Staatsanwalt erhebt Anklage gegen Chauffeur (25) wegen Totschlags in 39 Fällen
Todesfahrt kostete 14'000 Franken

Der 20-jährige Nguyen Dinh Luong dürfte einer der LKW-Toten von Essex sein. Sein Vater erzählt, wie sich sein Sohn den Traum eines Jobs in England erfüllen wollte. Der verhaftete Chauffeur des Lastwagens muss sich unter anderem wegen Totschlags verantworten.
Publiziert: 26.10.2019 um 19:10 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2021 um 16:12 Uhr

Horror-Fund im britischen Essex: Am Mittwoch wurden 39 Leichen (31 Männer, 8 Frauen) in einem LKW-Container entdeckt (BLICK berichtete). Mehrere Personen wurden seither festgenommen, die Hintergründe und Todesursachen sind noch unklar.

Die Ermittler gehen davon aus, dass die Personen illegal ins Land geschleust werden sollten. Nun hat sich der Vater eines der Opfer mit der Nachrichtenagentur «AFP» unterhalten und diesen Verdacht gestärkt.

Vietnamese hielt sich zuvor illegal in Frankreich auf

Der Vietnamese Nguyen Dinh Gia sagte, er habe vor wenigen Tagen einen Anruf erhalten, in dem er von einem Vietnamesen über den Tod seines Sohnes Nguyen Dinh Luong (20) informiert worden sei.

In der britischen Grafschaft Essex wurden in einem LKW-Container 39 Leichen entdeckt.
Foto: Keystone
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Luong hielt sich laut seinem Vater seit 2018 illegal in Frankreich auf. Für rund 14'000 Schweizer Franken wollte er sich den Transport nach Grossbritannien erkaufen, um dort in einem Nagelstudio zu arbeiten. Das war das Letzte, was Gia von seinem Sohn hörte. Von Kontaktpersonen erfuhr er, dass der 20-Jährige Paris am Nachmittag des 21. Oktobers verlassen habe – zwei Tage später wurden die Leichen im Osten Londons gefunden.

«Ich werde sterben»

Gia ist bereits der zweite Vietnamese der nach diesem tragischen Vorfall an die Öffentlichkeit geht. Am Freitag meldete sich der Bruder von Pham Thi Tra My (26). Seine Schwester habe der Mutter aus dem Lieferwagen eine Serie verzweifelter SMS gesendet. «Ich bekomme keine Luft und werde sterben», hiess es später.

Bisher gingen die Behörden davon aus, dass die meisten Opfer Chinesen sind. Doch laut der britischen BBC könnten sich auch mindestens sechs Vietnamesen unter den Opfern befinden. Möglicherweise hatten sie gefälschte chinesische Pässe erhalten.

Weshalb Pham, Nguyen und 37 weitere Personen ums Leben kamen, wird untersucht. Möglicherweise erfroren die Menschen. Bisher wurden vier Personen festgenommen, unter ihnen der Fahrer des Lastwagens, der 25-Jährige Mo Robinson aus Nordirland. Gegen den Mann wird nun Anklage wegen Totschlags in 39 Fällen erhoben werden. Zudem wird ihm Beteiligung an Menschenhandel, Beihilfe zur illegalen Einwanderung sowie Geldwäscherei vorgeworfen, wie die Polizei in der britischen Grafschaft Essex am Samstagabend mitteilte.

Laut britischen Medienberichten waren die Opfer allerdings schon mehrere Stunden tot, als der Container Grossbritannien erreichte. Wie Sky News berichtet soll der Todes-LKW Teil eines grösseren Konvois gewesen sein. Rund 100 Personen seien insgesamt in drei Lastwagen unterwegs gewesen. Wo sich die anderen beiden Lastwagen befinden, ist noch nicht bekannt. (vof)

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