Streit um Erdgas-Erkundungen
EU droht Türkei neue Sanktionen an

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell hat die Vorbereitung weiterer Strafmassnahmen gegen die Türkei angekündigt. Diese könnten beschlossen werden, wenn Ankara seine als illegal erachteten Erdgas-Erkundungen im östlichen Mittelmeer noch einmal ausweite.
Publiziert: 14.07.2020 um 15:33 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2020 um 14:28 Uhr

Gleichzeitig wolle er aber weiter versuchen, die Spannungen über Verhandlungen zu reduzieren, sagte Borrell am Montag nach einem EU-Aussenministertreffen in Brüssel. Die Türkei sei für die EU noch immer ein wichtiges Land.

Auch Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) betonte «die strategische Bedeutung der Türkei in aussen- und sicherheitspolitischen Fragen». Man wolle, dass die Gespräche mit der Türkei fortgesetzt würden, und habe deswegen Borrell dafür den Rücken gestärkt. Von der Türkei müsse es aber positive Signale beim Thema der Bohrungen im östlichen Mittelmeer geben.

Harter Ton von Frankreich

Der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian schlug hingegen einen weitaus härteren Ton an und drohte der Türkei auch wegen mutmasslichen Verletzungen des UN-Waffenembargos mit Strafmassnahmen. Es gebe eine Verständigung darüber, auch mit dem Mittel von Sanktionen die vollständige Einhaltung des Embargos sicherzustellen, teilte er nach den Beratungen mit. Zudem solle auch das Mandat der EU-Operation Irini zur Embargokontrolle im Mittelmeer vollständig genutzt werden. Die Diskussion zur Türkei sei tabulos gewesen.

EU-Aussenbeauftragter Josep Borrell hat weitere Strafmassnahmen gegen die Türkei angekündigt.
Foto: keystone-sda.ch
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Flüchtlingspolitik gefährdet?

Bisher hatte insbesondere Zypern wegen der Erdgaserkundungen schärfere Sanktionen gegen die Türkei gefordert. Etliche andere EU-Staaten befürchten aber negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik. Die EU ist bei der Eindämmung der illegalen Migration auf die Zusammenarbeit mit Ankara angewiesen. Zum Ärger Brüssels nutzt die türkische Regierung diesen Punkt auch immer wieder für Drohgebärden.

Die EU hatte bereits im Februar Einreiseverbote und Vermögenssperren gegen Personen verhängt, die an als illegal erachteten Erdgasbohrungen vor dem EU-Staat Zypern beteiligt gewesen sein sollen. Bereits 2019 hatte die EU zudem beschlossen, die Vergabe von EU-Mitteln einzuschränken und Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen ausgesetzt.

Türkei streitet Vorwürfe ab

Die Türkei weist die Vorwürfe illegaler Bohrungen zurück. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Gewässer, in denen sie probeweise nach Erdgas bohrt, zu ihrem Festlandsockel gehören. Die Türkei will mit den Bohrungen auch die Anteile der türkischen Zyprer am Erdgasgeschäft sichern.

Hintergrund des Streits ist die Teilung der Insel Zypern. Die Türkei hält den Norden seit 1974 besetzt, wo eine - nur von der Türkei anerkannte - Türkische Republik Nordzypern etabliert wurde. Die gesamte Insel hingegen wird als Republik Zypern international anerkannt und ist seit 2004 EU-Mitglied, die ihr Recht aber nur im Süden durchsetzen kann.

Kritik an geplanter Umwandlung

Kritik kam am Montag auch noch einmal an der geplanten Umwandlung der Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee. «Diese Entscheidung wird unweigerlich Misstrauen schüren, zu erneuten Spaltungen zwischen Religionsgemeinschaften führen und unsere Bemühungen um Dialog und Zusammenarbeit untergraben», sagte Borrell mit Blick auf das Gebäude, das früher einmal das grösste Gotteshaus der Christenheit war.

Der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn sprach von einem «Schlag gegen die Allianz der Zivilisationen». Diese war 2005 auf Anregung des früheren spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero und des damaligen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan ins Leben gerufen worden. Ziel sollte eine bessere Verständigung zwischen der westlichen und der orientalischen Welt sein. (SDA)

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