Frankreich nimmt Abschied
«Adieu et merci, Monsieur Chirac»

Frankreich hat mit einer eindrucksvollen Trauerfeier von seinem ehemaligen Präsidenten Jacques Chirac Abschied genommen. Polit-Prominenz aus Frankreich und aller Welt erwies dem Franzosen am Montag in der Pariser Kathedrale Saint-Sulpice die letzte Ehre.
Publiziert: 30.09.2019 um 11:53 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2019 um 16:34 Uhr

Mit den Worten «Adieu et merci, Monsieur Chirac» verabschiedete sich Erzbischof Michel Aupetit während seiner Predigt von dem im Alter von 86 Jahren gestorbenen Chirac. Zum ersten Mal seit der schrecklichen Brandkatastrophe im April wurde die Glocke von Notre-Dame wieder geläutet. Den ganzen Montag über herrschte in Frankreich Staatstrauer.

Staatschefs aus der ganzen Welt nehmen Abschied

Zu der grossen Trauerfeier kamen zahlreiche internationale Gäste, darunter Bill Clinton, Kremlchef Wladimir Putin, Monacos Fürst Albert II., Bundesrat Guy Parmelin, der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Afghanistans Ex-Präsident Hamid Karsai, Libanons Regierungschef Saad Hariri, Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani oder Luxemburgs Grossherzog Henri. Chirac war vergangenen Donnerstag gestorben.

Auch die französischen Ex-Präsidenten François Hollande, Nicolas Sarkozy und Valéry Giscard d’Estaing erwiesen Chirac die letzte Ehre. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte waren ebenfalls in der Kirche, so wie auch zahlreiche Persönlichkeiten aus der französischen Politik und Gesellschaft.

Polizeieskorte für den Sarg von Jacques Chirac. Mit einer eindrucksvollen Trauerfeier wurde dem ehemaligen französischen Präsidenten die letzte Ehre erwiesen.
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Chiracs Witwe fehlt

Auffällig war das Fehlen von Chiracs Witwe Bernadette. Medien berichteten, dass sie dem Gottesdienst aus gesundheitlichen Gründen fernblieb. Ebenfalls nicht in Paris war EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker – er war laut Élysée erwartet worden. Die Europäische Kommission gab auf Nachfrage keinen Grund für die Abwesenheit an und wollte mögliche gesundheitliche Gründe nicht bestätigen.

Tausende Franzosen verabschiedeten Ex-Präsident

Erzbischof Aupetit würdigte Chirac in seiner Predigt als einen «warmherzigen Mann», der eine wahre Liebe für die Menschen gehabt habe. Er habe sich in den Räumen des Élysée genauso wohl gefühlt wie auf Landwirtschaftsmessen. Der Sarg Chiracs wurde Berichten zufolge von Chiracs ehemaligen Leibwächtern in die Kirche und wieder hinaus getragen. Saint-Sulpice ist nach Notre-Dame die zweitgrösste Kirche von Paris, Chirac wohnte unweit des Gotteshauses.

Am Morgen hatte sich Macron in der Pariser Kathedrale Saint-Louis-des-Invalides bei einer militärischen Zeremonie von Chirac verabschiedet. In der Kirche am Invalidendom konnten die Franzosen am Sonntag persönlich am Sarg von ihrem ehemaligen Präsidenten Abschied nehmen. Bis in die Nacht bildeten sich hunderte Meter lange Schlangen, Tausende Menschen kamen.

Die wichtigsten Stationen seiner politischen Karriere

  • 1932: Chirac kommt am 29. November in Paris auf die Welt.

  • 1956: Chirac heiratet die Adelige Bernadette Chodron de Courcel, die er an der Elite-Hochschule Sciences Po kennengelernt hat. Das Paar bekommt zwei Töchter, Laurence und Claude.

  • 1962: Nach seinem Militärdienst in Algerien, einem Abschluss an der Kaderschmiede ENA und einer Anstellung am Rechnungshof beginnt Chirac im Stab des damaligen Premierministers Georges Pompidou.

  • 1967: Als Abgeordneter für das zentralfranzösische Département Corrèze zieht Chirac in die Nationalversammlung ein. Im selben Jahr wird er Staatssekretär, später bekleidet er mehrere Ministerämter.

  • 1974: Mit 41 Jahren wird Chirac Premierminister unter Staatschef Valéry Giscard d'Estaing, zwei Jahre später tritt er aber zurück.

  • 1976: Chirac gründet seine Partei RPR, die 2002 in der neuen konservativen Partei UMP aufgehen wird.

  • 1977: Der konservative Politiker wird Bürgermeister von Paris, das Amt hat er 18 Jahre lang inne, bis 1995.

  • 1981: Chirac bewirbt sich erstmals um das Präsidentenamt, scheitert aber - wie auch bei den Wahlen sieben Jahre später.

  • 1986: Unter dem sozialistischen Präsidenten François Mitterrand wird Chirac erneut Premier. Es ist die erste Kohabitation in Frankreich, bei der Präsident und Premier aus gegnerischen politischen Lagern kommen.

  • 1995: Bei seinem dritten Anlauf gewinnt Chirac die Präsidentschaftswahl. Mit Atomwaffentests zieht er bald den Zorn von Umweltschützern und Atomwaffengegnern in aller Welt auf sich.

  • 1997: Chirac löst die Nationalversammlung auf und setzt Neuwahlen an, weil er auf eine stabilere Mehrheit hofft. Die Konservativen verlieren aber, und Chirac muss fortan mit einem sozialistischen Premier, Lionel Jospin, zusammenarbeiten.

  • 2002: Chirac wird für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Das Rekordergebnis von 82 Prozent erzielt er, weil es der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen überraschend in die Stichwahl schafft und deshalb im zweiten Wahlgang auch viele Sozialisten für Chirac stimmen.

  • 2003: Chirac stellt sich - zusammen mit deum deutschen Kanzler Gerhard Schröder - gegen den US-Einmarsch in den Irak.

  • 2005: Der Staatschef erleidet einen Schlaganfall. In den folgenden Jahren hat er immer wieder gesundheitliche Probleme.

  • 2007: Chiracs Amtszeit endet, Nachfolger im Elysée-Palast wird der Konservative Nicolas Sarkozy, zu dem Chirac ein sehr gespanntes Verhältnis hat.

  • 2011: Wegen Scheinarbeitsstellen in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister wird Chirac zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Es ist die erste Verurteilung eines französischen Ex-Staatschefs.

  • 2016: Jacques Chiracs Tochter Laurence stirbt im April im Alter von 58 Jahren. Die ältere der beiden Töchter des Ex-Präsidenten litt seit ihrer Jugend unter Magersucht.

  • 2019: Am 26. September stirbt Jacques Chirac im Alter von 86 Jahren.

(SDA)

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