Oh, dies wird das Jahr der Jahre,
Auf alles gibt es einen Reim.
Sie wollen Suppe ohne Haare?
Dann trinken Sie doch einfach Wein.
Oh, dieses Jahr wird frei von Schulden,
Vor Gott und vor der Welt.
Nichts mehr werden wir erdulden,
Wir machen, wie es uns gefällt.
Karl Lagerfeld, der wird nicht sterben,
Verdorbne Butter kann nicht verderben.
Und Notre Dame, die wird nicht brennen,
Doch Boris Johnson, der soll flennen.
Die Marke Greta ist global,
Fridays ohne Future wärn fatal.
«I want you to panic» war Gretas Satz,
In dem nahm ein fetter Stachel Platz:
Was, wenn das Entsetzen nicht ausreicht?
Wenn es die Grösse des Verderbens nicht ausgleicht?
Panik verglimmt.
So wird jeder Paniker zum Verräter,
Früher oder später.
Wir wollen Spass und Spiel und Knete,
Wir rauchen lauter Selbstgedrehte,
Pracht soll sein in jedem Garten
Und niemals Streit an Bankautomaten.
Ab 2020 wird der Spiegel unsere Bibel,
Wir schauen rein und sagen: fein!
Kein Speien mehr, kein Fluchen,
Kein Kotzen mehr, kein Suchen,
Dumm nur, dass wir nicht gläubig sind.
So stehen wir am Rand der Klippe,
Und fliegen fallend in die Himmelsmitte,
Ob wir zerschellen werden oder nicht,
Das weiss kein Gott und auch kein Wicht.
Wir wandeln uns, wir alle inbegriffen,
Die Zeit vergeht, man stirbt nicht mehr am Kiffen.
In diesem neuen Jahr der Jahre,
Bist Du Dein Held, der wunderbare.
Nichts ersticken wir im Keim,
Wir machen einfach einen Reim.
Oh, reichen wir uns doch die Hände
Und sagen wir uns ohne Ende
Und völlig ohne Übermut:
Alles wird gut.
Ursula von Arx hat sich vorgenommen, im neuen Jahr wieder mal öfter ein Gedicht zu lesen – und keines mehr zu schreiben. Aber mit Vorsätzen ist es so eine Sache. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.