Prost Migros!
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Abstimmung über Alkoholverkauf:Prost Migros!

BlickPunkt über die Abstimmung des Jahres
Prost Migros!

Es wäre klüger, wenn die Migros beim Alkoholverbot bleibt: Der zusätzliche Profit macht den Verlust an Identität nicht wett. Aber wie auch immer die Genossenschaft entscheidet – der orangefarbene Riese gewinnt so oder so.
Publiziert: 21.05.2022 um 00:01 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

2,3 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter stimmen darüber ab, ob die Migros in Zukunft Alkohol verkaufen darf.

Vier gute Argumente sprechen dafür

  • Der Wandel der Zeiten: Heute ist Alkoholsucht seltener als früher.
  • Die Kundinnen: Sie wollen alles am gleichen Ort einkaufen – auch Bier und Wein.
  • Die Macht des Faktischen: In ihren Denner-, Migrolino- und Online-Shops verkauft die Migros sowieso alkoholische Getränke.
  • Der Profit: Vom Detailhandelsumsatz entfallen 8,7 Prozent auf Alkohol – mehr als auf Gemüse (7,7 Prozent)!

Und vier Argumente sprechen dagegen

Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe.
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  • Die Identität: Viele Mitarbeiterinnen und Kunden identifizieren sich mit den Migros-Werten – inklusive Alkohol- und Tabakverbot.
  • Die Geschichte: Das Verbot gehört zur DNA der Migros, es macht sie einzigartig.
  • Die Suchtgefahr: Für Alkoholkranke und Abstinente ist die Migros das einzige Lebensmittelgeschäft, in dem sie nicht in Versuchung geführt werden.
  • Die Migros-Welt: In seinen Dennern, Migrolinos und online bietet der Konzern bereits Alkohol an – da muss es in der klassischen Migros nicht auch noch sein.

Dass die jetzige Migros-Führung für den Alkoholverkauf kämpft, bringt Herbert Bolliger (69) in Rage. Der frühere CEO des Genossenschaftsbundes wählte den Frontalangriff auf seine Nachfolger: «Ich frage mich, ob die überhaupt noch wissen, in welchem Unternehmen sie arbeiten.»

Bolligers These: Die Migros-Führung werde «eine gewaltige Klatsche» einfahren, weil eher gesundheitsbewusste Mütter und Ältere abstimmen – und weil es für eine Änderung eine Zweidrittelmehrheit in der Genossenschaft braucht.

Doch welche Argumente überwiegen?

Wer die vielen Emotionen in dieser Frage ausblendet, dürfte für die Beibehaltung des Migros-Alkoholverbots stimmen.

In der heutigen Zeit, wo die Identität eines Unternehmens für den Erfolg bei Kundinnen und Mitarbeitern wichtig ist, sollte man sie nicht ohne Not aufweichen. Der zusätzliche Profit würde den Verlust nicht wettmachen.

Bis zum Stichtag am 4. Juni diskutiert die Nation darüber, ob die Migros Alkohol verkaufen soll oder nicht – so auch in der SRG-«Arena» am 27. Mai. Viele interessiert das mehr als die nationalen Abstimmungen dieses Jahres.

Wirkungsvollere Gratiswerbung – aber auch einen grösseren Vertrauensbeweis seiner Kundschaft – hätte sich der grösste Grossverteiler des Landes nicht erträumen können.

Deshalb, wie immer die Entscheidung lauten wird: Die Migros geht so oder so als Siegerin aus der Debatte hervor.

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