FDP-Noser über die Cryptoleaks
«Der Feind kam aus dem Osten»

Die Amerikaner haben ein Problem mit der Glaubwürdigkeit, nicht die Schweiz, sagt Ständerat und IT-Unternehmer Ruedi Noser.
Publiziert: 16.02.2020 um 10:41 Uhr
|
Aktualisiert: 17.02.2020 um 09:27 Uhr
Interview: Reza Rafi

Altgediente FDP-Politiker stehen im Fadenkreuz.

Ruedi Noser: Das ist kein freisinniges Probl­em, denn es stellen sich Fragen, welche drei Departemente über mehrere Jahrzehnte betreffen. Ich wüsste auch nicht, wer im Fadenkreuz steht.

Kaspar Villiger, Rolf Schweiger und Georg Stucky zum Beispiel.

Die Untersuchungen müssen jetzt alles lückenlos aufklären. Freisinnige Leute sind gute Leute, entsprechend haben sie auch Funktionen in der Wirtschaft. Wir sind für das Gute verantwortlich. Nur wer nichts macht, macht keine Fehler. Ich gehe ­davon aus, dass das in zwei ­Wochen in der Öffentlichkeit kein Thema mehr sein wird. An den Fall Tinner erinnert sich heute niemand mehr.

Wir werden sehen ...

Hat jemand zugelassen, dass man im Inland für einen ausländischen Geheimdienst arbei-tete? Wenn ja, wie lange? Diese Fragen müssen geklärt werden. Nicht mehr und nicht weniger. Da hilft es auch nicht, wenn SRF den Armeeverhinderer Jo Lang als Experten beizieht.

"Vom Fall Tinner redet heute niemand mehr", so FDP-Politiker Noser.
Foto: Keystone
1/7

Crypto-Leaks als reine Hysterie?

Ich sehe das als wichtige Ver­gangenheitsbewältigung. Den Eigen­tümer der Firma hat man seit Anfang der 1980er-Jahre nie gekannt. Von daher musste man wissen, dass etwas mit der Sache nicht koscher ist.

Hätte man damals wachsamer sein müssen?

Ich kann nicht beurteilen, ob man wegschaute. Klar ist: Wir waren Weltführer in der Kryptologie. Da war man auch stolz ­darauf. Aber machen wir uns nichts vor: Zu meiner Zeit im ­Militär hatten wir nie gegen die USA eine Übung gemacht. Der Feind kam immer aus dem Osten.

Rekrut Noser, der Kalte Krieger.

Wir waren neutral, aber ganz klar im westlichen System integriert neutral. Es war immer eine Neutralität, aber eine westliche Neutralität.

Die Schweiz ist wichtiger IT-Standort – Google Maps, Threema und Blockchain- Firmen sind hier. Droht ein Imageschaden?

Man muss technisch unterscheiden: Kryptografie konnte man in den Sechziger- und Siebzigerjahren nur betreiben, wenn man die richtigen Algorithmen und die richtige Technik hatte. Heute kann das jeder machen. Die Verschlüsselung ist heute de-mokratisierter geworden. Man sieht, wie sogar die Amerikaner heute Mühe haben, gewisse Systeme zu knacken. Darum ist Crypto-Leaks nur die historische Aufarbeitung einer unschönen Geschichte.

Nochmals: Sie sind IT-Unternehmer. Für den Standort Schweiz ist das alles unerheblich?

Da sehe ich keine Gefahr. Man ist in der Schweiz wegen der guten Leute und der guten Ausbildung, wegen des guten Investi­tionsklimas und des liberalen Rahmens. Die Frage ist: Setzen sich die USA gegen die chinesische Dominanz bei 5G ein, weil sie für eine bessere Welt sind? Oder aus anderen Gründen? Sie sehen: Die Glaubwürdigkeit der Amerikaner steht auf dem Spiel, nicht jene der Schweiz.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?