Testen, Tracen, Isolieren
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Wie Asien Corona im Griff hat:Testen, Tracen, Isolieren

Die Asiaten blieben auch im Sommer bei tiefen Fallzahlen diszipliniert. Davon profitieren sie jetzt
Testen, Tracen, Isolieren

Im asiatischen Ballungsraum mit rund 1,6 Milliarden Menschen gibt es täglich weniger als 1000 Corona-Infizierungen. Auch die Wirtschaftszahlen zeigen nach oben. Wie machen die das bloss?
Publiziert: 22.10.2020 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2020 um 16:26 Uhr
Guido Felder

Ausgerechnet Asien macht Hoffnung: Während die zweite Corona-Welle Europa mit voller Wucht erfasst, verzeichnen asiatische Länder nur noch wenige Neuinfektionen. So gab es zusammengerechnet in China, Japan, Südkorea, Singapur und Hongkong seit September weniger als 1000 neue Fälle pro Tag – und das bei einer gesamten Bevölkerungszahl von rund 1,6 Milliarden Menschen.

Zum Vergleich: In Europa bringt die zweite Welle inzwischen im Schnitt täglich rund 88’000 Fälle. In den USA sind es 56’000 Fälle. Allein die Schweiz erreichte am Mittwoch eine Rekordzahl von 5596 Neuansteckungen.

Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in Asien, aber die dicht besiedelte Region ist für weniger als einen Fünftel der 1,1 Millionen Covid-19-Toten verantwortlich. Fast die Hälfte der Verstorbenen entfällt auf Europa und die USA.

Pendler in Hongkong: Die Maske ist Pflicht.
Foto: Getty Images
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Verheerende Pandemiemüdigkeit

Wie schaffen das die Asiaten nur? Die Erklärung dafür hat Ashish Jha, Dekan der Brown University School of Public Health in Rhode Island (USA). Im «Wall Street Journal» sagt er: «Wenn Sie das Virus unter Kontrolle haben, können Sie 95 Prozent Ihres Alltagslebens zurückbekommen. In Europa und den USA wollten wir unser Leben zurückbekommen, also taten wir so, als ob das Virus unter Kontrolle sei. In Asien haben sie es nicht verleugnet, sie verstanden, dass sie ihr Leben zurückbekommen können, wenn sie bestimmte Vorsichtsmassnahmen befolgen.»

In Europa haben Pandemie-Müdigkeit und das Hoffen auf einen Impfstoff zu einer zu lockeren Haltung gegenüber dem Virus geführt. Die asiatischen Länder hingegen haben den Kampf gegen das Virus auch dann konsequent fortgesetzt, als die ersten Ausbrüche eingedämmt waren.

  • Die asiatischen Regierungen unternehmen aggressive Bemühungen, um Kontakte zurückzuverfolgen. In Südkorea etwa untersuchen Behörden Daten von Smartphones, Kreditkartenzahlungen und Videoaufnahmen, um Kontakte zu Infizierten zu ermitteln. Beim Betreten von Bars, Kinos und andern Einrichtungen müssen QR-Codes gescannt werden.
  • Infizierte werden konsequent in Isolation geschickt, Quarantäneprogramme strikt umgesetzt. Im Unterschied etwa zu Europa, wo Infizierte meistens unkontrolliert zu Hause bleiben, werden Virusträger oft in staatlichen Einrichtungen untergebracht.
  • Social Distancing wird konsequent angewendet.
  • Es gelten strikte Vorschriften bei Reisen, vor allem vom und ins Ausland.

Erfahrungen mit anderen Krankheiten

Solche Massnahmen werden von der Bevölkerung in Asien mehr akzeptiert als etwa in Europa. Zu schrecklich waren die Erfahrungen mit ähnlichen Virus-Krankheiten wie Sars und Mers. Gesichtsmasken – auch im Freien – sind daher seit Jahren selbstverständlich.

Als in Asien nach den Ferien die Leute zur Arbeit und in die Schule zurückkehrten, traten neue Fälle auf. Doch anstatt strenge Sperren zu verhängen, wurde das Social Distancing verschärft und die Anzahl Tests erhöht.

Wirtschaftszahlen zeigen nach oben

Die erfolgreiche Bewältigung der Pandemie hat in Asien zu einer besseren Wirtschaftsleistung geführt. Der Internationale Währungsfonds rechnet bei Chinas Wirtschaft für dieses Jahr sogar mit einem Wachstum um 1,9 Prozent. Es ist die einzige grosse Weltwirtschaft, die inmitten der Pandemie wächst. Die US-Wirtschaft schrumpft vermutlich um 4,3 Prozent, die Wirtschaft der Euro-Zone um 8,3 Prozent. In der Schweiz rechnet man mit einem Rückgang von etwa 5,3 Prozent.

Der Westen hat sich immer darum bemüht, möglichst schnell in den Alltag zurückzukehren und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Verständlich: Eine schrumpfende Wirtschaft kann nebst persönlichem Leid auch zu sozialen Spannungen führen.

Asien macht es aber vor, wie man mit der strikten Umsetzung von Massnahmen das Virus im Griff behalten und gleichzeitig den Alltag weiterführen kann. Helena Legido-Quigley, eine in Spanien lebende Professorin für öffentliche Gesundheit an der Uni Singapur, sagt dem «Wall Street Journal»: «Es ist nicht das eine oder das andere – man muss sich nicht zwischen der öffentlichen Gesundheit und der Wirtschaft entscheiden.»

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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