Weil Wunsch-Eltern nicht einreisen dürfen
46 Babys in ukrainischem Hotel gestrandet

Das Venice-Hotel in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat zurzeit besondere Gäste: 46 Babys von Leihmüttern warten in einem Raum auf ihre neuen Eltern, die wegen Corona nicht einreisen können. Menschenrechtler fordern ein Ende dieses Menschenhandels mit Kindern.
Publiziert: 14.05.2020 um 17:51 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2020 um 14:43 Uhr
Guido Felder

Ist das nun herzig oder schockierend? Im zurzeit geschlossenen Venice-Hotel in Kiew warten 46 Babys von Leihmüttern auf ihre neuen Eltern. Ein Video zeigt, wie die Säuglinge reihenweise in einem grossen Zimmer liegen und um die Wette schreien. Sie sind hier gestrandet, weil sie wegen der Corona-Krise nicht ihren neuen Eltern übergeben werden können.

Wer betreibt diese Babyfabrik? Vermittlerin ist die Klinik BioTexCom in Kiew, die sich selber als «Zentrum für menschliche Fortpflanzung» bezeichnet. Eltern bezahlen für den Service zwischen 6800 und 68’000 Franken. Kommerzielle Leihmutterschaft, bei der eine Frau für eine andere Person gegen Geld ein Kind austrägt und es anschliessend abgibt, ist in den meisten europäischen Ländern verboten – nicht in der Ukraine.

Kontakt per Video

Im Video richtet eine Frau mit Mundschutz eine Botschaft an die Eltern: «Liebe Eltern, mein Name ist Marina, ich bin Administrator im Venice Hotel. Unsere Babysitter kümmern sich 24 Stunden am Tag in einem Kinderzimmer um Ihre Babys. Jeden Tag gehen sie mit ihnen hinaus und baden sie.»

46 Babys in einem Hotelraum: Hier werden die Säuglinge gepflegt, bis die neuen Eltern kommen.
Foto: Screenshot BioTexCom
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Laut dem Video stammen die gestrandeten Säuglinge aus Grossbritannien, den USA, Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland, China, Mexiko, Rumänien, Bulgarien, Österreich und Portugal. «Wir zeigen den Eltern die Babys online und informieren sie, wie viel sie essen, wie sie schlafen und wie schwer sie sind», heisst es im Video. Es sei herzzerreissend, die Eltern so leiden zu sehen. «Wir hoffen, dass Sie sie bald treffen können.»

Die Leihmutterschaftsfirma fordert im Video die Eltern auf, über ihre Regierungen Druck auf die Ukraine auszuüben. Das Land solle Sondererlaubnisse zur Abholung der Kinder erteilen.

Schluss mit Menschenhandel

Herzig oder schockierend? Die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Ljudmila Denissowa ist entsetzt. Sie verlangt von Polizei und Ministerien unverzüglich die Gesetze für Leihmutterschaften von Ausländern zu verschärfen. «Kinder sollten in der Ukraine kein Objekt für Menschenhandel sein», sagte sie.

BioTexCom geriet schon 2018 als der grösste ukrainische Billig-Babyanbieter in die Schlagzeilen, weil eine DNA-Analyse bewies, dass Wunscheltern und Kind kein Genmaterial teilten. Laut ukrainischem Gesetz muss aber zumindest ein Elternteil genetisch mit dem Kind verwandt sein.

Trisomie 21 nein danke

In der Ukraine floriert das Geschäft mit der assistierten Reproduktion, seit kommerzielle Leihmutterschaft in mehreren Ländern entweder ganz verboten oder auf inländische Paare beschränkt wurde. Ausgelöst wurden die Gesetzesänderungen durch eine Reihe von Skandalen.

Für weltweite Empörung sorgte vor allem der Fall «Baby Gammy» im Jahr 2014, als australischen Wunscheltern vorgeworfen wurde, ein Kind mit Trisomie 21 bei der thailändischen Leihmutter zurückgelassen zu haben. Zudem handelte es sich beim Wunschvater um einen verurteilten Sexualstraftäter.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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