Von der Leyen wäre die beste Wahl
Eine Ärztin für Europa!

Ursula von der Leyen wäre nicht nur die erste Frau an der Spitze. Deutschland würde auch zum ersten Mal seit 
52 Jahren den wichtigsten Posten in Brüssel besetzen.
Publiziert: 06.07.2019 um 22:00 Uhr
Johannes von Dohnanyi

Ursula von der Leyen soll EU-Kommissionspräsidentin werden. Die 60-jährige CDU-Politikerin erfüllt alle erforderlichen Kriterien für den neuen Spitzenjob. Mit ihrer Geburt in Brüssel wurde der Tochter eines deutschen Europadiplomaten die EU gleichsam in die Wiege gelegt. An der internationalen Schule in der belgischen Hauptstadt lernte sie das fliessende Parlieren in Englisch und Französisch. International ist sie gut vernetzt und geniesst hohes Ansehen.

Als überzeugte Anhängerin der europäischen Idee, sagte sie vor einigen Jahren, träume sie für die Gemeinschaft von einem föderalen Bund «nach dem Modell der Schweiz oder der USA».

Die studierte Archäologin und promovierte Ärztin ist seit 1986 mit dem Wissenschaftler und Unternehmer Heiko von der Leyen verheiratet.

Johannes von Dohnanyi, Auslandsredaktor.
Foto: Parwez

Gemeinsam hat das Ehepaar sieben Kinder. Fast genauso lang ist Ursula von der Leyen auch Mitglied der CDU. Die Hälfte dieser Zeit zählt sie zum innersten Team von Angela Merkel. Doch anders als die Kanzlerin ist sie nie zum Liebling der deutschen Öffentlichkeit avanciert.

Das mag auch daran liegen, dass sie sich nie in der einen oder der anderen politischen Schublade verorten liess. Gegen die konservative Mehrheit ihrer Partei setzte sie als Familienministerin eine bessere Krippenversorgung durch. Auch ihr Votum für die gleichgeschlechtliche Ehe hat die Partei nie vergessen.
Doch erst seit sie auf eigenen Wunsch hin das Verteidigungsministerium übernahm, ist ihr Ansehen ernsthaft ramponiert. Nach dem Sommer wird ein Ermittlungsausschuss des Bundestags prüfen, ob es bei der Vergabe von millionenschweren Beraterverträgen mit rechten Dingen zuging.

Ursula von der Leyen habe die zweitschlechteste Note bei der Bewertung des Kabinetts Merkel, tobt der Sozialdemokrat Martin Schulz. Ihre Berufung an die Spitze der EU-Kommission sei ein Skandal. Und der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel droht gar mit dem Ende der Grossen Koalition, sollte von der Leyens Nominierung nicht zurückgenommen werden.

Ausgerechnet deutsche Politiker agieren jetzt also an vorderster Front gegen eine Wahl von der Leyens. Die vermutlich beste Kandidatin für das Amt des Kommissionspräsidenten könnte in der Brandung parteipolitischer Eifersüchteleien untergehen. Der Ausgang der für Mitte Monat geplanten Wahl jedenfalls ist alles andere als sicher.

Dabei wäre Ursula von der Leyen nicht nur die erste Frau an der Spitze der «EU-Regierung». Auch würde Deutschland zum ersten Mal seit 52 Jahren den wichtigsten Posten in Brüssel besetzen – und damit unmittelbare und sichtbare Verantwortung für die Geschicke der Union tragen. Angesichts der tiefen Krise, in der sich die EU derzeit befindet, ein wichtiges Zeichen.

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