Die Basler Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron bauten die Elbphilharmonie in Hamburg
Das musikalischste Lagerhaus der Welt

Es war ein alter Speicher im Hafen von Hamburg. Die Schweizer Architekten Herzog und de Meuron machten daraus eine Konzerthalle. Heute wird die Elbphilharmonie eröffnet.
Publiziert: 11.01.2017 um 13:56 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:36 Uhr
Michael Merz

Zur Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie blieb kein Detail ungeplant. So ist die heutige Einweihung des Prunkstücks im Hafen der norddeutschen Stadt das festliche Rote-Teppich-Nachspiel eines Monats voller Probe-Eröffnungen. Den ganzen Dezember zogen täglich bis zu 16’000 Neugierige über die Rolltreppen und Terrassen, durch die Hallen, Gänge, Garagen, Restaurants und Konzertsäle des Gewaltbaus. Man wollte sehen, was Hamburg für rund 930 Millionen Franken gebaut hat.

«Eines der 10 schönsten Gebäude der Welt» – und eines der zehn teuersten

Da gibts es unvorstellbare 120’000 Quadratmeter Nutzfläche (entspricht 16 Fussballplätzen). Drei Konzertsäle, davon einer für 2100 Besucher. Alleine dessen Orgel steht mit 2,15 Millionen Franken auf der Rechnung. Dazu ein Hotel mit 244 Zimmern sowie 45 Appartements, die bis zu 13 Millionen Franken kosten. Deshalb ist die Elbphilharmonie, so will es das Tourismusmarketing, «eines der zehn schönsten Gebäude der Welt». Aber auch eines der zehn teuersten!

Ein alter Speicher, die hamburgische Version eines Lagerhauses für Kakao und Kaffee, wurde entkernt und darauf mit einer jener architektonischen Ideen bebaut, die für das Schweizer Architektenteam von Jacques Herzog und Pierre de Meuron (beide 66) so typisch sind: spektakuläre Form, der sich jeder Inhalt unterordnen muss. Also genau das Prinzip, nach dem die beiden Basler bereits das Vogelnest-Stadion für die Olympischen Spiele in Peking, den spektakulären Erweiterungsbau der Londoner New Tate Gallery, aber auch Fussballstadien für Bordeaux oder Chelsea bauten oder bauen werden. In Hamburg erhebt sich das Gebäude wellenförmig bis 100 Meter über den Hafen. Schimmernd verkleidet mit 2200 licht- und wärmedämmenden Glasscheiben. Stückpreis 72’000 Franken.

Das Orchester im Mittelpunkt

In den Konzertsälen hat Yasuhisa Toyota (64) Regie geführt. Das Ziel: Die perfekte Akustik. Dazu ist der Saal im trendigen Weinbergstil angelegt. Das Orchester sitzt dabei in der Mitte, die Zuschauer platzieren sich auf rundum ansteigenden Terrassen. 10’000 kunstvolle, computergefräste Gipsplatten verkleiden die Wände zur Klangoptimierung. Preis? Unbekannt.

Es war ein langer Weg von der Idee 2001 bis zum ersten Entwurf der Basler Architekten 2003, dem damaligen Kostenvoranschlag von 82 Millionen Franken. Bei Vertragsabschluss 2007 hatte sich dieser auf 122 Millionen erhöht. 2010 sollte Eröffnung sein. Da stand man bei 430 Millionen und stellte die Arbeit für ein ganzes Jahr ein. Bauabnahme war schliesslich Ende Oktober 2016. Weshalb es so lange dauerte? Man hatte den Bau ohne jegliche verbindliche Konstruktionspläne begonnen!

Zum Schluss nochmals 30 Millionen obendrauf

Und soeben wird bekannt, dass zu den bereits mehrfach «endgültig» berechneten Baukosten nochmals ein Nachschlag hinzukommt. Die Schlussrechnung wird bei über 960 Millionen Franken liegen.

Jetzt also Eröffnung. Gefeiert mit vielen Reden und einem Konzert des NDR Orchesters, das mit diesem Abend zum NDR Elbphilharmonie Orchester mutiert. Es spielt ein fast schon volkstümliches Klassik-Potpourri, zu dem auch Weltstars des Gesangs geladen sind. Die Elbphilharmonie ist auf Wochen hinaus ausverkauft. Zwei Gäste für heute Abend sind allerdings noch nicht bestätigt. Die grosse Frage: Kommen die Merkels, kommen sie nicht? Die Elbphilharmonie – unplanbar bis zum Schluss.

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