BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zur Energie-Abstimmung
Leuthard will die Wende

Besiegeln die Schweizer das Schicksal der AKW und buttern Milliarden in den Ausbau alternativer Energien? Die fünf wichtigsten Antworten zur Energie-Abstimmung vom 21. Mai.
Publiziert: 21.03.2017 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:19 Uhr
Nico Menzato
Ausgedampft: Der Bau neuer AKW soll verboten werden. Im Bild das Kernkraftwerk Gösgen.
Foto: GAETAN BALLY

Es ist eine der wichtigsten Volksabstimmungen in der Bundesratskarriere von Doris Leuthard. Am 21. Mai entscheidet das Volk über ihre Monstervorlage: das Energiegesetz. Das Volk richtet also mehr als sechs Jahre nach dem GAU im AKW Fukushima 2011 über den von der CVP-Energieministerin damals eingeschlagenen Kurs. Heute hat Leuthard den Abstimmungskampf eröffnet. Es dürfte ihr letztes grosses Gefecht sein. Beobachter gehen davon aus, dass die Aargauerin – seit 2006 Bundesrätin und derzeit Bundespräsidentin – Ende Jahr zurücktreten dürfte.

Heute stellt sie ihr Prestigeprojekt vor. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen:

1. Atomausstieg

Der Bau neuer sowie grosse Änderungen bestehender Kernkraftwerke werden verboten. Die bestehenden fünf AKW – Beznau I und II, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt dürfen so lange in Betrieb sein, wie sie als sicher eingestuft werden. Diesen Entscheid fällt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi). Ein fixes Abschaltdatum gibt es also nicht. Die Mühleberg-Betreiber haben allerdings bereits entschieden, ihr AKW bis Dezember 2019 stillzulegen. Bis 2034 soll es zurückgebaut sein. 

Die Energieunternehmen hätten aus rein marktwirtschaftlichen Gründen entschieden, keine neuen AKWs mehr bauen zu wollen, betonte Leuthard beim Startschuss ihrer Abstimmungskampagne heute in Bern. «Die Schweiz ist keine Inseln. Deshalb wird sich unsere Energieversorgung so oder so ändern.»

2. Ausbau erneuerbarer Energien

Die Schweiz will mehr Energie aus Sonne,  Wind, Geothermie (Erdwärme) und Biomasse herstellen. Die Hersteller dieser Energien werden subventioniert – mit der sogenannten kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV).

Foto: KEY

Das System ist befristet: Förderbeiträge für neue Anlagen werden bis fünf Jahre nach Inkrafttreten des Energiegesetzes bewilligt. Der Staat bezahlt den Betreibern kleiner Photovoltaik-Anlagen zudem einen Teil der Anfangsinvestitionen. Auch neuen und bestehenden Wasserkraftwerken greift der Staat unter die Arme – weil die Strompreise im Keller sind. 

«Die Fördermassnahmen werden auslaufen», sagt Leuthard. Und zur Kritik, wieso die Schweiz nicht stärker Strom importiert statt die Herstellung zu subventionieren, meinte sie, der Energiehandel sei nicht gleichzusetzen mit dem Joghurt-Handel. Die Schweiz habe ein staatspolitisches Interesse, eigene Energie herzustellen.

3. Steigerung der Energieeffizienz: Der Staat subventioniert die energetische Sanierung von Gebäuden. Zudem können Personen, die ein Haus abreissen, um ein neues zu bauen, die Rückbaukosten neu von den Steuern abziehen. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, mehr Gesamtsanierungen statt Teilsanierungen durchzuführen.

Foto: imago/Seeliger

Neben den Gebäuden wird der Hebel im Verkehr angesetzt: So soll der durchschnittliche CO2-Ausstoss von Neuwagen bis Ende 2020 auf 95 Gramm gesenkt werden. Zudem finanziert der Staat generell gewisse Projekte von Firmen oder Privatpersonen, die zu einem sparsameren Stromverbrauch beitragen.

Laut Leuthard hat die Schweiz bereits grosse Fortschritte erzielt: «Wir konnten den Energieverbrauch pro Kopf seit 2010 und 14 Prozent senken.» Es brauche aber weitere Anstrengungen.

4. Bessere Netze

 Die Energiewende gelingt nur, wenn gleichzeitig die Stromnetze ausgebaut werden.

Ein Teil der Wirtschaft stellt sich gegen die Energiestrategie. Diese sei zu teuer, argumentieren die Gegner. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Das neue Gesetz versucht, die Verfahren zu beschleunigen. So dürfen Einsprachen nicht mehr bis an Bundesgericht weitergezogen werden. Weitere Verbesserungen plant das Departement von Energieministerin Doris Leuthard in einem neuen Gesetz.

5. SVP gegen den Rest

Die Schweizerische Volkspartei ist gegen die Energiestrategie – sie hat erfolgreich das Referendum ergriffen. Die Kosten für die Bevölkerung und das Gewerbe seien zu hoch. «Natürlich ist der Energieumbau nicht gratis», sagt Leuthard dazu. Er sei aber für die Haushalte zumutbar. Die Gegner würden mit «Schreckensszenarien» und mit «völlig überzogenen und falschen Zahlen» operieren. 

Alle anderen Parteien sind dafür, in der FDP war der Entscheid allerdings sehr umstritten. Economiesuisse hat auf eine Parolenverfassung verzichtet – wegen unterschiedlichen Meinungen der verschiedenen Branchen. Die Abstimmung findet am 21. Mai statt.

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