Deutschland
Tausende protestieren gegen hohe Mieten - Volksbegehren in Berlin

Aus Unmut über steigende Mieten sind in mehreren deutschen Städten Tausende Menschen auf die Strasse gegangen. Die meisten Demonstranten versammelten sich an einem landesweiten Protesttag in Berlin.
Publiziert: 06.04.2019 um 20:29 Uhr

In manchen Teilen der deutschen Hauptstadt sind kaum noch erschwingliche Wohnungen im Angebot. In Berlin begann gleichzeitig auch ein bislang einmaliges Volksbegehren zur Enteignung grosser Wohnungskonzerne.

Die Berliner Polizei wollte keine konkrete Teilnehmerzahl nennen, sprach aber von einer Grössenordnung «weit über 10'000". Die Veranstalter nannten die Zahl von 40'000 Demonstranten, Beobachter zählten 20'000.

«Wohnen ist Grundrecht» und «Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn» stand auf Transparenten der Demonstranten. Die lange und bunte Demonstration zog vom Alexanderplatz durch die teuren Szene-Stadtteile Friedrichshain und Kreuzberg nach Treptow, wo in einer Halle eine Immobilienmesse stattfand. Trommel- und Tanzgruppen sorgten für Musik. Neben zahlreichen jungen Menschen waren auch auffällig viele Ältere dabei.

Auch in München, Köln, Dresden, Göttingen und Hannover protestierten Menschen gegen steigende Mieten. Das Protestbündnis von Mietervereinen und weiteren Initiativen sprach von Demonstrationen in 19 Städten mit 55'000 Teilnehmern. In europäischen Metropolen wie Paris, Barcelona und Lissabon waren ebenfalls Proteste geplant.

Am Rande des Protestes in der deutschen Hauptstadt lagen auf Tischen Listen aus, auf denen man für das Volksbegehren unterschreiben konnte.

Die Initiatoren haben jetzt sechs Monate Zeit, um für die erste Stufe des Volksbegehrens 20'000 Unterschriften zu sammeln. Das Volksbegehren fordert, dass Immobilienfirmen mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet werden.

Das Land Berlin soll die Wohnungen den Firmen zwangsweise abkaufen. Das könnte das hoch verschuldete Land Berlin mehr als 30 Milliarden Euro kosten. Allerdings ist das Volksbegehren für den Berliner Senat rechtlich nicht bindend. Es geht nur um eine Aufforderung, ein Gesetz zur Enteignung zu beschliessen.

Vor dem Start des Volksbegehrens hatten Wirtschaftsverbände und Politiker vor Enteignungen gewarnt. Ein Hauptargument ist, dass dadurch kein neuer Wohnraum entstehen würde.

SPD-Chefin Andrea Nahles sagte der «Bild am Sonntag», sie verstehe die Wut auf Wohnungskonzerne, «die jeden Cent aus den Mietern rauspressen wollen". Statt Enteignungen wolle die SPD einen «Mietenstopp und das verfügbare Geld in bezahlbaren Wohnraum investieren, damit mehr Wohnungen entstehen".

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte auf dem Parteitag der nordrhein-westfälischen Liberalen in Duisburg: «Mit Enteignungen wird nicht eine einzige neue Wohnung geschaffen.» Es würden nur private Investoren verschreckt, die neue Wohnungen bauen könnten. «Ich verstehe die Menschen, die für bezahlbares Wohnen demonstrieren, aber sie demonstrieren gegen die Falschen», sagte Lindner.

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hatte sich dafür ausgesprochen, mehr günstigen Wohnraum zu schaffen, der dann auch günstig bleiben müsse. Dafür müsse der Bund auch Geld in die Hand nehmen, eine Milliarde im Jahr beispielsweise, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Zudem werde eine Mietpreisgarantie gebraucht, die es Menschen ermögliche, in ihren Wohnungen zu bleiben. Die Mietpreisbremse habe nicht gewirkt.

Die Proteste in anderen deutschen Städten blieben kleiner als in der Hauptstadt. In Leipzig sprachen die Veranstalter von 2000 Demonstranten, in Dresden von 500.

In München demonstrierten nach Polizeiangaben etwa 300 Menschen - deutlich weniger, als von den Organisatoren erwartet. In Stuttgart, Freiburg, Heidelberg und Mannheim waren es zusammen mehrere Hundert Menschen, die auf die Strassen gingen. In der Bankenstadt Frankfurt beteiligten sich 150 Demonstranten, in Hannover und Göttingen waren es jeweils 70 bis 80 Teilnehmer.

(SDA)

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