Kolumne «Alles wird gut» über Wege des Entscheidens
Rationale Impffreunde? Emotionale Impfgegner?

Der Mensch hält sich für ein rationales Wesen. Doch viele Entscheidungen treffen wird aufgrund von Gefühlen – auch beim Impfen. Was hilft gegen «emotionales Schlussfolgern»?
Publiziert: 29.11.2021 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2021 um 16:40 Uhr
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Ursula von ArxJournalistin und Buchautorin

Gehören Sie zu denen, die den Untersuchungen trauen, die zeigen, dass Geimpfte weniger angesteckt werden, falls doch, dass sie viel leichtere Krankheitsverläufe haben, deshalb auch kaum im Spital landen und nicht im Sarg, und dass sie auch andere schützen, weil sie selber weniger ansteckend sind?

Oder vertrauen Sie doch lieber Ihrem Misstrauen? Sie glauben, der Impfstoff sei nicht genügend erprobt? Sie fürchten Nebenwirkungen? Langzeitfolgen? Haben gehört, die Covid-Impfung könne unfruchtbar machen?

Sie wissen, Ihre Befürchtungen wurden x-fach widerlegt, durch Studien, Zahlen: Über drei Milliarden Menschen sind bereits vollständig geimpft, Geimpfte haben Kinder gezeugt und geboren. Und nein, die mRNA-Impfstoffe verändern das Erbgut nicht, der Körper baut sie in wenigen Tagen ab.

Wie handeln? Die meisten Entscheidungen werden aufgrund von Gefühlen gefällt.
Foto: Shutterstock

Vielleicht nur Angst – aber wovor?

Doch diese Fakten können Sie nicht überzeugen. Sie vielleicht gar nicht erst erreichen. Denn Sie blocken sie ab. Warum, wissen Sie selbst nicht so genau. Vielleicht wollen Sie nicht zugeben, dass Sie sich geirrt haben könnten? Vielleicht haben Sie Angst vor Ihren impfskeptischen Freunden? Vielleicht haben Sie auch einfach Angst vor der Spritze?

Jedenfalls ziehen Sie die Ansteckung der Impfung vor. Das kann gut gehen oder auch nicht. Es kann sein, dass Sie im Spital landen. Es kann sein, dass Sie unter Langzeitfolgen leiden. Es kann sein, dass Sie sterben. Es kann sein, dass Sie jemanden anstecken. Aber nein, es wird schon gut gehen.

Entscheide in der Gefühlssuppe

Die meisten Entscheide werden so gefällt, aufgrund von Gefühlen. Wer keine Angst vor einer Covid-Impfung hat und deswegen denkt, die Impfung sei eine prima Sache, verhält sich keineswegs rationaler als diejenige, die Angst hat und aufgrund ihrer Angst die Impfung ablehnt. Beide Reaktionen sind emotions-, nicht faktenbasiert.

Was hilft gegen «emotionales Schlussfolgern» (wie die Psychologen diese Art von Denkfehler nennen)? Wie können wir vermeiden, dass unsere Entscheidungen auf einer Gefühlssuppe und unbewussten Motiven basieren?

Wohl nur so: Wir müssen ehrlich sein mit uns selber. Und uns an eine unscheinbare Lektion des Schriftstellers Bertolt Brecht halten, die unser Leben und die Welt verändern kann: «Wer A sagt, muss nicht B sagen, er kann auch erkennen, dass A falsch war.» Alles wird gut.

Ursula von Arx hält die Methode des Denkens und danach Handelns nur für Ernstfälle geeignet. Und ist froh, dass sie die meisten Entscheidungen ohne zu zögern aus dem Bauch heraus fällen kann. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.


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