Gemeindepräsident von St. Antoni FR: «Wir dürfen da nur mit Polizeischutz hin»
Ein Dorf hat Angst vor dem Lotterhof

St. Antoni FR zittert vor Joe S.* (60). Der hat einen Lotterhof und hat mit allen Streit. Sogar der Gemeindepräsident braucht bei Besuchen Polizeischutz.
Publiziert: 16.06.2017 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:14 Uhr
Gabriela Battaglia

Im beschaulichen St. Antoni FR geht seit Jahren die Angst um. Wegen Joe S.* (60), der im 2034-Einwohner-Dorf im Sensebezirk viel Land und noch mehr Tiere besitzt. Das Anwesen bei der Sebastianskapelle sticht sofort ins Auge. Rechts und links der Strasse herrscht Chaos. Ausrangierte Fahrzeuge, daneben ein zusammengeflickter Unterstand für die Schafe. Der Boden besteht aus Dreck, eine Seite ist mit Plastikblachen abgedeckt. Drei Schafe fressen in der sengenden Hitze Brennnesseln.

«Die jungen Schafe brüllen die ganze Nacht», sagt ein Nachbar. «Er trennt sie von den Muttertieren.» Niemand will namentlich genannt werden. «Alle haben Angst», sagt ein anderer Anwohner. «Seine Pferde haben nur ein winzig kleines Dreieck als Auslauf. Zu fressen gibt es dort nichts.»

Im Dorf ist der Bauer immer wieder Gesprächsthema

Tatsächlich hat Joe S. rund 60 Milchschafe, 30 Lamas, dazu Pferde, Ziegen und Strausse. «Er schaut nicht zu ihnen, sie tun mir leid», heisst es im Restaurant Senslerhof im Dorfzentrum. «Dieser Mann ist eine Schande für unser Dorf. Niemand macht etwas, sogar die Polizei hat Angst!»

Tier-Messie Joe S. baute diesen Unterstand für die Schafe.
Foto: Peter Gerber
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Joe S. scheint auch der Jakobsweg auf seinem Land egal zu sein. «Die Wegmacher können die Pilgerroute nicht säubern, weil sie von ihm bedroht werden», sagt ein Gast.

Gemeindepräsident Ernst Leiser (54) kennt die Problematik. Er ist seit einem Jahr im Amt – bei Joe S. hat er noch nie geklingelt: «Wir haben die Anweisung, nur mit Polizeischutz dort hinzugehen. Es ist sehr schwierig, mit ihm zu verhandeln. Er bewegt sich am Limit zwischen Legalität und Illegalität.»

Der Streit schwelt seit Jahren. «Ein heikler Fall, diverse Ämter sind involviert», sagt Leiser, der selbst Bauer ist. «Scheinbar will sich niemand die Finger verbrennen. Als Gemeinde sind uns die Hände gebunden.» 

Gemeinde hadert mit Kanton

Joe S. ist bei jeder Gemeindeversammlung ein Thema. Leiser nervt sich: «In diesem Fall scheint vieles durchzugehen, was bei anderen Landwirten sanktioniert wird. Als Bauer bin ich, wie viele meiner Berufskollegen, frustriert, dass hier die zuständigen Ämter nicht durchgreifen.»

Der Kanton gab dem Tier-Messie eine provisorische Baubewilligung für einen Stall. Sie wurde mehrmals verlängert. Doch Joe S. begann nur mit dem Aushub. Das Kantonsgericht ist involviert.

Das Veterinäramt in Freiburg hält sich bedeckt. «Der Fall ist uns bekannt», sagt Vize-Kantonstierarzt Michel Schmitt. «Es läuft ein Verfahren.» BLICK weiss: Es geht auch um die Tierhaltung. Passiert ist bisher nichts: Das Verfahren läuft seit längerem.

Joe S. weist alles von sich. «Ich weiss nicht, wieso alle Angst vor mir haben. Ich bin halt ein Alternativer. Ich habe eine Jockey-Ausbildung», sagt er. «Die Einheimischen akzeptieren mich nicht, weil ich ein Auswärtiger bin. Ich schaue gut zu meinen Tieren.»

*Name der Redaktion bekannt

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