Bruch mit dem Jugendfreund schmerzt – Meyer rät
«Sein Trinkverhalten wurde für mich untragbar»

Ich (m, 46) musste mit einem Freund brechen, der mich seit der Jugend begleitet hat. Sein Trinkverhalten und seine Aggressivität wurden für mich untragbar. Obwohl wir seit Monaten keinen Kontakt mehr haben, belastet mich die Sache sehr.
Publiziert: 07.10.2023 um 17:36 Uhr
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Thomas MeyerSchriftsteller und Kolumnist

Es ist schmerzhafter, eine Freundschaft zu beenden als eine Beziehung. Freundschaften dauern meist viel länger und nehmen damit viel mehr Raum ein im Leben – auch emotional. Doch während die Gefühle bei Beziehungen im Vordergrund stehen, erst recht nach einer Trennung, beachten wir sie bei unseren Freundschaften nur am Rande – und sind völlig überrascht, wenn wir nach einem Bruch davon übermannt werden.

Natürlich liegen wir mit unseren Freundinnen und Freunden nicht nackt im Bett und sind ihnen auch sonst nie so nah wie unseren Partnerinnen oder Partnern. Aber wir lieben sie dennoch, und wenn wir uns mit ihnen überwerfen, ist auch das eine Trennung – inklusive Liebeskummer. Wir vermissen den verlorenen Menschen, er hinterlässt eine Lücke, und wenn wir ihn dreissig Jahre lang an unserer Seite hatten, ist die riesig.

Es ist gut, dass Sie trotzdem entscheiden haben, sich zu lösen. Bloss weil man jemanden schon lange kennt, muss man nicht alles hinnehmen. Alkoholmissbrauch und Gewalt, auch wenn sie «nur» verbal stattfindet, sind inakzeptabel, in Freund- und Partnerschaften gleichermassen. Bestimmt haben Sie Ihren Kumpel deutlich auf diese Problematik hingewiesen – falls Sie aber dennoch das Gefühl haben, ihm noch einmal klar sagen zu müssen, was Sie gestört hat, sollten Sie das tun. 

Bloss weil man jemanden schon lange kennt, muss man nicht alles hinnehmen. Alkoholmissbrauch und Gewalt, auch wenn sie «nur» verbal stattfindet, sind inakzeptabel, schreibt Thomas Meyer.
Foto: Shutterstock

Dass so viele Männer in der Mitte ihres Lebens ins Saufen und Poltern verfallen, ist eine der grossen Tragödien des Alltags. Meist ist der Grund eine unglückliche und mit Fremdgehen, Verachtung und hohen Kosten beendete Ehe. Oder ein grundsätzlicher Mangel an Intimität. Mit Wut und Schnaps darauf zu reagieren, ist menschlich, aber trotzdem idiotisch. Eigentlich ist Ihr Freund ja einfach nur traurig. Schade, dass er keine andere Art finden konnte, damit umzugehen, als sich und seine Umgebung dafür leiden zu lassen.

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