Trump kündigt Klima-Vertrag
So reagiert die Schweiz und die Welt auf den Schock

Nun ist es definitiv: Die USA ziehen sich aus dem Pariser Abkommen zurück. Präsident Donald Trump kündigte Verhandlungen für ein neues Abkommen an, dessen Bedingungen «fair» für die USA sein müssten.
Publiziert: 01.06.2017 um 20:44 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:13 Uhr
So reagiert die Welt auf den Schock
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Trump kündigt Klima-Vertrag:So reagiert die Welt auf den Schock

Die USA verlassen das Pariser Abkommen zum globalen Klimaschutz. Dies gab US-Präsident Donald Trump (70) am Donnerstagnachmittag im Rosengarten des Weissen Hauses bekannt. Zuvor hatten US-Medien den umstrittenen Entscheid mit Berufung auf Kongressmitglieder bereits durchsickern lassen.

Trump will neu verhandeln

Er habe diesen Entscheid aus Rücksicht auf die US-Wirtschaft getroffen, begründete Trump den Schritt in seiner Rede. Er werde versuchen, für sein Land einen besseren Vertrag auszuhandeln.

Die USA würden ab sofort die nicht bindenden Teile des Abkommens nicht mehr befolgen. Der Ausstieg der USA aus dem Abkommen ist wegen entsprechender Klauseln im Vertrag langwierig und tritt erst im November 2020 in Kraft, dem Zeitpunkt der nächsten US-Präsidentschaftswahlen.

Trump verband den Rückzug mit scharfen Attacken auf andere Staaten. «Das Pariser Abkommen ist auf höchster Ebene ungerecht für die USA», sagte er. Die Vereinbarung bedeute eine massive Umverteilung des Vermögens der Vereinigten Staaten an andere Länder.

Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab, sagte Trump. Es müsse klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. «Der Rückzug liegt im ökonomischen Interesse und wird für das Klima keine Rolle spielen.» Weiter erklärte er, man müsse den amerikanischen Arbeiter wieder in den Mittelpunkt stellen: «Ich wurde gewählt, um Pittsburgh zu repräsentieren, nicht Paris.»

Regula Rytz: «Jetzt braucht es eine CO2-Steuer auf US-Produkte»

Die Schweizer Grünen sind entsetzt und reagieren harsch auf den Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen. Sie wollen am Freitag eine Motion im Parlament einreichen, welche verlangt, dass aus den USA importierte Produkte mit einer CO2-Steuer belegt werden. Dies hat Parteichefin Regula Rytz in einem Interview mit der Nachrichtenagentur SDA angekündigt.

Regula Rytz (55), Nationalrätin und Präsidentin der Grünen.
KEYSTONE/Marcel Bieri

Die Schweizer Grünen sind entsetzt und reagieren harsch auf den Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen. Sie wollen am Freitag eine Motion im Parlament einreichen, welche verlangt, dass aus den USA importierte Produkte mit einer CO2-Steuer belegt werden. Dies hat Parteichefin Regula Rytz in einem Interview mit der Nachrichtenagentur SDA angekündigt.

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Syrien, Nicaragua – und die USA

Der Ausstieg aus dem Pariser Abkommen werde Millionen Jobs retten und Milliarden Dollar an Beiträgen sparen, die unter anderem für den UNO-Klimafonds hätten bezahlt werden müssen. «Ich kann nicht mit gutem Gewissen einen Deal gutheissen, der die Vereinigten Staaten abstraft», sagte Trump.

Mit dem Ausstieg gehören die USA mit Syrien und Nicaragua zu den einzigen Staaten, die nicht mehr Teil des UNO-Weltklimavertrags sind.

Die EU-Kommission erklärte in einer ersten Reaktion, sie werde sich nun um neue Bündnisse im Kampf gegen den Klimawandel bemühen. Der Rückzug der USA sei ein trauriger Tag für die Weltgemeinschaft.

Der gescheiterte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Bernie Sanders, sprach von einem «Rückzug von Amerikas Führungsrolle» und einer «internationalen Schande». Umweltorganisationen verurteilten den Schritt der US-Regierung aufs schärfste. Die USA schwächten sich damit selber. Sie riefen den Rest der Welt dazu auf, jetzt erst recht sich für die Pariser Klimaziele stark zu machen.

Reaktionen aus der Schweiz

Bundespräsidentin Doris Leuthard bedauerte den Entscheid von Trump. Die USA hätten als zweitgrösster Treibhausgas-Emittent eine «globale Verantwortung».

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Es werde sich zeigen, ob die US-Bundesstaaten und die US-Gesellschaft den eingeschlagenen Weg mit mehr erneuerbarer Energie aufgeben werden, teilte Leuthard per Twitter mit. Die Schweiz bleibe auf Kurs und stehe zum Pariser Abkommen.

Die Neuausrichtung der Energieversorgung mit weniger fossilen und mehr erneuerbaren Energien sei eine «grosse Chance» für die Wirtschaft, erklärte die Schweizer Umweltministerin.

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen reagierten mit scharfer Kritik auf den US-Entscheid. Dies sei auch ein «Angriff auf die Sicherheit der Schweiz», teilte der NGO-Zusammenschluss Klima-Allianz Schweiz mit. Die Schweiz verzeichne nämlich einen fast zweimal höheren Temperaturanstieg als der weltweite Durchschnitt.

Die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace riefen dazu auf, jetzt erst recht den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen. Trumps Alleingang könnte zum «Augenöffner für alle» werden, teilte Greenpeace mit. Kein Land habe so viel zum menschgemachten Klimawandel beigetragen wie die USA. Und nun wollten sie «weniger zur Lösung beitragen als jedes andere Land», hiess es von Seiten des WWF.

Macron: «Make our planet great again»

Deutschland, Frankreich und Italien erteilten einer von den USA geforderten Neuverhandlung des Pariser Klimaabkommens eine Absage. «Wir betrachten die im Dezember 2015 in Paris erzeugte Dynamik als unumkehrbar», teilten Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Paolo Gentiloni am Donnerstagabend in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Sie seien der «festen Überzeugung, dass das Übereinkommen von Paris nicht neu verhandelt werden kann, da es ein lebenswichtiges Instrument für unseren Planeten, unsere Gesellschaften und unsere Volkswirtschaften darstellt». Macron griff in seiner Reaktion auch Trumps Wahlkampf-Slogan auf und sagte: «Wo immer wir leben, wer immer wir sind – wir alle teilen dieselbe Verantwortung: Make our planet great again.»

UNO-Generalsekretär António Guterres bezeichnete den Ausstieg als «grosse Enttäuschung». Er zeigte sich zuversichtlich, dass Städte, Bundesstaaten und Unternehmen innerhalb der USA weiter für ein kohlenstoffarmes Wirtschaftswachstum kämpften.

Innenpolitisch zeigte sich einmal mehr der tiefe Spalt zwischen den beiden Parteien in den USA. Trumps Republikaner begrüssten die Ankündigung fast geschlossen. Die Demokraten kritisierten sie scharf.

Auch Trumps Vorgänger Barack Obama äusserte sich deutlich. «Diese Regierung schliesst sich einer kleinen Handvoll Nationen an, die die Zukunft verleugnen», hiess es in einer Stellungnahme. Die Trump letztlich unterlegene Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sprach von einem «historischen Fehler» ihres Rivalen.

Warnungen von Spitzenpolitikern und Grosskonzernen

International warnten Spitzenpolitiker den US-Präsidenten Stunden vor seiner Ankündigung noch einmal eindringlich vor einem Ausstieg. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel suchte in Berlin den Schulterschluss mit China auch beim Klimaschutz.

Russlands Präsident Wladimir Putin liess über seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären, Russland wolle auch im Falle eines US-Ausstiegs Teil des Abkommens bleiben. Die EU-Spitze warnte die USA vor dem Ausstieg.

US-Grosskonzerne wie Apple, Microsoft, Unilever, Mars, Facebook und Morgan Stanley riefen US-Präsident Trump noch am Donnerstag in ganzseitigen Zeitungsanzeigen zum Verbleib der USA im Pariser Klimaschutzabkommen auf.

Zuvor hatten bereits die Chefs von mehr als 600 Unternehmen Trump in einem offenen Brief aufgerufen, nicht am Klimapakt zu rütteln. Der Wohlstand der USA stehe auf dem Spiel.

Einzigartiger Pakt

Der im vergangenen November in Kraft getretene Klimapakt von Paris sieht vor, die gefährliche Erderwärmung in einem weltweiten Kraftakt in den nächsten Jahrzehnten zu bremsen und so dramatische Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere zu mildern. Einzigartig ist der Pakt, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen.

Die USA hatten das Abkommen noch unter Trumps Vorgänger Barack Obama mit ausgehandelt und 2016 ratifiziert – etwas, was die USA mit der Vorgänger-Vereinbarung von Paris, dem Kyoto-Protokoll, nicht getan hatten.

USA steht langwieriger Ausstieg bevor

Der Ausstieg der USA aus dem Abkommen ist wegen entsprechender Klauseln im Vertrag langwierig und tritt erst im November 2020 in Kraft, dem Zeitpunkt der nächsten US-Präsidentschaftswahlen.

Das Pariser Abkommen hat zum Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Trump hatte den Klimawandel im Wahlkampf als Erfindung der Chinesen bezeichnet, die nur der US-Wirtschaft schaden wollten. Er stellte deswegen den Austritt aus dem Abkommen schon während seines Wahlkampfs in Aussicht. Innerhalb seiner Regierung gibt es aber auch Befürworter des Klima-Abkommens. (SDA/gr)

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