Halbvergessene Ruinen haben etwas Anziehendes – welche Geschichten mögen sich in alten Gemäuern abgespielt haben, wer waren die Menschen, die hier gelacht, gelitten und geliebt haben? Eine die Fantasie so beflügelnde Wirkung schrieb der englische Adel Ruinen zu, die sich im 18. Jahrhundert jeder Earl und jede Duchess en masse in ihre Parks bauen liessen, «Follies» («Dummheiten») genannt.
Was tut man nicht alles für ein Dach über dem Kopf …
Eine Ruine respektive ein Teil davon hat auch die Zürcher Autorin Gabriela Kasperski zu ihrem neuen Krimi beflügelt – und zwar steht im Seefeld-Quartier, in einem alten Park, noch ein Kellergewölbe einer Villa, die längst abgerissen wurde. Im Krimi «Zürcher Filz» soll eine mysteriöse «Frau in Weiss» in diesem Park ihr Unwesen treiben, weshalb Spaziergänger grösstenteils fernbleiben. Das ist für Jessie, ein Mädchen aus schwierigen Verhältnissen, zunächst ihr grosses Glück, später fast ihr Verhängnis: Sie braucht dringend ein Versteck für ihren Freund, einen illegalen Flüchtling, dem die Abschiebung droht. Doch sie ist nicht die Einzige, die vom Kellerversteck weiss, und dieses für eigene Zwecke nutzen will … «Zürcher Filz» handelt aber nicht nur von ihr, sondern auch vom überhitzten Zürcher Wohnungsmarkt, von Gentrifizierung und einem handfesten Familiendrama.
Kasperski ist für den Krimipreis nominiert
Kasperski feiert mit ihren Kinderromanen in der Schweiz längst Erfolge, und in Deutschland werden ihre Bretagne-Krimis gut verkauft. Mit dem jetzt vorliegenden, mittlerweile sechsten Band um die dunkelhäutige Zürcher Ermittlerin Beanie Barras wurde sie für den ersten Schweizer Krimipreis nominiert – zu Recht.
Gabriela Kasperski: «Zürcher Filz»
Emons Verlag, 320 Seiten
