dass das Geld für die AHV anders zusammenkommt (BLICK berichtete): 1,3 Milliarden soll die Schweiz sparen, indem sie auf die Ostmilliarde zugunsten der EU-Staaten verzichtet. Zudem soll bei der Entwicklungshilfe und den Ausgaben im Asylbereich gekürzt werden.

Damit torpediert Aeschi nicht nur die Steuerreform, sondern auch Martullo-Blocher, die wirtschaftspolitische Vordenkerin der SVP.

«Keine Geschenke an die Linken»

Hinter wen stellt sich die Fraktion? Wer zu Aeschi hält – dessen Vorschläge der SVP-Linie einhundertprozentig entsprechen –, verärgert damit die einflussreiche Tochter von Partei-Übervater Christoph Blocher (77). Eine heikle Sache, weswegen sich nur wenige SVPler offen äussern wollen.

Zu ihnen gehört der St. Galler Nationalrat Roland Büchel (52). Er steht voll hinter Aeschi. «Wenn wir schon ein Päckli schnüren, dann sollten wir Dinge reinpacken, die uns wichtig sind», meint er. Zum Beispiel die Ost-Milliarde und die Entwicklungshilfe. «Es ist nicht an uns, den Linken Geschenke zu machen.»

Widerworte in der Fraktion

Andere wollen sich nicht exponieren, sparen hinter vorgehaltener Hand aber nicht mit Kritik an Martullo-Blocher. Sie denke nicht politisch, sondern sei ein Deal-Maker. «Sie sieht einen Deal, der ihr etwas bringt, und will ihn machen», sagt einer in Anspielung darauf, dass die Ems-Chefin als Unternehmerin grosses Interesse an einer schnellen Reform hat.

Als sie vor der Sommerpause in der Fraktion vehement für den «Kuhhandel» weibelte, habe sie einige Widerreden über sich ergehen lassen müssen.

Aeschi wird auflaufen

Doch Martullo ist nicht allein. Vielmehr ist die SVP-Fraktion tief gespalten. Einer, der der Vizepräsidentin den Rücken stärkt, ist der Aargauer Nationalrat und Fuhrhalter Ulrich Giezendanner (64). «Provokationen sind ja gut und schön», sagt er an Aeschis Adresse. «Man muss aber zwischen Wünschbarem und Machbarem unterscheiden können.»

Giezendanner ist überzeugt, dass Aeschis Anträge chancenlos sind: Zu einer Kürzung der Entwicklungshilfe werde die Linke nicht Hand bieten, zum Verzicht auf die Ostmilliarde niemand. «Aber wir brauchen diese Steuerreform», warnt er.

In diese Richtung äussert sich auch Giezendanners Aargauer Kollege Thomas Burgherr (55). Inhaltlich habe Aeschi recht – auch er wolle die Kohäsionsmilliarde nicht zahlen. «Aber ich zweifle sehr stark daran, dass das eine Mehrheit im Parlament findet.»

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