«Die Show ist völlig separat vom Publikum»
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ESC-Chef zu Corona-Versuch:«Die Show ist völlig separat vom Publikum»

ESC-Vorsitzender Frank-Dieter Freiling zu Corona-Versuch
«Wir wollten nicht nochmal absagen»

Beim Eurovision Song Contest (ESC) in Rotterdam dürfen trotz anhaltend hoher Infektionszahlen Zuschauer dabei sein. Blick TV sprach mit Frank-Dieter Freiling, dem Vorsitzenden des ESC-Zentralkomitees.
Publiziert: 05.05.2021 um 20:04 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2021 um 07:18 Uhr

Europas grösstes TV-Erlebnis, das vormals unbekannte Sängerinnen und Sänger wie Céline Dion (53) oder Conchita Wurst (32) zu Superstars machte, ist mit einer riesigen Organisation verbunden. Wegen Corona dieses Jahr umso mehr. Denn trotz steigender Infektionszahlen in den Niederlanden kann die Veranstaltung in einem bewilligten Feldversuch mit Publikum über die Bühne gehen.

Das verlangt von den Organisatoren eine historische Detailplanung. Blick konnte mit dem Mann sprechen, der alle Fäden zusammenhält: Frank-Dieter Freiling (57), Vorsitzender der Reference Group des ESC.

Blick: Herr Freiling, hinter Ihnen liegen wohl intensive Monate. Wie kam es zu diesem Feldversuch am ESC mit 3500 Zuschauerinnen und Zuschauern ohne Maske und Abstand?
Frank-Dieter Freiling: Das ist ein wenig das Beiprodukt. Letztes Jahr mussten wir schweren Herzens absagen. Uns war klar, dass uns das nicht noch einmal passieren soll. Das heisst, wir haben schon damals begonnen, parallel vier verschiedene Szenarien durchzuplanen. Erst Anfang Februar haben wir uns auf das jetzige Modell fokussiert. Mit einem Konzept, das uns ermöglicht, Zuschauer willkommen zu heissen. Letztendlich lag das aber nicht in unserer Hand, die niederländische Regierung musste das entscheiden. Natürlich gibt es gewisse Kontrollgrenzen wie die Zahl der besetzten Notfallbetten, die Inzidenzzahlen. Wir planen momentan, wissen aber erst, wenn wir mit der ersten Liveshow starten, ob es auch wirklich klappt.

Die Vorbereitungen für den Mega-Event sind in vollem Gang.
Foto: keystone-sda.ch
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Wie muss man sich die Organisation dieses Mega-Event-Versuchs vorstellen?
Die Show ist völlig separat vom Publikum. Erst seit letzter Woche wissen wir, dass die Publikumsvariante eine Option ist. Wir haben ein Gesundheitskonzept erstellt, ähnlich dem, wie es in Australien beim Tennis der Fall war. Das heisst, die Delegationen der Teilnehmenden sind in einer Bubble, bewegen sich nur in einem Kreis zwischen Hotel und Arena – möglichst ohne Drittkontakte. Alle Eventualitäten haben wir eingeplant, zum Beispiel mögliche Quarantäne-Situationen. Wir versuchen, einen Kreis von weit über tausend Leuten in einer Bubble zusammenzuhalten, die, trotz Show mit Publikum, nicht mit dem Publikum in Kontakt kommen wird. Da werden wir auf eine strikte Trennung achten, damit es keine Überschneidungen gibt.

Keine Überschneidungen, sagen Sie. Trotzdem: Wenn man das hört, kann man davon ausgehen, dass sich die einen oder anderen tatsächlich mit Corona anstecken werden.
Das kann Ihnen auch beim Einkaufen passieren. Oder in der U-Bahn. Wir alle wissen, dass es immer ein Risiko gibt. Auch dafür, was passiert, wenn sich eine Person infiziert, haben wir einen klaren Plan. Jeder Gast, jeder Teilnehmer innerhalb der Bubble, wird sich alle 48 Stunden testen lassen müssen, damit wir auf dem neusten Stand sind. Egal, ob er geimpft ist oder nicht. Ein positives Ergebnis führt zu einer sofortigen Isolation, auch für die Personen im Umfeld. Von allen Delegationen haben wir im Vorfeld schon den Auftritt als Video gefilmt, um gewappnet zu sein. Das sind die neuen Formen der Unterhaltung. Das Virus wird uns noch lange nicht verlassen, wir werden uns einfach mit der neuen Normalität anfreunden und präpariert sein müssen. Absolute Sicherheit gibt es nirgendwo.

Der ESC ist der wohl bekannteste Testanlass, es werden weitere folgen. Wie gross ist der Druck?
Die Holländer haben rund 20 Veranstaltungen definiert, wo sie diese Testversuche durchführen wollen, sofern es Rahmenbedingungen, Eckdaten und Inzidenzen ermöglichen. Es hat schon verschiedene Konzerte und Volksfeste gegeben, die Invictus Games werden folgen. Nun schauen natürlich alle mit grosser Spannung auf die Fussball-EM im Juni. Uns war es wichtig, dass wir in diesen Zeiten der Herausforderung und in Zeiten, in denen in Europa Grenzen geschlossen waren, zumindest mit diesem grössten Event im Unterhaltungsbereich zeigen, dass Europa verbindet und etwas Gemeinsames hat. Wir setzen alles daran, drei grossartige Shows zu präsentieren. In den letzten Jahren war es fast jeder zweite Europäer, der in der einen oder anderen Form zugeschaut hat. Das bringt Europa dann vielleicht auch ein bisschen zusammen.

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