Das bedeutet die Flüchtlingskrise für die Schweiz
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Sondersendung:Das bedeutet die Flüchtlingskrise für die Schweiz

Die wichtigsten Fragen zur Flüchtlingskrise an der griechischen Grenze
Hier ist die Freiheit zum Greifen fern

An der griechischen Grenze eskaliert die Situation. Der türkische Machthaber Erdogan schickte Tausende Flüchtlinge und Migranten in Richtung Europa. Die Griechen empfangen sie mit Tränengas. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zur Krise vor den Toren Europas.
Publiziert: 02.03.2020 um 23:18 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2020 um 14:13 Uhr
Michael Sahli

Die Bilder gingen um die Welt. Griechische Grenzübergänge, mit Stacheldraht verbarrikadiert. Grenzwächter, die mit Tränengas auf wehrlose Migranten und Flüchtlinge schiessen. Mehrere Personen kamen gestern beim Versuch, von der Türkei nach Europa zu gelangen, ums Leben. Die Bilder erinnern an die Flüchtlingskrise 2015. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie ist die aktuelle Situation an der türkisch-griechischen Grenze?

Die Stimmung ist explosiv: Gegen 15'000 Migranten und Flüchtlinge stehen an der Grenze zu Griechenland und wollen nach Westeuropa. Sie alle hörten, wie der türkische Machthaber Recep Tayyip Erdogan (66) am Samstag in Istanbul sagte: «Wir haben die Tore geöffnet.» Nur: Auf griechischer Seite sind die Tore alles andere als offen. Die Migranten werden mit Tränengas und Stacheldraht am Grenzübertritt gehindert. Eine Person wurde erschossen, berichtete ein BBC-Journalist. Ein Kind ertrank vor Lesbos, nachdem ein Boot gekentert war. Die Griechen bleiben aber hart – und kündigten sogar an, Schiessübungen in der Region durchzuführen!

Journalisten auf Lesbos berichten zudem von Gewaltausbrüchen in der griechischen Bevölkerung: Boote werden am Anlegen gehindert, Migranten und Medienschaffende angegriffen.

Die Lage an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland spitzt sich laufend zu.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
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Warum hat Erdogan die Grenzen nach Europa geöffnet?

Es geht um Geld, die Kurden und verletzten Stolz. Erdogan machte am Samstag deutlich, dass er sauer auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (65) ist. Diese habe versprochene Zahlungen nie geleistet: «Ich habe sie angerufen und nachgefragt. Sie sagte, das Geld sei bereit. Ich sagte, wenn Sie es uns wirklich geben wollen, dann geben Sie es uns. Wenn nicht, dann ...»

Auch forderte Erdogan von Merkel eine «gerechte Aufteilung der Last und der Verantwortung gegenüber Migranten».

2016 hatten sich Brüssel und Ankara geeinigt, dass Migranten und Flüchtlinge in der Türkei bleiben sollen, statt in die EU weiterzureisen. Fast vier Millionen sitzen darum in der Türkei fest. Dafür versprach die EU einen Milliardenbetrag. Nur wurde dieses Geld an Hilfsorganisationen statt an die türkische Staatskasse bezahlt, was Erdogan nicht akzeptiert.

Gleichzeitig wünscht sich der türkische Machthaber, dass Europa ihn im Syrien-Konflikt unterstützt.

Wie ist die Lage in Syrien?

Die Türkei hat sich in einen immer blutigeren Konflikt hineinmanövriert. Erdogan unterstützt verschiedene Rebellengruppen, der russische Machthaber Putin (67) die syrische Regierung. Das führte zu einem Streit, der sich laufend zuspitzt. Bei einem Luftschlag wurden bei Idlib nun 33 türkische Soldaten getötet. Erdogan hat am Freitag mit Gegenangriffen reagiert.

Wie reagiert die EU auf die Flüchtlinge?

Griechenland zeigt Härte. So will man für einen Monat keine Asylanträge mehr akzeptieren. Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis forderte Unterstützung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (61). Die EU-Grenzschutzagentur Frontex malte ein düsteres Bild, rechet mit «Massenmigrationsströmen». Laut «Spiegel» wurde diskutiert, dass Grenzschützer von anderen Grenzübergängen nach Griechenland entsandt werden könnten.

Was bedeutet das für die betroffenen Flüchtlinge und Migranten?

Im politischen Kräftemessen zwischen der EU und Erdogan sind sie die Leidtragenden. Manche sitzen fest im Niemandsland, der Pufferzone zwischen der Türkei und Griechenland. In Griechenland wartet aber kein besseres Leben – sondern Tränengas, Stacheldraht und der Hass der Einheimischen, die mancherorts schon seit Jahren mit überfüllten Lagern leben müssen. Zurück können viele aber auch nicht mehr. Nahost-Experte Erich Gysling spricht denn auch von einer «humanitären Tragödie» (siehe Interview).

Sondersendung zur Krise an der EU-Grenze ab 8 Uhr auf Blick TV.

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