Streit um Sicherheitsgesetz
Hongkong übt Kritik an Sanktionen der USA

Hongkong hat die US-Sanktionen gegen die Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungsregion, Carrie Lam, heftig kritisiert.
Publiziert: 10.08.2020 um 09:39 Uhr

Ein Regierungssprecher bezeichnete die jüngsten Strafmassnahmen gegen Lam und zehn weitere Personen am Samstag als «schamlos und abscheulich». Er warf den Vereinigten Staaten «Heuchelei» vor. Die Regierung der 7,5-Millionen-Einwohner-Stadt, eine ehemalige britische Kronkolonie, werde alle Gegenmassnahmen der chinesischen Zentralregierung gegen die USA unterstützen.

Sanktionen gegen China steigern Spannung

Die Vereinigten Staaten hatten die jüngsten Sanktionen im Streit um die Einschränkung der Autonomie Hongkongs am Freitag verkündet. Die Namen Lams und zehn weiterer Personen finden sich nach Angaben des Finanzministeriums auf einer Liste wieder, mit der Vermögenswerte eingefroren wurden. US-Amerikaner dürfen mit ihnen keine Geschäfte mehr machen. Am Sonntag traf US-Gesundheitsminister Alex Azar zu einem Besuch im diplomatisch isolierten Taiwan ein, was die Spannungen zwischen Washington und Peking weiter verschärfen könnte.

Demokraten fordern zum Boykott auf

Hongkongs Regierungschefin Lam war zuletzt wegen der umstrittenen Verschiebung der Wahl in Hongkong um ein Jahr heftig kritisiert worden. «Die Regierung befürchtet, die Wahl zu verlieren, deshalb hat sie das Datum verlegt», sagte Nathan Law, einer der Anführer der Demokratiebewegung, dem Magazin «Der Spiegel». Zugleich forderte er ein entschiedeneres Vorgehen Deutschlands und Europas gegen die chinesische Führung.

Der US-Gesundheitsminister Alex Azar besucht den Inselstaat Taiwan. Peking ist verärgert, da nach der «Ein-China-Doktrin» kein Staat, der diplomatische Beziehungen zu Peking unterhält, offizielle Kontakte zu Taiwan pflegen darf.
Foto: AFP

Law, der in London lebt, brachte eine internationale Anerkennung Taiwans ins Spiel sowie einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Zudem könnten Firmen geächtet werden, deren Produkte in China von Zwangsarbeitern der muslimischen Minderheit der Uiguren angefertigt werden. «Es gibt eine Menge Werkzeuge, und Deutschland als einer der grössten Handelspartner Chinas könnte in dieser Debatte eine entscheidende Rolle spielen.»

USA, Grossbritannien und Verbündete fordern baldige Wahl in Hongkong

Die Aussenminister der USA, Grossbritanniens, Kanadas, Neuseelands und Australiens fordern die Regierung in Hongkong dazu auf, die von ihr verschobene Wahl baldmöglichst durchzuführen. Dafür müssten auch die disqualifizierten Kandidaten wieder zugelassen werden, forderten sie am Sonntag in einer gemeinsamen Stellungnahme. Nur so könne eine Wahl stattfinden, die «die demokratischen Rechte und Freiheiten» der Bürger Hongkongs respektiere, hiess es.

Politiker streiten Vorwürfe ab

Lam hatte politische Motive für die Verlegung der Wahl bestritten. Sie begründet dies mit dem Risiko durch das Coronavirus nach dem jüngsten Anstieg an Neuinfektionen. Auch der Direktor des chinesischen Verbindungsbüros in der Sonderverwaltungszone, Luo Huining, der auf der Sanktionsliste steht, verurteilte die neuen Strafmassnahmen. Er selbst besitze überhaupt keine Guthaben in den USA, könne aber 100 Dollar überweisen, damit sie eingefroren werden könnten.

China hatte Ende Juni ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschiedet und steht deshalb massiv in der Kritik. Seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China wurde Hongkong autonom mit eigenen Freiheitsrechten regiert. Das Gesetz ist der bisher weitestgehende Eingriff in die Autonomie.

Peking ist verärgert

Gesundheitsminister Azar ist das ranghöchste Mitglied der US-Regierung, das seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen der USA mit China 1979 Taiwan besucht. Peking ist verärgert, da die kommunistische Führung die Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Nach ihrer «Ein-China-Doktrin» darf eigentlich kein Staat, der diplomatische Beziehungen zu Peking unterhält, offizielle Kontakte zu Taiwan pflegen.

Streit um Zukunft von Tiktok

Unterdessen tauchte im Gerangel um die Zukunft der chinesischen Video-App Tiktok ein weiterer Akteur auf der Bildfläche auf. Nach einem Bericht des «Wall Street Journal» hat auch der Kurznachrichtendienst Twitter Interesse. Der chinesische Tiktok-Eigentümer Bytedance verhandelt gerade unter massivem Druck aus dem Weissen Haus mit Microsoft über eine Übernahme des Geschäfts in den USA und mehreren anderen Ländern. Das Zeitfenster ist begrenzt: US-Präsident Donald Trump verfügte am Donnerstag ein Verbot von Geschäften mit Bytedance, das Mitte September greifen soll. (SDA)

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