Kolumne von Stefan Meierhans
Preis-Erhöhungen im ÖV werden schwieriger

Der Preisüberwacher zieht die Schraube für Preis-Missbrauch im Regionalverkehr an. Anträge auf Erhöhung müssen höhere Hürden nehmen.
Publiziert: 04.09.2023 um 00:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2023 um 14:46 Uhr
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

Kauft man heute ein ÖV-Billett, dann zahlt man nicht nur den eigenen Sitz, sondern auch gleich für mehrere leer gebliebene Sitze mit. Wie viele das sind, variiert: Es können im Fernverkehr sogar 3 bis 4 unbesetzte Plätze sein. Da die Preise für die Nutzerinnen und Nutzer künftig weiter zu steigen drohen, ist eine Erweiterung meiner Regulierungspraxis – mit Fokus auf den preistreibenden Regionalverkehr – nötig.

Die Bundesverfassung schreibt vor, dass die Preise des ÖV «angemessen» sein sollen. «Gratis» geht demnach ebenso wenig, wie eine riesige Diskrepanz zwischen dem Preis und der in Anspruch genommenen Leistung (also der Sitz pro Person). Deshalb definiere ich «angemessen» für den Regionalverkehr so: Wenn die Billett- und Abo-Einnahmen halb gefüllter Fahrzeuge gesamthaft alle Betriebskosten decken, dann ist die preisliche Obergrenze für die Kundinnen und Kunden erreicht.

Halb gefüllt heisst, dass man für zwei Sitze zahlt, obwohl man nur auf einem sitzt. Warum? Es liegt an in der Natur eines Massentransportmittels, dass man nicht genau vorhersagen kann, wann und wo wie viele Leute ein- bzw. aussteigen. Selbst wenn man es wüsste, kann man nicht am Ende oder Anfang einer Strecke Wagen abhängen, weil diese eigentlich nur Mittelteil gebraucht werden. Eine gewisse Überkapazität ist also nötig.

Der Preisüberwacher will dafür sorgen, dass ÖV-Kunden am Automat nicht noch für die Nicht-Kunden mitzahlen müssen.
Foto: KEYSTONE/DANI TISCHLER

Die 50 Prozent Auslastung ist übrigens eine theoretische Berechnungsgrösse. In der Realität sind weit weniger Plätze besetzt. Die heutigen Preise hingegen, sind – bei Anwendung der erweiterten Praxis – inklusive einer Toleranzmarge gerade noch akzeptabel. In anderen Worten: Sie sind das Maximum dessen sind, was ich als noch angemessen taxiere. Ohne gewichtigen Grund, wie beispielsweise explodierende Strompreise, werde ich keine neuen Preis-Erhöhungsbegehren mehr akzeptieren.

Wenn Sie sich nun fragen, wer die Lücke zwischen der theoretischen und der tatsächlichen Auslastung finanziert, dann ist die Antwort: die öffentliche Hand – genau wie bisher. Der Gesetzgeber sieht für den Regionalverkehr explizit Subventionen vor.

Der ÖV-Ausbau wird künftig noch mehr Geld brauchen, das ist unbestritten. Deshalb ist es wichtig, dass alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden: Wie andere Experten auch, sehe ich brachliegende Effizienzpotenziale. Diese Quelle hat man bisher viel zu wenig genutzt. Sie sollte jetzt aber konsequent erschlossen werden, denn der Geldhahn der Kundinnen und Kunden lässt sich nicht mehr beliebig weit aufdrehen.

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