BLICK hat den gefälschten Tignanello degustiert
Ein lächerliche Kaugummi-Karikatur!

Vor einer Woche enthüllt BLICK, dass gefälschte Flaschen des Supertoskaners Tignanello in der Schweiz im Umlauf sind. Nun ist klar: Mehr als man dachte. Und was ist dieser Wein wert?
Publiziert: 25.02.2017 um 21:18 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 23:40 Uhr
Alain Kunz

Immer mehr Details zum Tignanello-Fälschungsskandal (BLICK berichtete) kommen ans Tageslicht. So erzählt ein Weinhändler, der anonym bleiben will, dass die Fälscher äusserst raffiniert vorgegangen seien.

In einer ersten Phase hätten sie hochwertigen Wein in die falschen Tignanello-Flaschen des Jahrgangs 2012 abgefüllt. Damit bei den ersten Degustationen kein Verdacht erweckt werde. Erst nach und nach hätten sie begonnen, Fusel in die Flaschen zu füllen. Fusel, den Fachleute für einen Primitivo halten.

Der erste Eindruck ist ganz okay

Wir haben die zweite Fälschungstranche degustiert. Was taugt der Wein? Es zeigen sich Drops- und Zältli-Noten in der nicht sehr tiefen, aber absolut gefälligen Nase. Der erste Eindruck ist ganz okay, was die Fälschung schon mal gefährlich macht. Auch im Gaumen ist das Ding fruchtig und trinkig.

Vom Tignanello werden mehrere Hunderttausend Flaschen produziert, weshalb er auch schon mal als Schnäppchen bei Aldi zu finden war, wie hier der Jahrgang 2011, der keine Fälschung ist.
Foto: Alain Kunz

Was ihm abgeht sind Struktur, Rückgrat und Tannine. Zudem ist er schnell weg, und dies mit einem pelzig-bitteren Nachgeschmack. Aber: Der durchaus süffige Wein ist technisch sauber und fehlerfrei. Würde er im Supermarkt zehn Franken kosten, könnte niemand etwas sagen.

Der grösste Unterschied stellt sich indes ein paar Stunden nach Öffnung der Flasche ein. Dann ist der Wein bloss noch eine lächerliche Kaugummi-Karikatur. Tot.

Ganz anders das Original. Doch was ist das für ein Wein, den zu fälschen sich lohnt?

BLICK-Redaktor Alain Kunz und Marchesa Allegra Antinori bei einer Degustation in der Toskana.

 

Tignanello ist derjenige Wein, der die Toskana auf die Weltkarte grosser Weine brachte. Es ist 1971, als der erste Jahrgang auf den Markt kommt, für dessen Produktion Piero erstmals Sangiovese-Trauben in Barriques steckt und gegen das Weinbaugesetz verstösst, weil er die klassische Toskaner Traube Sangiovese mit Cabernet Sauvignon verschneidet.

Tochter Allegra, 26. Generation (!) der alten florentinischen Patrizierfamilie Antinori, schaut auf diese Zeit zurück: «Das hat das Denken im Gebiet revolutioniert.» Papa Piero, der das Imperium derzeit führt,  fügt hinzu: «Wir haben bewiesen, dass es möglich ist, in der Toskana international beklatschte, elegante, stylishe Weine zu produzieren, die ihren Original-Charakter behalten.»

Originale (Jahrgänge 2011 und 2013) und Fälschung (2012): Auf den ersten Blick kaum auseinanderzuhalten.
Foto: Alain Kunz

Der Jahrgang 2011 glänzt mit Zedernholz-Aromen, feinkörnigen Tanninen, Fleischigkeit, Würze, toller Frische und mit einem langen Finale. Diesem Jahrgang geben wir 17,5 von 20 Punkten. Der aktuelle Jahrgang, der 13er, ist gar einen Tick besser, weil er in der Nase äusserst komplex ist, viel Tiefe zeigt, hoch elegant und das Finale endlos ist. Macht 18 Punkte.

Der Wein kostet übrigens 79 Franken beim offiziellen Importeur www.bindella.ch. Und mit dem neu im Glas eingearbeiteten Wappen weiss man als Konsument, dass man beim 13er auf der sicheren Seite ist.

PS. Die Fälschung kriegte 14 Punkte...

«Der Skandal hat auch etwas Gutes»

BLICK: Wie viele gefälschte Tignanello-Flaschen sind im Umlauf?
Stefano Leone: Das kann niemand sagen. Wir haben mehrere Fälle ausgemacht.

Auch in der Schweiz?
Auch in der Schweiz, ja. Aber eben: Wir können nicht sagen, um wie viele Flaschen es sich handelt. Ich weiss aber, dass in der Schweiz eine Strafuntersuchung läuft.

Und in Italien?
Auch bei uns, klar. Wir haben der Justiz einige gefälschte Flaschen ausgehändigt. Nun machen die ihren Job. Wir hoffen, Sie finden die Schuldigen.

Was bedeuten die Fälschungen für Weinhändler?
Dass sie nicht immer auf ein paar Euro weniger achten sollen, sondern dass es sich lohnt, die Ware bei einer Top-Ressource einzukaufen. Wenn ein Weinhändler eine Flasche Tignanello für fünfzig Franken angeboten erhält, sollten die Alarmglocken schrillen. Unser Schweiz-Importeur Bindella hatte keine einzige gefälschte Flasche, weil die alle von uns kamen.

Ruft Antinori den Jahrgang 2012 nun zurück?
Auf welcher Basis? Wie kann ich etwas zurückrufen, dass nicht von uns kam? Wir würden damit nur noch mehr Terror verbreiten.

Was haben Sie für den Jahrgang 2013 vorgekehrt?
Wir haben unser Wappen im Glas eingearbeitet. Das ist schon mal ein grosses Hindernis für einen Fälscher. Wir haben weitere Sicherheitsmassnahmen ergriffen, auch bei der Etikette. Aber die verrate ich natürlich nicht.

Erstaunt Sie dieser Fall?
Was mich erstaunt, ist dass man einen Wein aus der Toskana fälscht. Und nicht viel teurere Weine wie jene aus Bordeaux. Zum Beispiel Château Margaux oder Pétrus.

 

BLICK: Wie viele gefälschte Tignanello-Flaschen sind im Umlauf?
Stefano Leone: Das kann niemand sagen. Wir haben mehrere Fälle ausgemacht.

Auch in der Schweiz?
Auch in der Schweiz, ja. Aber eben: Wir können nicht sagen, um wie viele Flaschen es sich handelt. Ich weiss aber, dass in der Schweiz eine Strafuntersuchung läuft.

Und in Italien?
Auch bei uns, klar. Wir haben der Justiz einige gefälschte Flaschen ausgehändigt. Nun machen die ihren Job. Wir hoffen, Sie finden die Schuldigen.

Was bedeuten die Fälschungen für Weinhändler?
Dass sie nicht immer auf ein paar Euro weniger achten sollen, sondern dass es sich lohnt, die Ware bei einer Top-Ressource einzukaufen. Wenn ein Weinhändler eine Flasche Tignanello für fünfzig Franken angeboten erhält, sollten die Alarmglocken schrillen. Unser Schweiz-Importeur Bindella hatte keine einzige gefälschte Flasche, weil die alle von uns kamen.

Ruft Antinori den Jahrgang 2012 nun zurück?
Auf welcher Basis? Wie kann ich etwas zurückrufen, dass nicht von uns kam? Wir würden damit nur noch mehr Terror verbreiten.

Was haben Sie für den Jahrgang 2013 vorgekehrt?
Wir haben unser Wappen im Glas eingearbeitet. Das ist schon mal ein grosses Hindernis für einen Fälscher. Wir haben weitere Sicherheitsmassnahmen ergriffen, auch bei der Etikette. Aber die verrate ich natürlich nicht.

Erstaunt Sie dieser Fall?
Was mich erstaunt, ist dass man einen Wein aus der Toskana fälscht. Und nicht viel teurere Weine wie jene aus Bordeaux. Zum Beispiel Château Margaux oder Pétrus.

 

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