Meine Freundinnen kennen nur noch das Thema Kinder – Meyer rät
Gestalten Sie das Gespräch mit

Alle meine Freundinnen haben Kinder, ich (w, 31) nicht. Alles dreht sich nur noch um dieses Thema, ich fühle mich ausgeschlossen.
Publiziert: 08.01.2022 um 17:19 Uhr
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Thomas MeyerSchriftsteller und Kolumnist

Damit sind Sie nicht allein, es geht vielen Frauen so – übrigens auch solchen, die Kinder haben. Allerdings liegt die thematische Konzentration auf den Nachwuchs in der Natur der Sache: Wenn man ein Kind bekommt, ist es einem – im Idealfall – das Liebste und Nächste auf der Welt, und jede Lebensphase, vom Säugling zum Kleinkind zur Erstklässlerin, hält tausend Überraschungen bereit, die einen entzücken und vereinnahmen.

Problematisch wird es, wenn es daneben nichts anderes mehr gibt und Menschen abendfüllend über ihre Kinder sprechen. Das ist dann für alle, die nicht mitreden können, ermüdend und ausgrenzend – aber auch für alle, die nicht in diesem Mass mitreden wollen. Schliesslich hält das Leben auch noch andere Themen bereit, die nach Aufmerksamkeit verlangen – Beziehung, Freundschaft, Hobby, Politik, das menschliche Dasein überhaupt. Und eben auch die Frage, warum all das so sehr in den Hintergrund gerückt wurde. Dass man nur noch über Kinder redet, ist ja kein körperlicher Zwang, sondern eine Entscheidung.

Umgekehrt ist es Ihre Entscheidung, wenn Sie es schweigend zulassen, dass das Gespräch in den uferlosen Ozean der Kinderplauderei plumpst. Sie sind nicht verpflichtet, das zu erdulden, wenn Sie keine Freude dabei empfinden (was für restlos alles gilt, ausser vielleicht für Dentalhygiene). Nun sollten Sie aber frischgebackene Eltern nicht darum bitten, endlich mal das Mama-Papa-Geschwätz einzustellen, das kommt nicht gut an. Stellen Sie stattdessen Fragen zu Themen, die Sie interessieren: Wie geht es dir bei der Arbeit? Wie ist eure Beziehung, nun da ihr Kinder habt? Wie geht es dir überhaupt? Was beschäftigt dich gerade? Was macht dir Spass?

Warum nicht mal das Thema wechseln, wenn die Freundinnen nur über ihre Kinder sprechen?
Foto: Getty Images

Unterhaltung ist Gestaltung. Alle, die daran teilnehmen, sind in der Lage, etwas daraus zu machen. So gesehen gibt es keine langweiligen Gespräche, bloss langweilige Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Seien Sie also eine anregende, überraschende, mitfühlende, interessierte Gesprächsteilnehmerin: Bringen Sie sich ein, erzählen Sie etwas Persönliches, Intimes, Beängstigendes. Man wird es Ihnen danken.

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