Bundesstrafgericht
Ermittler auf Bärenjagd: Prozess am Bundesstrafgericht hat begonnen

Zu Beginn des Prozesses gegen einen ehemaligen Russland-Spezialisten der Bundeskriminalpolizei haben am Freitag Bundesanwalt Michael Lauber sowie Bundesstaatsanwalt Patrick Lamon als Zeugen ausgesagt. Im Fall geht es um mehrfache Vorteilsnahme.
Publiziert: 31.05.2019 um 07:01 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2019 um 15:02 Uhr

Die russischen Behörden sollen dem 59-jährigen, ehemaligen Angestellten der Bundeskriminalpolizei, der eng mit der Bundesanwaltschaft zusammenarbeitete, Hotelkosten und eine einwöchige Bärenjagd auf Kamtschatka bezahlt haben.

Die Bundesanwaltschaft verurteilte deshalb den Ermittler in ihrem Strafbefehl wegen mehrfacher Vorteilsannahme zu einer bedingten Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu 190 Franken und einer Busse von 2500 Franken. Weil der überwiegende Teil des Strafverfahrens eingestellt wurde, auferlegte die Bundesanwaltschaft dem Russland-Spezialisten lediglich 1100 Franken der Verfahrenskosten von total 5500 Franken.

Da der Russland-Kenner den Strafbefehl anfocht, muss sich das Bundesstrafgericht in Bellinzona mit dem Fall befassen. Ursprünglich war der Prozess auf den 4. Juni angesetzt. Um die Vernehmung von Michael Lauber als Zeuge zu ermöglichen, wurde der Beginn der Hauptverhandlung wegen Terminproblemen vorgezogen.

Lauber attestierte dem Beschuldigten in seiner Zeugenaussage Kompetenz und Enthusiasmus, «fast schon ein Sendungsbewusstsein". Seine Kenntnisse in der Interkulturalität seien für die Verfahren der Bundesanwaltschaft sehr hilfreich gewesen.

Zudem habe er als Dolmetscher gewirkt. Von dessen Reisen zwischen 2014 und 2016, die von russischen Behörden bezahlt wurden, habe er nichts gewusst und erst aus dem Strafbefehl erfahren.

Ursprünglich waren dem Angeklagten weitere Delikte vorgeworfen worden. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) hatte im Februar 2017 auch Strafanzeige wegen Amtsanmassung, Amtsmissbrauchs und Bestechung eingereicht. Diesbezüglich wurde die Strafuntersuchung jedoch eingestellt.

Am Freitag Vormittag hatte Bundesstaatsanwalt Patrick Lamon als Zeuge ausgesagt und sein Verhältnis zum Beschuldigten beschrieben. Er hatte als Chef für Wirtschaftskriminalität direkt mit ihm zu tun und auch eine Reise nach Usbekistan unternommen.

Von den Jagdreisen des Beschuldigten habe er erst im Nachhinein erfahren. Die Teilnahme sei nicht im Sinne der BA gewesen. Der Beschuldigte sei selbst zu ihm ins Büro gekommen, um zu sagen, er habe eine grosse Dummheit gemacht, als er mit einem Diplomatenpass reiste.

Dominic Nellen, der Verteidiger des Angeklagten, hatte die Befragung von Lauber und Lamon während der Strafuntersuchung mehrmals beantragt, wie er auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Die Anträge seien jeweils abgelehnt worden. Auch der Befragung weiterer Personen wurde nicht zugestimmt.

Der Angeklagte begleitete Lauber und Lamon auf mehreren Russland-Reisen. Die Jagdwochenenden sollen gemäss Nellen im Wissen und auf Anordnung der Bundesanwaltschaft stattgefunden haben. Dies dürfte er nächste Woche im Rahmen seines Plädoyers genau darlegen.

Obwohl der Angeklagte als Berater und Spezialist für die Bundesanwaltschaft arbeitete und somit viele Kontakte zu dieser hatte, wurde die Strafuntersuchung von der Bundesanwaltschaft durchgeführt. Nellen hatte mehrmals die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts beantragt, allerdings ohne Erfolg.

Die Hauptverhandlung wird am kommenden Dienstag, 4. Juni, fortgesetzt. Dann folgt die Einvernahme des Beschuldigten. (Fall SK.2019.25)

(SDA)

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