Geiselnahme in Bus in der Ukraine
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Während Sommaruga-Besuch:Geiselnahme in Bus in der Ukraine

Nach stundenlangen Verhandlungen
Geiselnehmer (44) in Ukraine festgenommen

Bei der Geiselnahme in der westukrainischen Grossstadt Luzk ist der schwer bewaffnete Täter nach stundenlangen Verhandlungen festgenommen worden. Die Polizei stürmte den Bus.
Publiziert: 21.07.2020 um 11:13 Uhr
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Aktualisiert: 22.07.2020 um 09:09 Uhr

In der westukrainischen Grossstadt Luzk kam es am Dienstagmorgen zu einer Geiselnahme. Ein schwer bewaffneter Mann (44) nahm in einem Linienbus 13 Personen gefangen. Nach stundenlangen Verhandlungen konnte der 44-Jährige festgenommen werden.

Alle Geiseln seien freigekommen, hiess es am Dienstagabend in Luzk. Zuvor stürmten die Polizisten den Bus. Bei der Beendigung der Geiselnahme war auch ein Schützenpanzer im Einsatz. Ausserdem wurde eine Blendgranate gezündet. Präsident Wolodymyr Selenskyj soll zuvor persönlich mit dem Geiselnehmer gesprochen haben.

Der Geiselnehmer hatte ein Sturmgewehr, eine Pistole und Handgranaten bei sich. Am Vormittag verständigte der Mann sogar selbst den Polizeinotruf und informierte die Beamten über die Geiselnahme. Mit einem Sturmgewehr zerschoss er zwei Fenster des Busses.

Am Bus mit den Geiseln sind mehrere Einschusslöcher zu sehen.
Foto: Twitter
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Alle sollen Tierschutz-Doku schauen

Präsident Selenskyj veröffentlichte nach einem Telefonat mit dem Geiselnehmer am Abend auf Facebook ein nur wenige Sekunden dauerndes Video. Darin fordert er die Menschen auf, die amerikanische Dokumentation «Earthlings» über Tierschutz aus dem Jahr 2005 anzuschauen. Das soll der Täter, der sich wohl für Tierrechte einsetzt, von Selenskyj gefordert haben.

Das Video wurde nach der Freilassung wieder von der Seite gelöscht. Beobachter befürchten, dass Selenskyj, der erst seit einem Jahr im Amt ist, mit dem Eingehen auf die Forderung Trittbrettfahrer zum Nachahmen ermutigen könnte.

Der Geiselnehmer forderte zudem, dass unter anderem Vertreter von Kirche und Staat wie Ex-Präsident Petro Poroschenko und Innenminister Awakow sich öffentlich als «Terroristen» bezeichnen. Darauf wurde jedoch nicht eingegangen. Selenskyj selbst hatte im Laufe der Verhandlungen betont, auf jeden Fall Opfer vermeiden zu wollen. «Wir haben niemanden verloren. Heute können Verwandte und Nahestehende alle umarmen, die den Tag im Bus im Fadenkreuz verbracht haben», schrieb er bei Facebook.

Schrieb Buch mit dem Titel «Philosophie eines Verbrechers»


Der Mann hatte zunächst nur drei Menschen, einen Jugendlichen und zwei Frauen, freigelassen. Sie stiegen aus dem Bus und wurden dann von einem Polizisten weggeleitet. Dann begannen die Polizisten nach rund zwölf Stunden, den Bus zu stürmen.

Über den Täter in Luzk gibt es bislang kaum gesicherte Informationen. Der Mann soll den Behörden bekannt sein. Während mehrjähriger Gefängnisstrafen soll der in Russland geborene 44-Jährige Medienberichten zufolge ein Buch mit dem Titel «Philosophie eines Verbrechers» geschrieben haben. Er sei zudem in psychiatrischer Behandlung gewesen, hiess es. Awakow dementierte diese Information jedoch am Nachmittag.

Sommaruga in der Hauptstadt zu Gast


Die Geiselnahme hielt das Land den ganzen Tag in Atem, auch weil der Geiselnehmer damit gedroht hatte, Sprengsätze an belebten Orten aus der Ferne zünden zu wollen.

In der Hauptstadt Kiew war die Polizei verstärkt unterwegs, die Einsatzkräfte patrouillierten mit Sturmgewehr in den Strassen der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole. In Kiew waren mehrere Drohanrufe eingegangen und ein verdächtiger Gegenstand wurde gefunden. Sprengstoffexperten entschärften den Gegenstand vorsorglich, der in einer Schachtel versteckt war. Vergangene Woche war bei der Explosion in einem Mülleimer an einer Metrostation mindestens ein junger Mann verletzt worden.

Luzk ist rund 400 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Kiew. Dort fand heute ein Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenski und der Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) statt.

Während des Besuchs der Bundesrätin ist auch eine Reise an die Frontlinie in der Ostukraine geplant. Dort toben seit 2014 heftige Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und pro-russischen Separatisten. (cat/SDA)

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