«Er hat sich geweigert, die Medikamente ohne Behandlung herauszugeben»
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Aargauer streitet mit Arzt:«Er hat sich geweigert, die Medikamente herauszugeben»

Abzocke in Tirol-Ferien?
Aargauer soll für Minibehandlung über 600 Euro zahlen

Nachdem der pensionierte Rettungssanitäter Hans-Peter Pfister die Arztrechnung für die Behandlung seiner Frau erhält, streitet er sich mit dem Arzt.
Publiziert: 16.02.2023 um 00:50 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2023 um 10:47 Uhr
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Beat MichelReporter

Der Aargauer Hans-Peter Pfister (68) glaubt, dass er und seine Frau Brigitte Pfister (65) in den Ferien am Achensee in Tirol abgezockt wurden. Nach einer Behandlung von weniger als einer Stunde verlangte der allgemein praktizierende lokale Arzt 634 Euro. «Touristenabzocke», schimpft der pensionierte Rettungssanitäter. Mediziner Sebastian M.* ist sich keiner Schuld bewusst. Laut ihm sei alles korrekt berechnet worden.

«In der letzten Nacht vor der Abreise hatte meine Frau furchtbare Magenkrämpfe, Durchfall und Erbrechen», sagt Hans-Peter Pfister zu Blick. Normalerweise habe er als Rettungssanitäter entsprechende Medikamente dabei. Aber eben gerade in diesen Ferien nicht.

Arztgehilfin riet, die Rechnung bei der Reiseversicherung einzureichen

Nach einer schlaflosen Nacht ging das Ehepaar am Morgen an die Rezeption und fragte nach entsprechenden Medikamenten. «Buscopan oder ein Antiemetikum hätte den Darm meiner Frau für die Rückreise beruhigt», erklärt der Rentner. Die Rezeptionistin rief den lokalen Arzt an, an dessen Praxis auch eine Apotheke angeschlossen ist. Doch der Mediziner war nicht bereit, Medikamente ohne Konsultation abzugeben. Also mussten die beiden Schweizer zur Praxis fahren.

Der pensionierte Rettungssanitäter Hans-Peter Pfister (Bild) wehrt sich gegen die hohe Arztrechnung für die Behandlung seiner Frau. Er sagt: «Er hätte uns einfach die Medikamente geben können. Die Rechnung ist Touristenabzocke.»
Foto: Beat Michel
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Vor Ort bekam Pfisters Frau eine Infusion gelegt, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Der Arzt habe sich gar nicht richtig um sie gekümmert, sondern gelegentlich nach ihr geschaut. Nach 35 Minuten war die Behandlung vorbei. «Und wir erhielten die Rechnung präsentiert. Ich traute meinen Augen nicht, als ich da 634 Euro sah.» Die Arztgehilfin schien hingegen nicht über den hohen Betrag überrascht, sondern hätte geraten, die Rechnung einfach bei der Reiseversicherung einzureichen.

Behandlung hätte in der Schweiz 290 Franken gekostet

Das Aargauer Paar betont, dass sie nicht die Leistung des Arztes infrage stelle. «Wir fühlen uns einfach abgezockt. Wir wehren uns gegen den hohen Preis und wie die Rechnung gestellt wurde.» Also reichen sie eine schriftliche Beschwerde bei der Ärztekammer Tirol ein und suchen Kontakt zu einer Patientenorganisation.

Dass der Rettungssanitäter mit der Einschätzung nicht falsch liegt, bestätigt die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH. Der Berufsverband schreibt auf Anfrage: «Da wir das österreichische Tarifwerk nicht im Detail kennen und nicht wissen, was genau einberechnet wurde, ist kein 1:1-Vergleich, sondern nur eine ungefähre Aussage möglich. Bei den aufgeführten Einzelleistungen gemäss Tarmed (Tarif für ambulante ärztliche Leistungen) und den Laborleistungen gemäss Analysenliste beliefe sich die Rechnung in der Schweiz auf etwa 290 Franken, exklusive Infusion und Medikamente.» Das ist etwas weniger als die Hälfte der Rechnung des österreichischen Wahlarztes.

«Ich ersparte ihnen einen Spitalaufenthalt»

Trotzdem dürfte es schwer werden, die Rechnung anzufechten. Blick liegt die Antwort der Tiroler Ärztekammer vor. Der Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte schreibt: «Die verrechneten Einzelleistungen der Honorarnote vom 21. Januar 2023 orientieren sich an den Empfehlungstarifen der privatärztlichen Honorarordnung der Ärztekammer für Tirol.»

Auch der Arzt verteidigt die Tarife. Sebastian M. zu Blick: «Wenn eine Patientin eine so schwere Kolik hat, darf man nicht einfach Buscopan herausgeben, ohne die Patientin zu untersuchen. Das könnte einen schlimmeren Befund kaschieren. Was, wenn wir nicht danach gesucht haben? Und es passiert was Schlimmes? Dann werden wir Ärzte hart zur Rechenschaft gezogen.»

Der Arzt führte einen Ultraschall durch, und erstellte ein komplettes Blutbild. «Es wurde alles korrekt abgerechnet. Man könnte es auch so sehen – ich ersparte ihnen einen Spitalaufenthalt», wehrt er sich. Und Sebastian M. beschwert sich seinerseits über das Schweizer Paar: «Der Partner der Patientin war bereits vor Beginn der Untersuchung höchst ungehalten, ja aggressiv aufgetreten.» Weiter sagt er: «Gekippt ist die Stimmung nicht durch die Höhe der Honorarnote, sondern erst durch die Weigerung meinerseits, eine Bestätigung auszustellen, dass die Beschwerden durch verdorbene Speisen des Hotels ausgelöst wurden.»

* Name geändert

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