Attentäter Anis Amri
Neue Spuren in die Schweiz

Ein Unterstützer des Berliner Attentäters Anis Amri wurde am Dienstag in Berlin verhaftet. Soufiane A. stand mit Islamisten aus der Schweiz in Kontakt.
Publiziert: 05.02.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2018 um 12:00 Uhr
Cyrill Pinto

Anis Amri (†24) tötete am 19. Dezember in Berlin elf Menschen, verletzte 50 zum Teil schwer. Amri wurde vier Tage später bei Mailand (I) gestellt und erschossen. Seither decken Ermittler immer neue Spuren des Attentäters auf – mehrere führen in die Schweiz. Jüngstes Beispiel: Am Dienstag verhaftete die Polizei in Berlin Amris Kontaktmann Soufiane A.*. Der 21-Jährige besuchte wie Amri regelmässig die Berliner Fussilet-Moschee.

Amri wurde kurz vor dem Attentat beim Verlassen des Gebetshauses gefilmt. Als die Polizei Soufiane A. verhaftete, zog sie einen radikalen Islamisten aus dem Verkehr, der auch Kontakte in die Schweiz pflegte. So stand der gebürtige Tunesier unter anderem mit Abu D.* aus Zürich in Kontakt. Der Islamist hatte auf seinem inzwischen gelöschten Profil auffallend viele Verbindungen nach Deutschland und Österreich. Nach wie vor aktiv ist der im Rheintal wohnhafte B. A.*. Auch er tauschte sich mit Soufiane A. aus – zuletzt im November. Auf seinem Facebook-Profil posiert er oft mit Pistolen oder einem Messer. 

Dschihadisten-Propaganda via Twitter

Sind die Kontakte von Soufiane A. auf dem Radar der Schweizer Ermittler? Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) will sich nicht offiziell äussern. Doch er weiss: Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter sind ein wichtiges Instrument zur dschihadistischen Propaganda und zur Kontaktpflege. Denn: «Häufig führt dies zu einer raschen Radikalisierung der jungen und mehrheitlich männlichen Internetnutzer», heisst es beim NDB. Auch der islamistische Attentäter von Paris, der am Freitag vor dem Louvre einen Soldaten mit einer Machete verletzte, setzte kurz vor seinem Angriff mehrere Botschaften über Twitter ab.

B. A. steht mit Amri-Unterstützer Soufiane A. in Kontakt – er selbst posiert im Internet gerne mit Waffen.
Foto: zVg
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IS leitet Attentäter direkt an

Inzwischen ist der Islamische Staat (IS) sogar dazu übergegangen, jugendliche Sympathisanten über Facebook anzusprechen, zu radikalisieren und dann über geschützte Chat-Plattformen direkt zu einem Attentat anzuleiten. Gut nachvollziehen lässt sich dies am Beispiel von Safia S.* (16). Die junge Frau verübte 2016 in Hannover (D) ein Attentat auf zwei Bundespolizisten. Dabei verletzte sie einen von ihnen mit einem Küchenmesser schwer am Hals; vergangene Woche wurde sie zu sechs Jahren Haft verurteilt. Im Rahmen der Ermittlungen wurde öffentlich, wie Safia S. vom IS angegangen und konkret angeleitet wurde. Eigentlich, so die Instruktion von ihrem IS-Kontakt, sollte sie dem Polizisten die Dienstwaffe entreissen und damit im Bahnhof Hannover ein Massaker anrichten.

Amris Kontaktmänner stellten Asylgesuch in der Schweiz

Auch Anis Amri stand kurz vor seinem Attentat mit bisher nicht identifizierten Mittelsmännern in Kontakt. Ermittler fanden auf seinem am Tatort zurückgelassenen Handy eine letzte Nachricht: «Ich bin jetzt in der Fahrerkabine.» Dann fuhr er in Richtung Weihnachtsmarkt. Seit dem Anschlag von Berlin deckte die Polizei mehrere Verbindungen Amris in die Schweiz auf. So versuchte er im Juli per Bus von Friedrichshafen (D) in die Schweiz zu reisen. Auch Amris Waffe, mit der er den polnischen Lastwagenchauffeur erschoss, war in der Schweiz registriert. Zuletzt machte der «Tages-Anzeiger» öffentlich, dass zwei Kontaktmänner Amris in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt hatten. Später reisten sie weiter nach Deutschland.

*Namen der Redaktion bekannt

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