Wirtschafts-Briefing von Nicola Imfeld: Amerika oder China?
Schweiz wurstelt weiter – gut so!

Kein Land in Westeuropa unterhält so gute Beziehungen zu China wie die Schweiz. Doch auch unsere Unternehmen kommen unter Druck. Der neue Kalte Krieg zwischen Amerika und China hat begonnen – die Schweiz wurstelt weiter. Gut so, sagt Wirtschaftsredaktor Nicola Imfeld.
Publiziert: 12.02.2022 um 10:32 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2022 um 17:07 Uhr
Nicola Imfeld

Die Schweiz und China – das funkt! Nicht nur an den Olympischen Spielen, wenn Lara Gut-Behrami und Beat Feuz Gold gewinnen. Die Eidgenossenschaft gehörte zu den ersten Ländern, welche die Volksrepublik China 1950 politisch anerkannte. Und nebst Island sind wir das einzige europäische Land, welches seit 2014 mit China über ein Freihandelsabkommen verfügt.

Über 1000 Schweizer Unternehmen sind derzeit in China tätig. Mehrheitlich geschäften wir im Reich der Mitte erfolgreich. Doch die Spannungen wachsen. Auch unsere Unternehmen müssen sich der Kommunistischen Partei und Xi Jinping (68) unterwerfen, wie eine Blick-Recherche zeigt.

Über die Risiken und Herausforderungen öffentlich sprechen will niemand. Die Schweizer Unternehmen blocken bei Anfragen allesamt ab. Zu gross die Angst vor Konsequenzen, die vor Ort drohen. Wirtschaft und Politik wursteln sich im wachsenden Spannungsfeld zwischen Amerika und China lieber weiter durch. Solange es noch geht ...

Nicola Imfeld, Wirtschaftsredaktor der Blick-Gruppe, über die Beziehungen der Schweiz mit China und Amerika.
Foto: Thomas Meier

Durchwursteln ist Schweizer Tradition

Neu ist das nicht. Die Strategie des Durchwurstelns ist eine Schweizer Tradition. Schon im Zweiten Weltkrieg haben wir uns im Spannungsfeld zwischen Alliierten und Nazis bewegt. Die einen Historiker attestieren uns dafür Geschick, die anderen menschliches Versagen. Beides trifft zu.

Was niemand bestreiten kann: Die Schweiz fährt mit dem Durchwursteln als Volkswirtschaft ausgezeichnet. Möglich macht diese Strategie die Neutralität. Abgesehen von der Flagge das grösste Plus der Schweiz.

Wir sind geopolitisch eine akzeptierte Brückenbauerin. Leise und beständig. Stets im Hintergrund agierend. Richtig schweizerisch eben. Für den Menschenrechtsdialog mit Peking sind das ideale Voraussetzungen. Die stolzen Chinesen mögen es gar nicht, wenn man ihnen auf der Weltbühne die Hosen runterlässt.

China blockt ab

Das musste Robert Wang (70) auf die harte Tour lernen. Er war fast 30 Jahre lang für das US-Aussenministerium in China, unter anderem als stellvertretender Botschafter in Peking. «Ich habe in meiner Zeit alle Phasen erlebt. Als die Beziehungen gut waren, haben uns die Chinesen zugehört und unsere Anliegen ernst genommen. Wenn wir öffentlich Druck gemacht haben, hat Peking immer abgeblockt.»

Die amerikanischen Erfolge mit China kann Wang an einer Hand abzählen. Er ist froh, dass die US-Regierung unter Donald Trump einen harten Kurs eingeschlagen hat. «China wird internationales Recht nicht freiwillig anerkennen. Es ist der letzte Versuch, der uns bleibt», sagt er.

Wenn es nach ihm geht, wird die Welt in den nächsten Jahrzehnten vor der Wahl stehen: Amerika oder China? Liberaler Kapitalismus oder autoritärer Staatskapitalismus? Auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat dieses Szenario in seinem Bericht «Sicherheit Schweiz 2020» erwähnt.

Falls Wang Recht behält und die Schweiz tatsächlich einmal gezwungen ist, sich zwischen Amerika und China zu entscheiden, ist der Fall klar. So klar wie er auch schon im Zweiten Weltkrieg gewesen wäre, wie historische Dokumente belegen.

Es kann für die direkte Demokratie Schweiz nur der Westen sein. America, baby!

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