«Die Tram ist leer, ich bin voll», singt der Sänger Faber.
Ich singe nicht, aber sage «das» Tram, und mein Tram ist voll. Leer bin eher ich. Es ist Donnerstagmorgen Mitte August mitten in Zürich, der einzige freie Platz ist noch ein Rückwärts-Sitz. Aber man nimmt, was man kriegt. Ein Blick umher: Da stehen sie, da sitzen sie, da tippen sie. Eigentlich alles wie vorher. Ausser dass ein jeder Maske trägt.
Ich trage auch Maske, schiebe meine Sonnenbrille ins Haar, die Kopfhörer krame ich gar nicht erst hervor. Denn ich weiss, es geht Ihnen ähnlich. Sonnenbrille und Maske, das ist eine schlechte Kombination. Die Gläser laufen an, zudem habe ich das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen. Und die Kabel der Kopfhörer verheddern sich jedes Mal mit dem Gummi der Maske. Dann muss ich die Ohrenstöpsel oben oder unten durchfädeln, und am Ende: Kuddelmuddel.
Warum sind plötzlich so viele Leute im Tram? Es ist gutes Wetter, fahrt doch mit dem Velo, gopf! Oder geht zu Fuss! Es scheinen viele wieder aus den Ferien zurück zu sein. Und viele wagen sich vom Homeoffice (es bleibt ein fürchterliches Wort) wieder ins Office (noch fürchterlicher). Ich vermisse die Zeiten, in denen ein Büro noch ein Büro war. Ein Passagier steht vor mir und stützt sich auf einem Bürostuhl ab. Auf dem Bürostuhl liegt seine Aktentasche. Ich sehe ein paar Mal weg und wieder hin. Der Mann reist tatsächlich mit einem Stuhl im Tram. Ich denke: Wenn du die Tasche wegnimmst, könntest du dich draufsetzen. Weisch wie luschtig, sitzt der einfach auf seinem eigenen Stuhl im ÖV. Könnte sogar, Bürostühle haben ja meist Rollen dran, durch DAS Tram rollen. Dann würden sicher alle denken: Der ist voll.
Hinter mir quasselt ein Mann in sein Handy. Es nervt mich sowieso schon, wenn Leute im Tram, Bus, Zug telefonieren. Aber diese Mode, die zweifelsohne zunimmt, dass die Leute ihr Smartphone vor ihren Mund halten und sprechen, während sie es auf Lautsprecher haben, macht mich gänzlich fertig. Nein, sie machen keine Video-Telefonie, sie sehen die Menschen nicht. Sie sind einfach zu faul, das Handy ans Ohr zu halten. Und wir Mitreisenden hören den ganzen Stuss. Leute, packt euer Smartphone und euren Bürostuhl und geht wieder ins Homeoffice.
Das Tram ist voll, ich bin leer.
