Polizei setzt Tränengas ein
Tausende protestieren in Hongkong gegen Sicherheitsgesetz

Chinas Pläne zum Erlass eigener Sicherheitsgesetze für Hongkong haben in der Sonderverwaltungsregion neue Proteste ausgelöst. Ein Grossaufgebot von Sicherheitskräften ging am Sonntag im Einkaufsviertel von Causeway Bay mit Tränengas gegen Tausende Demonstranten vor.
Publiziert: 24.05.2020 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 25.05.2020 um 11:04 Uhr

Einige hielten Spruchbänder, auf denen unter anderem «Der Himmel wird die Kommunistische Partei Chinas zerstören» stand. Auch wurden wiederholt Rufe nach Unabhängigkeit laut. Ein Grossaufgebot von Sicherheitskräften ging gegen die Demonstranten vor. Die Proteste dauerten auch am Abend an. Radikale Aktivisten warfen Schaufenster ein.

«Auch wenn uns nicht erlaubt wird, Proteste zu organisieren, müssen wir trotzdem zusammenkommen», sagte der Führer der Demokratiebewegung, Joshua Wong, der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist der Anfang vom Ende; und die Zeit wird knapp.» Die internationale Gemeinschaft müsse sich für Hongkong einsetzen.

Polizei warnt vor

Die Polizei hatte im Vorfeld gewarnt, dass Demonstrationen als illegale Versammlungen aufgelöst würden. Wegen der Corona-Pandemie gelten in der dicht bevölkerten asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole auch Abstandsregeln, die Gruppen von höchstens acht Menschen erlauben.

Bei neuen Protesten in Hongkong gingen tausende von Demonstranten auf die Strassen.
Foto: Getty Images
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Proteste wegen Schutzgesetz

Die neuen Demonstrationen entzündeten sich an den Plänen der chinesischen Führung, eigene Gesetze zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong zu erlassen. Der seit Freitag tagende chinesische Volkskongress soll zum Abschluss seiner Plenarsitzung am Donnerstag einen Beschluss verabschieden, der dem ständigen Ausschuss des Parlaments einen Auftrag zum Erlass eines solchen Gesetzes gibt, das dem Hongkong Grundgesetz angehängt werden soll.

Das Gesetz zielt auf Aktivitäten, die als subversiv betrachtet werden oder auf Unabhängigkeit zielen könnten. Es wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. «Wenn nötig» sollen demnach auch chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong stationiert und eingesetzt werden.

Heftige Kritik an Gesetz

Das Vorhaben stiess in Hongkong und international auf heftige Kritik. Es wird als massiver Eingriff in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie gewertet.

Das Gesetz wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. «Wenn nötig» sollen zudem chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong stationiert und eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte riefen die Hongkonger auf, sich den Plänen zu widersetzen. Das Vorhaben stiess auch international auf Kritik. US-Aussenminister Mike Pompeo sprach in Washington von einem «Totengeläut für die Autonomie», indem Peking «einseitig und willkürlich nationale Sicherheitsgesetzgebung in Hongkong verhängt».

Seit der Rückgabe an China 1997 wird Hongkong als eigenes Territorium nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Seit vergangenem Sommer erlebt die Metropole schon Woche für Woche Demonstrationen, die sich gegen die eigene Regierung, als brutal empfundene Einsätze der Polizei und den wachsenden Einfluss Pekings richten.

Parlament wird umgangen

Das Gesetzesvorhaben würde auch Hongkongs Parlament umgehen. Peking argumentiert, dass der Legislativrat nach Artikel 23 des seit 1997 geltenden Grundgesetzes eigentlich selbst solche Sicherheitsgesetze verabschieden müsste. Das Vorhaben war aber 2003 wegen Massenprotesten auf Eis gelegt worden.

Chinas Aussenminister Wang Yi wies am Rande der Jahrestagung des Volkskongresses Befürchtungen zurück, der Eingriff könnte den Status des asiatischen Wirtschafts- und Finanzzentrums schädigen. Die US-Handelskammer äusserte sich aber besorgt über die Auswirkungen auf das Geschäftsklima.

EU distanziert sich von Vorhaben

Auch die Europäische Union distanzierte sich von dem Vorhaben. Aus EU-Sicht sollten solche Gesetze unverändert vom Legislativrat - wie in Artikel 23 vorgesehen - verabschiedet werden, sagte der EU-Aussenpolitiker Josep Borrell in Brüssel. «Demokratische Debatte, Konsultationen der wesentlichen Interessenvertreter und Achtung der Rechte und Freiheiten der Hongkonger wären der beste Weg.»

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte eine Einbestellung von Chinas Botschafter durch Aussenminister Heiko Maas (SPD). «Die Bundesregierung darf im Umgang mit China nicht länger hasenfüssig sein.» (SDA)

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