Polizei setzt Wasserwerfer gegen eritreische Gruppen ein
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Bei Fest in Gerlafingen SO:Polizei setzt Wasserwerfer gegen eritreische Gruppen ein

Langzeit-Herrscher Isaias Afewerki ist Held und Hassfigur zugleich
Wegen ihm gehen Eritreer in der Schweiz aufeinander los

Immer wieder geraten Eritreer in der Schweiz aneinander. Am Sonntag erst in Gerlafingen SO. Meistens stehen sich Regimebefürworter und Oppositionelle entgegen. Doch woher kommt eigentlich die Gewalt? Blick beantwortet die drängendsten Fragen.
Publiziert: 03.04.2024 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2024 um 08:38 Uhr
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Sebastian BabicReporter Blick

Über 500 Eritreer gaben sich am Ostersonntag in der beschaulichen Gemeinde Gerlafingen SO aufs Dach. Der Grund dafür war ein Fest, bei dem rund 350 Anhänger den eritreischen Machthaber Isayas Afewerki (78) feierten. Daraufhin reisten aus der ganzen Schweiz rund 180 regimekritische Eritreer an. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen innerhalb der eritreischen Diaspora in der Schweiz. Doch warum ist das so? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Über das Osterwochenende kam es auch in Gerlafingen SO zu einem Zusammenstoss zwischen den beiden Lagern der eritreischen Diaspora. Die Polizei musste mit schwerem Gerät anrücken, um die Situation zu beruhigen.
Foto: Leserreporter
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Wieso kommt es immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstössen zwischen Eritreern?

Die Zusammenstösse zwischen Eritreern in der Schweiz resultieren aus der politischen und sozialen Spaltung innerhalb der eritreischen Diaspora. Diese ist zwischen Unterstützern und Gegnern des Regimes des ostafrikanischen Landes geteilt. Vor allem bei grösseren Veranstaltungen kam es in der Vergangenheit bereits mehrfach zu gewalttätigen Zusammenstössen zwischen den beiden Lagern.

Woher rührt der Konflikt?

Der Konflikt geht auf die politischen Verhältnisse in Eritrea zurück, wo das Regime unter Präsident Isaias Afewerki (78) als repressiv und autoritär gilt. Dies führt zu Spannungen sowohl innerhalb des Landes als auch in der Diaspora, einschliesslich jener in der Schweiz. Afewerki führt das afrikanische Land seit 1993 als Präsident, zuvor leitete er die eritreische Volksbefreiungsfront, die in einem jahrzehntelangen Krieg gegen Äthiopien die Unabhängigkeit erkämpfte, weshalb er für gewisse Eritreer auch heute noch als Nationalheld gilt.

Ein jahrzehntelanger Konflikt in Eritrea erreicht immer mehr die Schweiz. In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren gewalttätigen Abrechnungen zwischen Regimebefürwortern und -gegnern.
Foto: keystone-sda.ch

Weshalb gibt es in der Schweiz auch regimetreue Eritreer?

In der Schweiz gibt es regimetreue Eritreer, weil ein Teil der Diaspora Langzeitherrscher Afewerki und seine Politik unterstützt. Ein wichtiger Teil dieser Gruppe ist zwischen 1980 und 1999 in die Schweiz emigriert. Laut «NZZ» gilt dies aktuell für rund 600 Personen, die Dunkelziffer der Regimetreuen dürfte aber deutlich höher sein. Offizielle Statistiken dazu gibt es nicht.

Zwischen den 70er- und 90er-Jahren galt Afewerki als Held, weil er Eritrea in die Unabhängigkeit von Äthiopien führte. Seit der Jahrtausendwende kommen jedoch überwiegend regimekritische Eritreer in die Schweiz, die vor Verfolgung im eigenen Land flüchten.

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Unter welchen Umständen erhalten Eritreer in der Schweiz Asyl?

Eritreer erhalten in der Schweiz Asyl, wenn sie glaubhaft machen können, dass ihnen in ihrem Heimatland Verfolgung aus politischen, religiösen, sozialen Gründen oder wegen ihrer Rasse droht. Besonders Deserteure werden in der Schweiz vorläufig aufgenommen, da sie bei Militärdienstverweigerung drakonische Strafen und Folter erwarten. Früher galt bereits die illegale Ausreise aus Eritrea als Asylgrund. Dies wurde 2017 geändert.

Wie gross ist die eritreische Diaspora in der Schweiz? Wie ist sie organisiert?

Die eritreische Diaspora in der Schweiz besteht laut Bundesrat im Herbst letzten Jahres aus deutlich über 40'000 Personen. Sie ist durch verschiedene Gemeinschaftsorganisationen, kulturelle Vereine und politische Gruppierungen geprägt, die ein breites Spektrum politischer Ansichten vertreten – von Regimekritikern bis zu Regimeanhängern. Die Schweiz gehört zu den beliebtesten Fluchtländern der Eritreer. Insbesondere, weil in der Schweiz schon eine grosse Gemeinschaft aus Eritreern leben.

Welche Zusammenstösse sorgten in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen?

In den vergangenen Jahren sorgten mehrere gewalttätige Auseinandersetzungen für Schlagzeilen, darunter die Massenschlägerei im Glattpark in Opfikon und Ausschreitungen in anderen europäischen Städten, die mit der eritreischen Diaspora und deren politischen Spannungen in Verbindung stehen.

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