Zoologisch – Direktor Severin Dressen erklärt
So werden Elefanten in Kenia geschützt

Severin Dressen (32) ist Direktor des Zoos Zürich. Kürzlich hat er Kenia besucht. Er erzählt von Autobahn-Unterführungen für Elefanten und von Spürhunden, die Wilderer jagen.
Publiziert: 07.12.2021 um 06:27 Uhr
Severin Dressen

Langsam geht die Sonne über den Bergen in der Ferne auf. Wir stehen mit unserem Morgenkaffee still da und gucken auf das weite Land. Wenige Meter von uns zieht eine Elefantenherde zu einem Wasserloch und löscht ihren Durst. Ein Elefantenkalb balanciert auf dem Rand des Wasserlochs und fällt fast hinein. Nach einigen Minuten zieht die Herde weiter Richtung Frühstück.

Wir sind nicht im Zoo Zürich, sondern in einem unserer Naturschutzprojekte: dem Schutzgebiet Lewa in Kenia. Fünf Mitarbeiter und ich hatten jüngst die Chance, unseren langjährigen Partner vor Ort zu besuchen. Hinter dem kleinen Wort Naturschutz verbirgt sich eine ungeheure Fülle an Projekten, die wir seit über zwanzig Jahren unterstützen.

Manche unserer Arbeiten sind «klassische» Dinge zum Schutz der Tiere und Natur. So müssen die Nashörner und Elefanten in Lewa rund um die Uhr bewacht werden – denn die Gefahr durch Wilderer ist allgegenwärtig. Die Ausrüstung der Ranger, Löhne, moderne Überwachungstechnik bis hin zum Helikopter: Das alles kostet Geld.

Breitmaulnashörner in einem Naturschutzgebiet in Kenia.
Foto: Martin Bucher
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Besonders stolz sind wir auf Suchtrupps mit Spürhunden. Falls es einem Wilderer doch einmal gelingt, das dichte Sicherheitsnetz zu durchbrechen, kann er im Nachhinein aufgespürt und gefasst werden.

Doch wir müssen nicht nur die Tiere vor uns Menschen schützen. Auch andersherum braucht es Massnahmen, denn sonst zerstören die Elefanten das wenige, was die Menschen an Feldfrüchten haben. Damit die Elefanten trotzdem ihren traditionellen Wanderrouten folgen können, wurde mit unserer Hilfe eine Elefantenunterführung unter einer Autobahn in Nordkenia gebaut. Die erste dieser Art. So können Elefanten nun sicher unter der Strasse hindurch von einem Schutzgebiet in das andere wechseln und geraten nicht mit den Menschen in Konflikt.

Das Thema des Mensch-Tier-Konflikts zeigt es: Um erfolgreich zu sein, muss Naturschutz die Menschen vor Ort miteinbeziehen. Ohne sie klappt es nicht. Es muss sich für die Menschen lohnen, die Tiere und die Natur zu erhalten. Gar nicht so einfach, wenn der Elefant droht, das Feld zu verwüsten und der Löwe eine Gefahr für die eigenen Ziegen und Kühe ist. Und letztere müssen sich auch noch das wenige Gras mit Zebras und Antilopen teilen. Solche Diskussionen um das Nebeneinander von Wild- und Nutztieren sind uns auch in Westeuropa nicht fremd.

Wenn es den Menschen um Lewa selber nicht gut geht, können sie den Naturschatz vor ihrer Haustüre schlicht nicht schützen. Deshalb investieren wir viel in Projekte zur Verbesserung des Lebensstandards – medizinische Versorgung und vor allem Bildung. Bildung von Frauen und Kindern, besonders Mädchen. Kurse, um das Schreiben zu lernen und den Umgang mit digitalen Medien. Hilfe bei der Familienplanung und Aufklärung gegen Kinderehen und die Beschneidung von Mädchen.

All das ist Teil der Naturschutzarbeit in Lewa. All das trägt dazu bei, auch langfristig die einzigartige Natur Ostafrikas zu schützen. Damit auch zukünftige Generationen aus Kenia und der Schweiz Elefanten beim morgendlichen Trinken am Wasserloch beobachten können.

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