BlickPunkt von Christian Dorer über die Kandidaten der CVP
Wo bleibt Pfister? Wo bleibt Thurnherr?

Politiker behaupten immer, nur die Besten dürften in den Bundesrat. Die CVP tut das Gegenteil: Sie verhindert, dass ihre Fähigsten zur Wahl antreten.
Publiziert: 20.10.2018 um 00:30 Uhr
|
Aktualisiert: 21.01.2019 um 11:14 Uhr
Die CVP hat die Leuthard-Nachfolge verpennt
2:06
BLICKpunkt von Christian Dorer über die BR-Kandidaten:Die CVP hat die Leuthard-Nachfolge verpennt
Christian Dorer-2.jpg
Christian Dorer

Auch nach zwölf Jahren im Amt wirkt Doris Leuthard (55) frisch und energiegeladen, nach wie vor ist sie das beliebteste Mitglied des Bundesrats, auch international gilt sie als herausragende Repräsentantin der Schweiz. Wäre sie doch bloss ewig Bundesrätin!

Aber niemand regiert ewig. Leuthard hat im Sommer 2017 angekündigt, dass ihre Amtszeit demnächst zu Ende gehen wird.

Bloss ihre eigene Partei scheint das nicht gemerkt zu haben. Die CVP führt sich auf, als sei sie völlig überrascht, nun in den eigenen Reihen eine Bundesrätin oder einen Bundesrat finden zu müssen.

Wie man es richtig macht, zeigt die FDP: Sie hat seit Jahren vorgesorgt, um am Tag X gerüstet zu sein. Sofort nach dem Rücktritt von Johann Schneider-Ammann (66) stand Ständerätin Karin Keller-Sutter (54) für dessen Nachfolge bereit: eine Frau mit Erfahrung als Regierungs- und Ständerätin, im Parlament von links bis rechts bestens vernetzt, allseits respektiert, inhaltlich breit abgestützt, national bekannt.

Selbstverständlich fällt eine solche Kandidatin ihrer Partei nicht einfach in den Schoss: Keller-Sutter wurde gezielt aufgebaut und positioniert. So verfügt die FDP jetzt über eine Kronfavoritin – und sicherheitshalber gleich noch über Kandidaten für den wenig wahrscheinlichen Fall, dass sie stolpert.

Davon sind die Christdemokraten weit entfernt. Peter Hegglin (57)? Blass und kaum profiliert. Elisabeth Schneider-Schneiter (54) oder Viola Amherd (56)? Keine Schwergewichte. Die Urner Regierungsrätin Heidi Z'graggen (52)? Sie ist weder in Bern bekannt, noch mit der Bundespolitik vertraut.

Selbstverständlich lässt sich nichts dagegen einwenden, dass Politikerinnen und Politiker aus dem ganzen Land ins Rennen steigen, das ist schliesslich der Sinn von Wahlen. Und auch unbekannte Kandidaten können den Job im Bundesrat gut machen – so etwas zeigt sich immer erst im Amt.

Dennoch hat sich die CVP einer Fehlplanung schuldig gemacht: Es fehlt ihr nämlich keineswegs an Schwergewichten – sie hat nur darin versagt, die zwei bedeutendsten von ihnen auf Bundesratskurs zu bringen.

Was ist mit Gerhard Pfister (56)? Kaum jemand bestreitet, dass er der Beste wäre. Doch ein Jahr vor den Parlamentswahlen wirkt er in seinen Ämtern wie gefangen: Er ist Parteichef und Co-Präsident der Findungskommission, die geeignete Kandidaten aufspüren soll. Er spricht für seine Loyalität, dass er sich deshalb zurücknimmt. Aber weshalb die Partei nicht von selber auf die Idee kommt, ihn zu portieren, ist unverständlich.

Und was ist mit Bundeskanzler Walter Thurnherr (55)? Der ETH-Physiker ist blitzgescheit und mit den Berner Mechanismen vertraut wie kaum ein Zweiter. Er hat sich als Diplomat wie auch als innovativer Chefbeamter einen Namen gemacht. Als Bundeskanzler kann er nicht von sich aus antreten. Auch da sollte die Partei erkennen, was für ein Juwel sie in ihren Reihen hat.

Keine Frage: Pfister und Thurnherr würden problemlos gewählt. Aber die CVP muss sie dazu schon nominieren!

Wichtiger als die CVP jedoch ist das Parlament: Hoffentlich kommt am Ende doch noch eine Mehrheit zum Schluss, dass es jetzt tatsächlich die Fähigsten im Bundesrat braucht.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?